Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
Sprache noch einmal auf das tote Mädchen aus der Drachenhöhle. „Weißt du, so wie Hatik reagierte, hatte ich richtig Angst vor ihm. Er sah aus wie ein gereiztes Raubtier. Ich glaube, wenn wir nicht dabei gewesen wären, dann hätte er seinem Unmut richtig Luft gemacht.“
Neri stütze den Kopf in die Handflächen. „Dann sollte man ihm auch besser nicht in die Quere kommen. Ein Drakonat ist halbes Raubtier und seine Instinkte funktionieren genau wie bei den Drakon. Sie können beide grenzenlos in ihrem Zorn werden, der niemals unbegründet ist. Dazu kommt, dass er bei den Menschen von der Pieke auf das Kriegshandwerk gelernt hat. Und doch ist er im Herzen immer ein Tarronn geblieben. Ramses’ Schlachten waren stets furchtbar und blutig und doch ist bei Hatik niemals eine Gewöhnung an den Anblick des Todes eingetreten. Das habe ich schon immer an ihm bewundert. Ich weiß, dass er oft tiefes Mitleid empfindet, nur wird er es nie offen zeigen. Darin sind sich die großen Krieger der Menschen und die Drakonat gleich.“
Mara nickte stumm. Neri musste es genau wissen, sie war lange genug in der Welt der Menschen gewesen. „Hast du manchmal Sehnsucht nach DA?“
Neri schaute melancholisch in die Ferne. „Nicht nach da, nur nach Merit-Amun, meiner ältesten Tochter.“
„Hast du mit Hatik darüber gesprochen?“
„Nein, aber er weiß es auch so. Wir verstehen uns ohne Worte. Nur Safi fragt mich oft nach ihr. Ich glaube manchmal, da war mehr, als, dass er nur Safi, ihr königlicher Gesellschafter, war. Die beiden waren doch unzertrennlich. Das würde auch erklären, weshalb er hier jeden weiblichen Kontakt meidet, der über Freundschaft hinausgeht. Wenn er könnte, dann würde er Merit-Amun nach Atla bringen. Das ist so sicher, wie Solon jetzt unsterblich ist.“ Neris Augen leuchteten bei diesen Gedanken.
Mara seufzte. „Ich drücke ihm die Daumen, dass sich sein großer Traum erfüllt. Er ist der beste Freund, den man sich wünschen kann.“
„Das hat Hatik sogar schon in Ägypten über ihn gesagt“, antwortet Neri lachend. „Übrigens waren die beiden schon da wie geistige Zwillinge. Und – den Unsinn, den der eine nicht drauf hatte, den hatte der andere garantiert schon probiert. Wenn ich es mir recht überlege, dann war es eine logische Schlussfolgerung, dass sie mit Aron ein Kleeblatt der Extraklasse bilden. Ich glaube, er zügelt die beiden Wilden mit seiner ruhigen Art doch etwas.“
Mara strahlte. „Freut mich, dass du so über ihn denkst.“
Und wieder brannten die sieben Öllämpchen rund um das Drachensymbol. Mara saß hoch konzentriert an ihrem Platz. Pünktlich erschien der Drakonat und wandelte mit ihrer Hilfe das Drakonium zu Atlamat um. Beide hatten sich gut vorbereitet und konnten die Anstrengungen besser verkraften, als beim ersten Mal. Kaum begann die rote Flüssigkeit zu sieden, verließen Mara und Hatik den magischen Kreis, um das wertvolle Atlamat in Ruhe abkühlen zu lassen. Sie wurden bereits von den Atlan mit Spannung erwartet. Eingedenk seines durstigen Freundes, stellte Safi gleich mehrere Krüge seiner besonderen Kräutermischung auf den Tisch. Hatik hatte sie sofort erspäht und sich zwei davon reserviert. Den Ersten kippte er regelrecht in sich hinein. Dann wandelte er zufrieden seinem Drachenpanzer in die normale Gestalt um. Nun schmeckte ihm der Trank gleich doppelt gut. In langen Zügen leerte er auch noch den anderen Krug. Bis in die späte Nacht feierte die kleine Gruppe ausgelassen das Atlamat. Nur einer war nicht ganz bei der Sache – Solon. Er wirkte abwesend und sein Lächeln fiel etwas gequält aus. Talos zwinkerte ihm aufmunternd zu. „Hey, bist wohl traurig, weil du bald nicht mehr der einzige Unsterbliche bist?“
Solon legte seinem alten Freund die Hände auf die Schultern und Talos zuckte zusammen. Die Gedanken, die er übertragen bekam, waren tatsächlich nicht geeignet, Freudentänze zu vollführen. Solon war voller düsterer Vorahnungen. Dann verließen die beiden Magier unbemerkt das Fest. Als sie zurückkamen, hatten die anderen noch nicht einmal ihr Verschwinden bemerkt. Solon stellte eines der Fläschchen mit dem Atlamat auf den Tisch – schlagartig wurde es still. Alle Augen waren auf den Magier gerichtet.
„Stellt keine Fragen!“ Dann wandte er sich an die Seherin, der er gleichzeitig das Atlamat entgegenhielt. „Neri, bitte, trink es hier und heute.“
Die Angesprochene nahm die kleine Flasche. Wenn die Magier solch eine
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