Die Marionette
tun würde, wenn er den Auftrag dafür erhielt. Hielt doch noch jemand schützend die Hand über ihn?
Bender sank auf einen Stuhl und versuchte seinen Atem und seinen Herzschlag zu beruhigen. Er blickte aus dem Fenster auf den beleuchteten Swimmingpool im Innenhof des Hotels, unübersehbares Zeichen jenes mit den Wiederaufbauhilfen der internationalen Gemeinschaft geschaffenen Luxus, während weite Teile der Millionenstadt Kabul nach wie vor weder Wasserversorgung, Kanalisation noch vernünftige Straßen besaßen. Dann zog er seinen Blackberry aus seiner Brusttasche. In Deutschland war jetzt erst Mittag.
»Was haben Sie über Eric Mayer in Erfahrung bringen können?«, fragte er und seine Anspannung ließ nach, als er der Stimme seines Gesprächspartners lauschte. Wie er schon vermutet hatte, war Mayer früher Soldat gewesen. Einzelkämpfer in einer Eliteeinheit. Aber da war noch mehr.
Bender telefonierte, bis es Zeit war für das geplante Dinner. Als er schließlich in Begleitung von Mayer und seinen Bodyguards das zweite Mal an diesem Abend das Hotel verließ, hatte er alles, was nötig und in der Kürze der Zeit zu regeln war, in die Wege geleitet, um sich aus dieser äußert brisanten Situation herauszumanövrieren. Es würde hässlich werden. Und gefährlich. Aber dieses Risiko musste er eingehen.
***
Hamburg, Deutschland
Valerie las die kurze SMS , die Katja Rittmer ihr geschickt hatte, als sie am Morgen aus dem Bad kam.
»Ärger?«, fragte Marc beim Anblick ihres Gesichtsausdrucks.
Sie seufzte. »Ja und nein. Ich muss eine Anhörung absagen, weil eine Mandantin nicht da ist. Das ist unangenehm, aber mehr auch nicht.«
»Geht es um Katja Rittmer?«
»Ja, wie kommst du darauf?«, fragte Valerie erstaunt.
»Es kam was im Radio über sie. Ich habe es gestern zufällig gehört, auf dem Weg nach Hause.«
Valerie starrte Marc ungläubig an. »Wurde sie namentlich genannt?«, fragte sie vorwurfsvoll.
Er lächelte unwillkürlich. Er kannte Valerie gut genug, um zu wissen, wem ihr Zorn galt. »Nein, beruhige dich, es ging um den Tod von Milan Vieth und seinen Unfall. Irgendeine Agentur hat herausgefunden, dass eine Frau mit im Wagen war, und nun wurde spekuliert, ob …«
»Hör auf«, fiel Valerie ihm ins Wort. »Das ist ja nicht zu ertragen.«
»Das dachte ich auch«, stimmte er ihr zu. Dann wurde er ernst. »Weißt du, wie es Sibylle geht? Für sie muss dieser ganze Medienrummel entsetzlich sein.«
»Sie ist wieder zu Hause. Ich treffe mich heute Nachmittag mit ihr.«
Marc stutzte.
»Es hat etwas mit der Larenz-Geschichte zu tun. Es geht um ein paar Unterlagen«, erklärte sie ausweichend und nahm ihrem Mann die Krawatte aus der Hand. »Die auf keinen Fall. Die hat einen Fleck. Ist dir das nicht aufgefallen?«
Sie ging in die Küche und machte ihnen Kaffee. Janine hatte heute frei.
Als sie wenig später auf dem Weg in die Kanzlei war, dachte Valerie an das, was Marc erzählt hatte. Und sie fragte sich, wer der Presse die Information zugespielt hatte, dass Milan Vieth bei seinem tödlichen Unfall in Begleitung einer Frau gewesen war. Es häuften sich fragwürdige Entscheidungen im Umfeld der Larenz-Krise. Nicht zuletzt hatte Valerie vergeblich versucht, Einsicht in Katja Rittmers Akte zu bekommen. Sie hatte sofort Beschwerde eingelegt, war aber auch an höherer Stelle abgewiesen worden. »Ich kann Ihnen da im Moment leider nicht weiterhelfen«, hatte der zuständige Richter, den sie sehr schätzte und mit dem sie bislang immer gut zusammengearbeitet hatte, ihr gesagt. »Die hält das Innenministerium zurück.«
Valerie konnte sehr gut eins und eins zusammenzählen. Sie hatte sich an Meisenberg gewandt, schließlich hatte er Verbindungen nach Berlin. Doch auch ihr Seniorpartner konnte nichts erreichen. »Das macht mich jetzt aber neugierig«, hatte er daraufhin bemerkt. »Wo ist denn Eric Mayer? Kannst du den nicht fragen?«
Valerie hatte nur ärgerlich das Gesicht verzogen. »Glaubst du nicht, dass ich das längst getan hätte, wenn es möglich wäre?«
Meisenberg war sensibel genug gewesen, nicht weiter darauf einzugehen. Valerie hatte Florian Wetzels Karte herausgezogen und lange in ihren Fingern hin- und hergedreht, bevor sie sie in den Karteikasten zurückgelegt hatte. Es musste noch einen anderen Weg geben.
Sie fragte sich, wohin Katja Rittmer so überstürzt aufgebrochen war. Von der Kanzlei aus antwortete sie ihr auf die SMS , bat sie, ihr mitzuteilen, wann sie wieder in Hamburg
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