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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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geschickt hätte.«
    »Ich erinnere mich noch sehr gut daran, als meine Tochter das Dokument von Toms Mutter, dass mein Mann als ihr jüngster Sohn die Hälfte ihres Schmuckes erben sollte, in seinem Nachlass fand. Da war sie nicht mehr zu halten. Sie wollte diese Sachen unbedingt in ihren Besitz bringen. Mir gefiel das gar nicht, aber sie beharrte darauf. Es sei schließlich der letzte Wille ihrer Großmutter gewesen, sagte sie. Was in der Sache zwar richtig war, aber ich verstand sehr wohl, dass mein Mann von diesem Testament nie Gebrauch gemacht und zeitlebens lieber auf den Schmuck verzichtet hat, als seine Verwandten im fernen Deutschland um die Herausgabe zu bitten.«
    »Immerhin ist die Familie durch Tante Joannes Brief wieder in Kontakt gekommen.«
    Lucie musterte Eva prüfend.
    »Dein Englisch ist gar nicht so schlecht wie Harakeke meinte, nur die Aussprache, mein Kind, die lässt zu wünschen übrig.«
    »Ich weiß!«, entgegnete Eva. »Ich habe ja erst auf dem Schiff begonnen, es zu lernen, denn wie sollte ich auch vorher darauf kommen, dass man mich eines Tages nach Neuseeland verschiffen würde?« Ihre Worte hatten einen trotzigen Unterton bekommen.
    »Ich wollte dich nicht vorführen, Eva. Im Gegenteil, ich möchte dir einen Vorschlag unterbreiten, von dem wir beide etwas haben.«
    Eva bereute bereits, dass sie derart beleidigt reagiert hatte, denn es war nicht zu übersehen, dass die alte Dame ihr überaus wohlgesonnen war.
    »Pass auf. Ich möchte für meinen Enkel Adrian meine Lebensgeschichte aufschreiben. Die soll er zu Weihnachten bekommen, bevor er im Februar nach Wellington geht. Wir haben also nicht mehr viel Zeit. Weihnachten steht vor der Tür. Aber ich kann keine langen Texte mehr schreiben. Die Augen machen nicht mehr mit. Deshalb benötige ich jemanden, dem ich alles diktieren kann.«
    Eva sah Miss Bold mit großen Augen an.
    »Sie haben dabei doch nicht etwa an mich gedacht?«
    »Warum denn nicht? Bevor meine Tochter dich womöglich als Küchenhilfe einsetzt, werde ich dir eine weitaus bessere Beschäftigung bieten.«
    Eva war einerseits sehr gerührt über das Vertrauen, dass ihr Miss Bold entgegenbrachte, andererseits würde ihr Aufenthalt in Neuseeland nur von kurzer Dauer sein. Denn wenn sie daran dachte, wie inniglich sie ihren Vater angefleht hatte, ihr das Geld zu schicken, konnte sie sich kaum vorstellen, dass er ihr diesen Wunsch abschlagen würde.
    »Ich fühle mich geehrt, Misses Bold …«
    »Nenn mich …« Die alte Dame zögerte einen Augenblick, bevor sie »Lucie« über die Lippen brachte. »Nenn mich Lucie.«
    Sie sieht sehr exotisch aus, dachte Eva. Aber wenn sie eine Maori wie Tante Ha wäre, dann würde sie doch sicherlich nicht »Lucie« heißen. Dennoch, wenn Eva jetzt genauer hinsah, gab es deutliche Anzeichen, dass sie keine Engländerin war. Diese Frau schien eine ganze Spur dunkler zu sein als jene Damen, die mit ihr im Zug gereist waren. Und ihre Augen funkelten in diesem samtigen Braun. Plötzlich fiel ihr ein, was Adrian gesagt hatte und was sie in dem Augenblick gar nicht so recht wahrgenommen hatte. Harakeke sei Lucies Schwester, hatte Adrian gesagt. Damit beantwortete sich die Frage von selbst. Auch Lucie war eine Maori, aber warum trug sie dann diesen Namen?
    »Es gibt ein Problem, Lucie. Ich … also, ich glaube nicht, dass ich mich in diesem Haus wohlfühlen könnte. Und jetzt, wo meine Mutter tot ist, denke ich, dass Vater mich holen wird. Ich kann ihm und meinem Bruder den Haushalt führen …«
    Lucie zog spöttisch ihre Augenbraue hoch.
    »Du bist doch kein Mädchen, das geboren wurde, um den Männern den Haushalt zu führen. Sieh dich bloß an und überlege einmal, was du auf eigene Faust geschaffen hast. Du hast dir die englische Sprache beigebracht. Das ist eine Leistung, meine Liebe!«
    »Die werde ich ja auch weiterhin brauchen, denn ich gehe nach Amerika. Das war schon immer mein Traum, und vielleicht bleiben wir dort, und Vater bringt es zu Wohlstand …«
    »Nach Hause zieht es dich wohl nicht zurück?«
    Eva fühlte sich ertappt.
    »Wenn ich ehrlich bin, nein, denn ich glaube nicht, dass Vater das Weingut je wieder bewirtschaften kann. Es ist alles dermaßen heruntergekommen und … nein, ich wünschte mir von Herzen, dass wir in Amerika ein neues Zuhause bekommen. Dort möchte ich hin. Hierher hat mich nur der dumme Zufall verschlagen.«
    Lucie lächelte wissend. »Ach, Eva, die Götter wollen dir etwas damit sagen, dass du hier zu uns

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