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Die Maori-Prinzessin

Die Maori-Prinzessin

Titel: Die Maori-Prinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Walden
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will, dass sie aufhören. Das soll mal einer verstehen. Und du, du gehörst ins Bett. Verstanden?«
    Eva warf Lucie einen verstohlenen Blick zu. Und wie sie die alte Dame verstand. Was, wenn die fleißigen Helfer noch etwas anderes fanden als verblichene Erinnerungsstücke? Sie nickte Lucie verschwörerisch zu.
    »Ich komme gleich noch einmal zu euch. Es gibt da noch etwas …« Eva stockte. Sie war eigentlich nur aus dem Bett gekrochen, um Lucie schonend beizubringen, dass ihre Tochter Joanne tot war. Doch vorher gab es noch etwas für sie zu erledigen. Sie musste verhindern, dass Fremde in den Trümmern des Anbaus wühlten.
    »Bin gleich wieder da!«
    Harakeke aber starrte Lucie fassungslos an. »Sag mal, was ist denn bloß in dich gefahren? Ich versuche dir zu sagen, dass der Mann deiner Tochter womöglich versucht hat, sich an deiner Enkelin zu vergreifen, und dich kümmert nur dieser verdammte Trümmerberg.«
    Lucie wandte den Blick ab. Sie konnte es nicht ertragen, wie durchdringend Harakeke sie musterte. Diese Gedanken, die sie im Augenblick umtrieben, würde ihre Schwester trotz all ihrer hellsichtigen Fähigkeiten nicht erraten. So tief konnte sie nicht in ihr Herz blicken. Lucie aber bedauerte es mehr denn je, dass sie Harakeke niemals in das Geheimnis um den Tod ihres Vaters eingeweiht hatte. Jetzt war es zu spät. Dies war nicht der richtige Moment, ihr die Wahrheit anzuvertrauen, die sie so viele Jahre vor ihr geheim gehalten hatte. Nein, erst sollte Adrian die Wahrheit erfahren … Adrian! Lucie zuckte zusammen.
    »Wo ist Adrian? Weiß eigentlich jemand, wo Adrian ist?«, stieß sie voller Sorge hervor.
    »Er ist nach Hastings gefahren, um mir eine Mütze zu kaufen«, erwiderte Eva, die gerade von draußen zurückgekommen war und Lucies verzweifelte Frage gehört hatte. Sie überlegte kurz, ob sie der Großmutter verraten sollte, dass sie inzwischen seine Frau geworden war, aber es schien ihr nicht der richtige Zeitpunkt dafür zu sein.
    »Dann bin ich beruhigt. Der Junge ist in Sicherheit«, sagte Lucie erleichtert. Ihr Blick streifte Harakeke, die sie immer noch verwundert musterte.
    »Wie geht es Berenice?«, fragte sie.
    »Sie schläft. Hariata ist bei ihr«, entgegnete Eva hastig, während sie überlegte, wie sie die traurige Nachricht am besten überbrachte. Und dann war da noch die Sache mit Berenice und dem Doktor. Sollte sie die beiden alten Damen nicht doch einweihen? Was, wenn die ohnehin labile Berenice einen seelischen Schaden genommen hatte?
    »Vor dem Beben ist etwas Schreckliches geschehen«, hörte sich Eva da bereits leise sagen. Sie senkte den Kopf und fixierte ihre nackten Füße. »Als ich zum Haus kam, hatte Berenice sich ins Wohnzimmer geschleppt. Wir haben uns um sie gekümmert. Als sie aufwachte, hat sie behauptet, dass Doktor Thomas versucht hat, sie zu vergewaltigen …« Eva hob den Kopf. Sie befürchtete, dass die beiden Maorifrauen schockiert wären, doch Harakeke sagte nur: »Ich habe die Verletzungen an ihren Schenkeln gesehen. Das passt.«
    »Was wird nur Joanne dazu sagen, wenn sie erfährt, was das versoffene Subjekt angerichtet hat?«, seufzte Lucie.
    Eva atmete tief durch, bevor sie sich endlich ein Herz fasste: »Lucie, ich muss dir etwas sagen. In der Stadt gibt es viele Tote. Ich habe einen Arzt begleitet und ihm bei der Arbeit geholfen, und da war auch eine Verletzte, die ich nicht gleich erkannt habe …« Eva brach ab, weil ihr die Tränen kamen.
    »Joanne ist tot, nicht wahr?« Lucies Stimme klang seltsam gefasst.
    »Ja, sie ist in meinen Armen gestorben«, murmelte Eva, während sie immer noch gegen die Tränen ankämpfte.
    Lucie ließ sich auf einen der Korbstühle sinken und schlug die Hände vor das Gesicht.
    Eva suchte Harakekes Blick, aber sie konnte keine Emotion in deren Augen lesen. Weder Traurigkeit noch Entsetzen.
    »Es tut mir so leid, dass ich … dass du … dass du dein Kind auf so tragische Weise verlieren musstest«, stammelte Eva. In diesem Augenblick fielen ihr Joannes letzte Worte ein. »Sie lag in meinem Arm, als sie starb. Und sie hat gesagt, du mögest ihr verzeihen. Und dass du recht gehabt hättest. Sie sei schuld gewesen damals, aber sie habe es nicht gewollt, was das auch immer heißen mag …«
    Eva hielt inne und musterte Lucie durchdringend, doch deren eben noch aufgewühlte Miene war plötzlich wie versteinert. Ob Joannes letzte Worte sie so schockiert hatten?, ging es Eva durch den Kopf.
    »Es tut mir unendlich leid, dass deine

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