Die Magier von Shannara 2 - Der Baum der Talismane
komme«, sagte sie in die Luft zu jemandem, den nur sie hören konnte. Sie richtete leicht den Kopf auf. »Viel Glück, Pen.« Er schaute ihr hinterher, wie sie zwischen den Bäumen verschwand, sylphidenhaft, ein Schatten, der sich rasch im Wechsel von Licht und Dunkelheit verlor und schließlich ganz verschluckt wurde. »Viel Glück«, antwortete er und war allein.
Lange Zeit stand er reglos vor dem Tanequil und wusste nicht recht, wo oder wie er anfangen und was er tun sollte. Der Baum würde ihm einen seiner Äste überlassen, wenn er ihn dazu überreden konnte. Aus diesem Ast konnte er einen so genannten Dunkelstab formen, wenn er herausfand, wie. Der Dunkelstab würde ihm Zutritt zur Verfemung gestatten; dort könnte er seine verbannte Tante finden und nach Hause bringen - wenn er Paranor erreichen und durch das Portal treten konnte, welches durch ein Mittel namens Die flüssige Nacht erzeugt wurde.
Wenn.
Das Wort verfolgte ihn. Es hatte sich vor ihm aufgebaut wie eine unüberwindbare Mauer.
Was sollte er tun?
Er wartete und hoffte halb, der Baum würde versuchen, mit ihm zu sprechen. Er hoffte, dass der Tanequil den Anfang machen würde, um Pen zu zeigen, wie man mit ihm in Verbindung trat. Aber nachdem er eine schier endlose Zeit gewartet hatte, gab er diese Hoffnung auf. Die Anstrengung, eine Verbindung aufzubauen, würde wohl von ihm selbst kommen müssen. Er war der Bittsteller; er musste den Weg entdecken, wie er sich dem Baum nähern konnte. Mit den Aeriaden hatte er sich unterhalten, indem er einfach laut gesprochen hatte. Ob dies auch beim Tanequil funktionieren würde? »Ich heiße Penderrin Ohmsford«, sagte er. »Kannst du verstehen, was ich sage?«
Er kam sich ausgesprochen dumm dabei vor, und im gleichen Moment, als die Worte heraus waren, wusste er, dass er so keine Antwort erhalten würde. Der Tanequil unterschied sich eben von den Aeriaden. Er würde eine andere Möglichkeit suchen müssen. Also ging er zum Baum, legte die Hände auf die Rinde und strich langsam über die harte, raue Oberfläche. Die Wärme, die er spürte, überraschte ihn, eine pulsierende Hitze, die nach außen strahlte und sich in Pens eigenem Körper ausbreitete. Er ließ die Hände ruhen, als diese Hitze in ihn eindrang, da er glaubte, es sei vielleicht der erste Schritt zu einer Verbindung.
Doch nichts geschah.
Er nahm die Hände zurück und starrte hinauf zu dem dichten Gewirr verflochtener Äste. Die orangefarbenen Spitzen der Blätter schimmerten im Mondlicht über ihm und erinnerten ihn an die gekräuselte Spiegelung eines Sonnenuntergangs auf dem Regenbogensee. Er hörte ein leises, sanftes Rascheln, richtete seine Sinne darauf aus und versuchte, dieses Geräusch in Wörter umzuformen.
Doch ihm enthüllte sich nichts.
Daraufhin trat er wieder zurück, nahm einigen Abstand und hoffte, auf diese Weise auch eine neue Perspektive zu finden. Während er langsam um den Tanequil herumging und seine Gestalt studierte, zweifelte er allmählich, ob ihm das gelingen würde. Der Baum sah aus jeder Richtung gleich aus - uralt und riesig, ein knorriges Rätsel, das ein Junge wie er niemals hoffen durfte zu lösen. Es war ein Baum, und als solcher hatte Pen einen gewissen Begriff von ihm. Doch war es ein Baum von solch riesigen Ausmaßen - in Hinsicht auf Größe und Form und UnVeränderlichkeit, auf Intelligenz und Verständnis -, dass sich dieses Wesen ihm entzog. Pen spürte seine Kräfte, aber er wusste nicht, wie er ihn ansprechen sollte. Je länger er nach einer Möglichkeit suchte, desto sicherer wurde er, er würde keine finden. Der Tanequil war zu fern, zu fremd, zu unergründlich für einen, dessen Magie nicht einmal an die der Druiden heranreichte.
Khyber, dachte er, wäre dieser Aufgabe besser gewachsen gewesen. Er wünschte sich nun, er hätte ihr gestattet mitzukommen. Nein, das war lächerlich. Der König vom Silberfluss hatte nicht Khyber hergeschickt. Pen war es, dem er gesagt hatte, er würde einen Weg finden, mit dem Baum in Verbindung zu treten. Also setzte er sich, verschränkte die Beine, stützte das Kinn auf die Hände, starrte auf den gesprenkelten Stamm und dachte über das Problem nach. Es musste eine Möglichkeit geben. Vielleicht kannte er sie jetzt noch nicht, doch sollte er in der Lage sein, sie zu entdecken, wenn er nur lange genug grübelte. Kommunikation zwischen Lebewesen fand auf die verschiedenste Weise statt, und manchmal auf eine unerwartete. Das hatte er im Laufe der Jahre
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