Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
er hat solch ein ähnliches Instrument.“
Nefertari und Hatik schauten ihn erstaunt an. Unbeirrt fuhr der Prinz fort: „In diesen Tontöpfen“, er deutete in die Truhe vor der Wand, „ist Fruchtflüssigkeit aus sauren Früchten, da hinein kommen Schnüre aus Kupfer. Wenn man die Schnüre mit feuchten Händen anfasst, dann kribbelt es unangenehm. Steckt man das Metall an diesen durchsichtigen Behälter mit dem Faden in der Mitte, dann leuchtet der Faden sogar. Manchmal kommen auch kleine Blitze.“ Er stockte. „Ihr sagt ja gar nichts?“
„Ich bin beeindruckt.“ Hatik hatte seine Überraschung als Erster überwunden. „Diese Technik ist wirklich eines Pharaos würdig.“
Ramses hatte die Stirn in Falten gezogen. „Es ist so vieles von den Göttern hier geblieben, als sie unsere Welt verließen. Nur weiß keiner mehr, wie es richtig funktioniert und warum es hier ist. Hier der Djed-Pfeiler zum Beispiel, er besteht aus einem, uns völlig unbekannten Material. Ich habe in den alten Texten gelesen, dass er irgendwie mit den Schnüren aus Metall in Verbindung stehen muss, damit helles Licht aus dem durchsichtigen Ding, das wie ein Flaschenkürbis aussieht, kommt. Aber wir können es nicht mehr nachvollziehen, so sehr wir uns auch bemühen.“
Nefertari und Hatik tauschten einen schnellen Blick. Sie hatte davon gelesen, er ähnliche Apparaturen selbst gesehen und sogar bedient. Die Tarronn und auch die Atla benutzen ähnliche Pfeiler als Umspannwerke, um die Stromstärke herauf zu setzen. Das fremde Material, von dem der Prinz gesprochen hatte, war ein keramischer Isolator, der die einzelnen Ebenen des Pfeilers abschloss. Die Kammer sprach zwar Bände, gab aber keinen Hinweis darauf, dass in dieser Zeit die Erzeuger dieser Geräte Kontakte hielten. Trotzdem war der Weg hierher nicht umsonst gewesen.
Noch Monate nach dem Besuch in Dendera grübelte Hatik über den Sinn der Kammer im Tempel von Sethos I. nach. Weshalb hatte der Pharao alles so akribisch festhalten lassen? Allerdings ließen ihn die Arbeiten am Grabmal des Pharao keine Zeit, weiter darüber nachzudenken. Nefertari hatte ihn instruiert, am Ende des langen Ganges, am Punkt der höchsten Erdenergie eine Kammer anlegen zu lassen, die im Notfall als Energiekatapult für ihre Rückreise nach Atla dienen sollte. Ramses ließ ihm freie Hand, sodass er die gestellten Aufgaben zur Zufriedenheit aller erfüllen konnte. Inzwischen hatten die Atlan begriffen, dass das Leben im Dunstkreis des Pharaos sehr beschwerlich sein konnte. Ramses war immer öfter irgendwo im Reich unterwegs, Nefertari in Gesellschaft seiner Mutter Tuja ziemlich einsam, obwohl sich beide Frauen gut verstanden. Bald wurde auch ihr erstes Kind, ein kleines Mädchen, geboren. Sie bekam den Namen Merit-Amun. Schnell stellte sich heraus, dass die Kleine einige der besonderen Fähigkeiten vom Vater und erst recht der Mutter geerbt hatte. Sie sollte aber das einzige von Nefertaris Kindern bleiben, welches diese Gaben erhalten hatte. So war es auch nicht verwunderlich, dass Merit-Amun von Kindesbeinen an die beste Gefährtin ihrer Mutter wurde. Sie war ihr auch Trost, als Hatiks Prophezeiungen eintrafen und Ramses, als er selbst Pharao wurde, noch mehrere Frauen ehelichte. Der eigentliche Sinn des Opfers für Atla ging immer mehr verloren. Nefertari lebte zwischen Repräsentation und Familie. Immer mehr sehnte sie sich nach Atla zurück. Als Ramses sein Versprechen einlöste und ihr ein wahrhaft königliches Grabmal erreichten ließ, instruierte sie wieder Hatik, auf die nötigen Besonderheiten zu achten. Der Sarkophag wurde genau dort platziert, wo sich die höchste Energie bündelte. Merit-Amun war eine gelehrige Schülerin. Sie begleitete ihre Mutter zu allen offiziellen Terminen und nahm immer mehr deren Aufgaben mit wahr. Safi und Hatik, die fühlten, dass der Tag des Abschieds immer näher rückte, bereiteten im Stillen dieses Ereignis, verborgen vor den anderen, vor. Kira allerdings machte den beiden Männern Sorgen. Sie lebte seit langem sehr zurückgezogen und ließ auch mental niemanden an sich heran. Aber ihre Fähigkeiten als Heilerin waren unter den Ärmsten der Bevölkerung sehr gefragt. Während die Ärztepriester teure Bezahlung forderten, half Kira aus Mitleid. Ihr reichte es völlig, wenn die Hilfesuchenden ein wenig Obst und Getreide als Dankeschön mitbrachten. Das trug ihr natürlich auch viele Feinde unter der Priesterschaft ein. Offen traute sich niemand, etwas gegen die
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