Die Magier von Shannara 3 - Die Verschwörung der Druiden
verrußt war. An den Wänden hingen Fähnchen mit Wappen. Drei lange Gänge gingen von dem Vorraum ab und führten durch von Fackeln erleuchtete und schattige Bereiche an Reihen von geschlossenen Türen, hohen Fenstern und dunklen Nischen vorbei. Sie ging los und blieb sofort wieder stehen. Zwei bewaffnete Gnomenjäger standen rechts und links von ihr, kaum ein Dutzend Schritte entfernt, und starrten sie mit roten Augen an.
Sie hatte keine Zeit nachzudenken, ihr blieb lediglich ein kurzer Moment, um zu reagieren.
Dann schlug sie die Kapuze ihres Mantels zurück und bedachte den rechts von ihr mit einem finsteren Blick. »Wo haben sie ihn hingebracht?«
Sie stellte die Frage in Elfisch, einer Sprache, derer sie ihn nicht für mächtig hielt. Sie hatte Recht. Er starrte sie leer an, und seine Miene drückte leichte Überraschung aus.
»Der Junge!«, schrie sie, jetzt in der Sprache Callahorns, einem Südlanddialekt, den jeder im Grenzland verstand. Auf diese Weise wollte sie ihm ihre Überlegenheit demonstrieren. »Wo ist er?« Nun richtete sie den Blick auf den zweiten Gnomen, wobei ihre Ungeduld augenscheinlich und ihre Gewohnheit, Befehle zu erteilen, deutlich wurden. Sie strahlte etwas aus, das hoffentlich Druidenautorität ähnelte, und wollte den Eindruck erwecken, dass sie ein Mitglied des Ordens sei, dass sie hierher gehörte und ein Recht hatte, diese Frage zu stellen. Es gab keinen Grund, daran zu zweifeln. Erforderlich war lediglich eine rasche Antwort. Und natürlich hatten die Gnomen Schwierigkeiten, ihr diese zu liefern. »In die Zellen, glaube ich«, antwortete der zweite Gnom ihr im Dialekt des Südlands. Er sprach kurz in Gnomisch mit dem anderen, doch der zuckte nur mit den Schultern. »Ja, in die Zellen. Dort bleibt er eingesperrt, bis die Ard Rhys zurückkehrt.« Mechanisch nickte sie und marschierte an ihnen vorbei in den zentralen Gang, wobei sie sich verhielt, als wisse sie genau, was sie tue, obwohl sie eigentlich ganz und gar keine Ahnung hatte. In den Zellen? Wo waren diese Zellen? Irgendwo unter der Erde? Diese Wachen konnte sie danach nicht fragen. Vielleicht jemand anderen. Immerhin war sie im Keep und hatte ein Ziel, und das musste zunächst genügen.
Ein paar Türen weiter den Korridor entlang trat sie in eine dunkle Nische, lehnte den Kopf an die raue Wand und atmete tief durch. Ihre Gedanken rasten. Ähren hätte gewusst, was er als Nächstes zu tun hatte, wenn er hier gewesen wäre. Sie kniff die Augen zu, um den Schmerz zu verdrängen, der sie befiel, wenn sie an ihn dachte, dann schlug sie die Augen rasch wieder auf und fasste den Entschluss, den Tränen keinen freien Lauf zu lassen. Es war ganz einfach. Sie musste den Weg zu den Zellen finden. Dazu brauchte sie jemanden, der ihn ihr beschrieb.
Sie strich sich durch das kurz geschnittene Haar, richtete sich auf, trat wieder in den Gang und wagte sich tiefer in den Keep hinein. Ihre Schritte hallten leise durch die stille Leere. Sie trug noch immer den Mantel eines Gnomen, der irgendwann vermutlich ungewollte Aufmerksamkeit auf sich lenken würde. Ihre vordringlichste Aufgabe bestand also darin, sich eine Druidenrobe zu beschaffen. Aber das war leichter gesagt als getan. Diese Roben hingen schließlich nicht an Haken entlang der Gänge, und auch sah sie keinen Druiden, dem sie seine hätte stehlen können.
Doch sie hatte Glück. Am Kreuzungspunkt zweier Korridore tief im Keep, als sie schon verzweifelt befürchtete, bis zum Sonnenaufgang durch die Hallen von Paranor wandern zu müssen, kam sie an einem Studierzimmer vorbei, in dem Licht brannte und Druiden bei der Arbeit saßen. Sie blieb stehen und spähte aus dem Schatten hinein. Drei Gestalten in Roben konnte sie sehen, wie sie mit gesenkten Köpfen über Büchern hockten, die auf Tischen lagen.
Eine Weile stand sie da und überlegte, was sie tun sollte. Bei allem, was ihr einfiel, musste sie den Raum betreten und sich dort genauer umsehen. Das war zu gefährlich. Unentschlossen zögerte sie, und während sie das tat, tippte ihr plötzlich jemand auf die Schulter. »Suchst du wen?«
Dass sie nicht entsetzlich zusammenzuckte, grenzte an ein Wunder. Es gelang ihr sogar, sich umzudrehen. Hinter ihr stand ein Druide mit fragender Miene. Unter der gefurchten Stirn leuchteten grüne Augen. Ein Südländer. Sie starrte ihn wortlos an, das Herz schlug ihr bis zum Hals.
»Tut mir Leid«, sagte er und klang so, als täte es ihm nicht im Mindesten Leid. »Wollte dich nicht
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