Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
Tage hatten tiefgreifende Veränderungen gebracht. Er wurde von den Atlan, die er begleitete, durchaus als gleichwertiger Freund betrachtet und das erfüllte ihn mit großer Freude.
Die Atlan, die Neri in der Vergangenheit zurück ließ, hatten weniger Grund zur Freude, obwohl der Transfer in die andere Zeit tatsächlich funktioniert hatte. Sie trauerten.
Solon stand am Totenlager seines Sohnes, um stumm und schmerzerfüllt Abschied zu nehmen. Innerlich hatte er sich schon lange auf diesen Tag vorbereitet. Seit den düsteren Vorahnungen, die Neri angedeutet und Rami geäußert hatte, war er davon überzeugt gewesen, dass sein Sohn den Tag der Zeitreise nicht lange überleben würde. Vor dem ersten Kontakt in der neuen Zeit musste seine Seelenwanderung vollzogen werden. Nun war dieser Tag gekommen. Der alte Mann schaute auf den weinenden Aron, der noch immer zu Füßen des Toten neben dem Lager kauerte. Er berührte ihn an der Schulter. Der Jüngling zuckte zusammen und langsam wandte er sein bleiches Gesicht mit den rot geweinten Augen Solon zu. Mit zitternden Lippen flüsterte er: „Ich will versuchen, einen Teil dieser Schuld abzutragen, wenn ich auch nicht weiß, ob das überhaupt möglich ist.“
Solon antwortete mit fester Stimme: „Ich nehme dich beim Wort. Von heute an wirst du, als mein persönlicher Gehilfe, alle meine Unternehmungen begleiten. Du wirst, ausnahmslos, alle meine Befehle ohne zu zögern erfüllen.“
Aron nickte, als er mit ebenso fester Stimme antwortete: „Ja, das schwöre ich.“
Noch am selben Abend wurde am Strand des weiten Ozeans der Scheiterhaufen für Ramis Feuerbestattung errichtet. In Leinentücher gewickelt, trugen ihn die Magier durch das Spalier der trauernden Atlan hinunter. Sie betteten ihn so, dass sein Gesicht in Richtung ihrer Heimatgalaxie zeigte. Dann tränkten sie das trockene Holz mit duftendem Harz und verschiedenen Ölen. Solon erwies seinem Sohn einen letzten Dienst. Ganz im Sinne des uralten Bestattungsrituals der Großmagier sammelte er Energie aus dem Planeten, aus Wasser und Luft, um mit ihr das alles verzehrende Feuer zu entfachen. Nichts sollte übrig bleiben. Der leichte Wind, der des Nachts vom Land aufs Meer wehte, nahm die letzten Aschestäubchen mit sich fort. Den Rest erledigte die einsetzende Flut. Sie tilgte endgültig die Spuren des Brandes, indem sie den Strand rein und sauber wusch. Von nun an konnte Ramis Seele für alle Zeiten nur noch in einem schwachen, früh sterblichen Menschenkörper wiedergeboren werden. Der Hohe Rat sprach über den noch immer flüchtigen Tobi die lebenslange Verbannung von der Insel aus. Die Umstände des Unglücks hatten tiefe Spuren in den Seelen der Atlan zurück gelassen. Nie zuvor hatte es derartigen Verrat unter ihnen gegeben. Es ging das Wort von einem verborgenen Caiphas-Splitter oder vom baldigen Erwachen des Letan. Die Magier würden es nicht leicht haben, eine Panik schon bei der geringsten Veränderung in ihrem Weltgefüge zu verhindern.
Mit Aron war eine dramatische, aber durchaus positive Veränderung vorgegangen. Er arbeitete bis tief in die Nacht an den Aufgaben, die ihm Solon stellte. Er studierte konzentriert die Aufzeichnungen der Magier, bereitete Experimente akribisch vor, fragte, wenn er nicht weiter wusste, bei den Weisen um Rat. Nichts erinnerte mehr an den flatterhaften Luftikus vergangener Tage. Der Senat beobachtete das durchaus mit Wohlwollen. Vielleicht wäre er so eines Tages in der Lage, Letan mit im Zaume halten zu können. Bis dahin lag allerdings noch ein langer und schwerer Weg vor ihm. Jetzt musste er erst einmal lernen, auf die Zeichen aus der Grotte zu lauschen. Die Männer der Gemeinschaft begannen gleich am Morgen nach dem Unglück, die Trümmer zu beseitigen. Mit unendlicher Mühe stützten sie den Eingangsbereich ab, der bei dem verheerenden Bergrutsch Risse bekommen hatte. Nach tagelanger Arbeit drang man endlich bis zur Grotte vor. Sofort begannen die Magier, Zentimeter für Zentimeter, die Sarkophage zu untersuchen. Jeder noch so kleine Kristall wurde eingehend geprüft, allerwinzigste Energiespuren darauf untersucht, ob sie auch noch in die gewünschte Richtung liefen. Einzig der schwarze Altarstein schien makellos zu sein. Nicht einmal ein Stäubchen hatte sich dort abgesetzt. Er strahlte, wie schon die Jahrtausende zuvor, seine klare erhabene Energie gleichmäßig ab. Talos atmete auf. Mit dem Finger winkte er Aron heran. „Jetzt bist du dran. Der Zentralkristall,
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