Die Magier von Tarronn (1) (German Edition)
hochkonzentrierter Energie.“
„Das sind auch welche davon. Wie ich vorhin schon sagte, wenn ein Drakonat zuschlägt, ist die Hölle los.“ Mara betonte den letzten Satz noch einmal extra.
„Na, so wie das ausgesehen hat, müssen es ja wirklich höllische Schmerzen gewesen sein.“
„Am Anfang schon, aber dann setzt eine Art Schock ein und dann hält man es sogar noch eine Weile aus. Die Schmerzen kommen erst wieder, wenn man selbst zur Ruhe kommt.“
Die Männer sahen Mara völlig entgeistert an. Jeder fragte sich, ob er die Tortur auch so einfach ertragen hätte.
Inzwischen waren die letzten Wunden verblasst und verschwunden, ohne eine Narbe zu hinterlassen. Der weise Solon hatte ganze Arbeit geleistet. Er konnte zu Recht mit sich zufrieden sein.
Mara atmete auf. „Das fühlt sich doch viel besser an. Jetzt kann ich mich endlich wieder anlehnen.“
Sichtlich entspannt ließ sie sich ein paar Früchte schmecken. Auch Hatik entspannte sich langsam. Solange die Hüterin nicht geheilt war, kam auch er nicht zur Ruhe. Er wollte es schließlich niemandem auf die Nase binden, dass er den größten Teil ihrer Schmerzen auf sich übertragen hatte. Das war das Mindeste, was er für sie tun konnte, ohne ihre Aura zu verletzen. Nur Talos, der sich mit den Drakonat recht gut auskannte, dankte ihm telepathisch für sein ritterliches Verhalten.
Für die nächsten Tage wurde Einzeltraining mit Hatik für die beiden jungen Männer angesetzt. Mara blieb im Tal und konnte jetzt ihr Wissen an die anderen weitergeben. Sie war die einzige Atlan, die je einen Drachenmann im Kampf erlebt und überlebt hatte. Punktgenau hatte der Selbsterhaltungstrieb eingesetzt, den die Alten schon für verloren hielten. Es war ein Wettkampf gewesen. In einem Vernichtungskampf gegen einen derartigen Gegner hätte wohl niemand eine Chance gehabt. Ein gereizter Drakonat musste wohl ein absolut grausamer Gegner sein. Das stand für die Atlan inzwischen felsenfest. Durch seinen Schuppenpanzer war er beinahe unverwundbar und mit seinen scharfen Sinnen immer zwei Schritte voraus. Umso höher zählte die Leistung der Hüterin. Am Ende der beiden Tage kamen die Kampfpartner von Hatik genauso zerzaust und lädiert nach Hause. Solon hatte alle Hände voll zu tun, um die Restwunden zu behandeln. Die Übungen mit den Magiern hatten Aron und Safi nur einen geringen Vorteil gegenüber Mara verschafft. Sie steckten fast genauso viele Treffer ein, wie die junge Frau. Beide erkannten recht schnell, dass Mara nicht übertrieben hatte. Auch sie hatten die gleiche Todesangst verspürt und jede Anweisung sofort in Fleisch und Blut übergehen lassen. So richtig sicher fühlten sich auch die Männer erst, wenn Hatik wieder er selber und jede Spur der Drachenmagie verschwunden war. Der Tarronn fühlte genau, was in ihnen vorging. Die Atlan waren und blieben wohl auch weiterhin ein friedliches Volk. Für seine Weggefährten durch die Zeit war es leider unumgänglich, alle Kampftechniken zu lernen. Es fiel ihnen noch immer schwer einzusehen, dass die irdischen Drachen nur wenig mit den Drakon aus der Caiphas-Galaxie gemein hatten. Hier musste ein Gegner bezwungen und verhandlungsbereit gemacht werden, während die weisen und gütigen Drakon jedem Streit aus dem Wege gingen. Hatik ging zum nächsten Punkt über. In den nächsten Wochen behielt er seine Drachengestalt auch tagsüber bei, solange keine Uneingeweihten in der Nähe waren. So gab er seinen drei Gefährten Zeit, sich endgültig an den furchteinflößenden Anblick zu gewöhnen. Neri kam in dieser Phase öfter vorbei, um sich an dem irisierenden Farbenspiel der Drachenschuppen zu erfreuen. Die spirituelle Bindung zu Hatik war seit der allerersten Begegnung außerordentlich stark gewesen. Nun zog sie die optische Erscheinung des Drakonat magisch an.
Heute war die Seherin schon mit dem Morgengrauen unterwegs zu Solons Hütte. Sie hatte wieder die ganze Nacht kein Auge zugetan und Zwiesprache mit Siri gehalten. Der Magier erwartete Neri bereits an der Tür und schaute ihr erwartungsvoll entgegen. Sie sah müde, aber zufrieden aus. Lächelnd schlüpfte sie an ihm vorbei ins Haus, steuerte ihren Lieblingsplatz am Kamin an und ließ sich mit einem wohligen Seufzer nieder. Solon hatte schon den obligatorischen Begrüßungstrank aus duftenden Kräutern bereitgestellt. Er reichte Neri den gefüllten Becher und ließ sich ihr gegenüber nieder. Mit geschlossenen Augen sog sie genüsslich den Duft des Gebräus ein.
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