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Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane

Titel: Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Brooks
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blickte sie an. »Sie könnten den Ruf erhört haben.« Das Mädchen nickte. »Vielleicht bieten sie uns Schutz an. Ich spüre keine Feindseligkeit.« Sie berührte seine Hand. »Da kommt mir eine Idee, Pen. Benutze deine Magie, um sie zu fragen. Du kannst mit Lebewesen jeder Art sprechen. Geister leben. Versuch doch, ob sie sich mit dir unterhalten.«
    Er schaute in die samtene Dunkelheit, in die dichten Bäume, die eine schwarze Mauer vor dem Inkrim bildeten, und er fragte sich, wie er es anstellen sollte. In den meisten Fällen, wenn er mit einem Lebewesen in Verbindung treten wollte, begann es mit einem Laut oder einer Bewegung, die er deuten konnte. Ein Falke offenbarte seinen Hunger oder sein Verlangen nach einem Lebensgefährten durch seine Schreie. Ein Hase enthüllte seine Furcht durch die Weise, wie er Pen anschaute. Der Flug kleiner Vögel zeigte ihren dringenden Wunsch, zu den Jungen zurückzukehren. Wenn die Zweige von Bäumen oder große Gräser über sein Gesicht strichen, spürte er ihr Bedürfnis nach Wasser. Der Hauch des Windes erzählte ihm von Stürmen. Einmal war er vor einem Wolf gewarnt worden, als ein winziges Backenhörnchen durchs trockene Laub gehuscht war.
    Aber in dieser Situation sah und hörte er nichts. Geister hatten nicht notwendigerweise eine Stimme. Sie nahmen nicht unbedingt Gestalt an. Er würde es anders versuchen müssen.
    Er beugte sich vor, legte die Hände auf die Erde und versuchte, etwas daraus zu lesen, wie der Boden sich anfühlte. Auch nach mehreren Minuten geduldiger Konzentration blieb eine Antwort aus. »Nein, Pen«, flüsterte Cinnaminson plötzlich und zog seine Hände hoch. »Es sind Geister der Luft. Du musst zu ihnen hinaufgreifen.« Er tat, wie sie ihm geraten hatte, hob die Hände und spreizte die Finger, als wolle er den Wind fangen. Zunächst hielt er die Hände ruhig, dann bewegte er sie langsam und suchte nach einer Verbindung.
    Einen Augenblick später waren sie da. Etwas strich über seine Finger, ganz sachte, und im nächsten Moment war es wieder verschwunden. Dann berührte ihn etwas anderes am Arm. Er spürte Absicht hinter diesen Berührungen; er entdeckte Leben. Die Geister waren so zart wie ein Spinnennetz und so flüchtig wie das Lied eines Vogels, doch sie waren alt und aus diesem Grunde stark. Lange lebten sie schon und hatten vieles gesehen. Er konnte dies aus einer einzigen Berührung entnehmen, und das schockierte ihn. Aber sie waren so rasch gegangen, wie sie gekommen waren, und sie kehrten nicht zurück. Er berichtete Cinnaminson, was er gespürt hatte, und versuchte mehrmals von neuem, sie zu erreichen, konnte sie jedoch nicht finden.
    »Sie sind noch nicht bereit dafür, dass wir sie kennen lernen«, sagte die junge Fahrende. »Wir müssen uns in Geduld üben. Wenn sie bereit sind, werden sie sich uns enthüllen.«
    Später, als sich Pen längst in seine Decke gewickelt hatte, dachte er lange darüber nach, welcher Gestalt diese Enthüllung sein würde, ehe er in den Schlaf hinüberdämmerte.
    Bei Tagesanbruch ging es weiter. Sie wanderten durch den tiefen Wald, während die Schatten noch in dunklen Flecken auf dem Boden lagen und das Sonnenlicht im Osten nur schwach durch den Baldachin der Äste schien. Die Luft war kalt und roch nach Erde, die im Laufe der Zeit fruchtbar geworden war. Die Geräusche der Nacht waren verstummt und von morgendlichem Vogelgesang abgelöst worden, und der Wind strich leise raschelnd durch das Laub. Der Wald blieb dunkel und für das Auge undurchdringlich wie ein Teich zur Mitternachtsstunde, und er sah in alle Richtungen gleich aus. Die Bäume und Gräser bildeten eine Wand gegen die Außenwelt.
    Sie marschierten in einer Reihe hintereinander, Kermadec ging voran, Atalan bildete die Nachhut, und Pen war mit seinen Gefährten in der Mitte platziert. Der Junge blieb bei Cinnaminson, suchte ständig den Wald ab, mit den Augen und mit allen Sinnen. Er erforschte die Schatten und Baumwipfel nach Leben, und meistens entdeckte er welches. Im Inkrim herrschte eine wimmelnde Aktivität, seine Lebensformen überraschten an jeder Ecke. Die Vögel waren Pen oft fremd und trugen ungewöhnliche Farben und Federn. Kleine Bodentiere erinnerten zwar an Eichhörnchen, waren jedoch etwas anderes. Dieses Tal und die Wesen darin waren alt, hatte Kermadec gesagt, und das ließ vermuten, dass ihre Urahnen schon in der Welt gelebt hatten, die vor den Großen Kriegen existierte. Die Welt hingegen, die Pen kannte, hatte hier keinen

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