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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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den Botschafter.«
    ***
    Kabul, Afghanistan
    Eric Mayer eilte durch die Gassen der Altstadt von Kabul. Senator James Reynolds war tot. Von einem Scharfschützen erschossen, und irgendjemand streute erfolgreich das Gerücht, dass er der Schütze war. Das Attentat war vor nicht einmal einer Stunde geschehen, aber die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die afghanische Hauptstadt. Mayer duckte sich in einen Hauseingang, als ein Militärfahrzeug am Ende der Straße auftauchte, spürte den rauhen Stein unter seinen Fingern, die blätternde Farbe. Reichtum und Elend, Neuzeit und Mittelalter lagen so dicht beieinander in Afghanistan, dass es selbst für jemanden, der diese Gegensätze kannte, erschreckend war. Die Tür war nur angelehnt. Er stieß sie auf. Es dauerte einen Moment, bis sich seine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten. Eine ausgetretene Treppe, weitere Türen, aus dem Hinterhof hörte er das Gackern eines Huhns.
    Der deutsche Botschafter hatte ihn angerufen. Ihn gewarnt. »Die Amerikaner sind hinter Ihnen her. Das Auswärtige Amt verweigert jegliche Unterstützung und besteht darauf, Sie auszuliefern.«
    »Können Sie …«
    »Ich kann nichts für Sie tun, Eric«, war ihm der Botschafter ins Wort gefallen. »Mir sind die Hände gebunden. Ich hätte Sie nicht einmal anrufen dürfen.«
    Eine der Türen öffnete sich, und Mayer blickte in die Augen einer verschleierten Frau, sah, wie ihr der Schreck in die Glieder fuhr. Er legte einen Finger auf seine Lippen. »Bitte, bleib ruhig. Ich gehe gleich wieder«, flüsterte er auf Dari.
    Die Frau rührte sich nicht vom Fleck.
    Schnell schrieb er Wetzel eine SMS , dann öffnete er vorsichtig die Tür zur Straße. Kein Militär in Sicht. Hastig eilte er zwischen spielenden Kindern und Straßenverkäufern hindurch. Er war noch keine zwanzig Meter weit gekommen, als Wetzel sich meldete. »Sagen Sie, dass Sie den amerikanischen Senator nicht auf dem Gewissen haben, Chef.«
    Die Info hatte also bereits Berlin erreicht.
    »Was ist passiert?«, drängte Mayer. »Wie ist die Stimmung?«
    »Beschissen«, erwiderte Wetzel. »Es ist der erklärte Wunsch der Regierung, Bender aus allem rauszuhalten, deshalb wurde den Medien offiziell mitgeteilt, dass Milan Vieth für die Waffengeschäfte verantwortlich ist. Selbst die Opposition zieht mit. Vieth wird von der Presse förmlich in der Luft zerrissen.« Wetzels Stimme klang angespannt. Da war mehr.
    »Florian, bitte. Worum geht es wirklich?«
    »Es sind Fotos und Mails aufgetaucht, die Sie schwer belasten.«
    »Mich?«
    »Es heißt, Sie hätten bei der Durchsuchung der Larenz-Werke in Hamburg Beweise unterschlagen. Dass Sie Katja Rittmer haben laufenlassen, ebenso wie die Anschuldigung, dass Sie den Senator …«
    »Ich habe ihn nicht erschossen.«
    Schweigen am anderen Ende.
    »Florian, ich brauche Ihre Hilfe, ich komme in kein System mehr rein.«
    »Ich weiß.«
    »Ich muss Paul Clarke finden, um zu beweisen, dass die Anschuldigungen gegen mich haltlos sind.«
    Fünftausend Kilometer entfernt spürte er Wetzels Zögern. »Ich schicke Ihnen alles an Ihre private Mobilnummer, was ich über ihn habe.«
    Mayer verstand auch ohne weitere Worte. »Danke, Florian. Ich weiß das zu schätzen.«
    Er war ab sofort auf sich allein gestellt. Das war nichts Neues in seinem Leben. Nicht zuletzt hatte ihn sein Beruf immer wieder vor diese Herausforderung gestellt. Sie zu bewältigen hatte allerdings auch Spuren hinterlassen. »Du kannst einfach keine Nähe zulassen«, hatte ihm einmal eine Frau vorgeworfen. Er hatte ihr nicht widersprochen.
    Wetzel hielt Wort. Nur Augenblicke später erhielt Mayer die nötigen Informationen und ein Bild des britischen Reporters. Clarke war braungebrannt, schmal im Gesicht. Er hatte ein Palästinensertuch um den Kopf gewickelt, außerdem trug er eine Splitterschutzweste, in der Hand hielt er seine Sonnenbrille. Mayers Erinnerung hatte ihn nicht getrogen. Er kannte den Mann.
Ein britischer Reporter hat die Geschichte aufgedeckt, aber interessanterweise nie veröffentlicht.
Und nun war er abgetaucht.
    Das örtliche AP -Büro anzurufen war hoffnungslos, sie würden ihm keinen Hinweis geben, wo er Clarke finden konnte, wenn sie es überhaupt wussten, aber es gab jemanden in Kabul, der ihm unter Umständen weiterhelfen konnte. Farouk bin Abdul handelte mit Informationen, und er war Mayer einen Gefallen schuldig. Ein Umstand, der ein Treffen ohne größere Verzögerung zustande kommen

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