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Die Marionette

Die Marionette

Titel: Die Marionette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Berg
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den Vieth für die Larenz-Werke gewonnen hatte. Das war der Preis für ihr Schweigen. Zwei Milliarden Euro. Und Reynolds war ihr Köder gewesen. Reynolds, der den Hals nicht hatte voll kriegen können mit seinen »kleinen Geschäften nebenbei«, der zu gierig geworden war und sie alle mitgerissen hatte. Bender fragte sich, wer außer ihm gerade in diesen Abgrund blickte. Der schlichte Konferenzraum erschien ihm mit einem Mal zu eng, das kalte Neonlicht zu grell. Er stand auf. »Ich lasse mich von Ihnen nicht erpressen.«
    »Das ist natürlich Ihre Entscheidung«, sagte einer der beiden CIA -Agenten, ein muskelbepackter Typ, den Kopf zur Glatze geschoren. Seinen Blick bei diesen Worten würde Bender nie vergessen. Er signalisierte deutlich, dass Bender sich innerhalb der Botschaft auf amerikanischem Boden und in Afghanistan in einem mehr oder weniger rechtsfreien Raum bewegte, in dem die Taliban momentan seine kleinste Sorge waren.
    »Ich kann eine Entscheidung von solchem Ausmaß nicht ad hoc treffen«, lenkte er ein. »Ich brauche Bedenkzeit.«
    »Sie treffen Senator Reynolds morgen in Bagram«, erwiderte der CIA -Mann. »Teilen Sie ihm dort Ihre Entscheidung mit.«
    Flankiert von seinen Bodyguards trat Bender wenig später zurück auf die Straße. Er schwitzte trotz der frostigen Temperaturen, auf die das Thermometer bei Einbruch der Dunkelheit gefallen war. Sobald er im Wagen saß, riss er sich die Krawatte ab und öffnete die oberen Knöpfe seines Hemds. Der Sicherheitsmitarbeiter neben ihm sah ihn fragend an.
    »Alles in Ordnung«, beeilte sich Bender zu versichern. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft an einer Lösung, einem Weg aus der Situation, in die er sich durch sein Geschäft mit Reynolds gebracht hatte.
Our nice little deal,
wie der Senator damals mit konspirativem Lächeln bemerkt hatte. Während der Wagen langsam durch die hellerleuchteten Straßen des Zentrums von Kabul kroch, begriff Bender, dass es nur einen Ausweg gab. Er ignorierte das Herzklopfen, das allein der Gedanke daran in ihm auslöste.
    Ist es das wirklich wert?, meldete sich Julianes Stimme in ihm wie ein erhobener Zeigefinger. Sie wusste nichts von seinen Spekulationen, von der Krise, in die ihn der Börsencrash gerissen hatte. Von dem Strohhalm, den Reynolds ihm gereicht hatte und den der Senator jetzt nutzte, um sich selbst zu retten.
    Als das Fahrzeug endlich das Hotel erreichte, atmete Bender erleichtert auf, doch er sollte noch nicht zur Ruhe kommen. Niemand anders als Eric Mayer erwartete ihn in seinem Zimmer und maß ihn kühl von oben bis unten. »Da sind Sie ja wieder.«
    Beim Anblick des BND -Agenten brach sich die Spannung der vergangenen Stunden Bahn. Mit einer einzigen Handbewegung signalisierte Bender seinen Sicherheitskräften, das Zimmer zu verlassen. Sobald die Tür hinter ihnen ins Schloss gefallen war, polterte er los: »Was fällt Ihnen ein? Besitze ich überhaupt keine Privatsphäre mehr?«
    Mayer hielt sich zurück. »Wir befinden uns hier nicht auf einem Ausflug in den Spreewald«, erwiderte er ruhig. »Ich erwarte von allen Teilnehmern unserer Delegation, dass sie sich an die Absprachen halten und nicht auf eigene Faust und unter Missachtung sämtlicher Sicherheitsvorkehrungen …«
    »Ich war in Begleitung meiner Bodyguards«, fiel Bender ihm ins Wort.
    »Das ist völlig unerheblich, Herr Bender«, erwiderte Mayer. »Sprechen Sie sich in Zukunft mit mir ab, wenn Sie sich verabreden, selbst wenn es sich um ein Treffen mit Mitarbeitern der amerikanischen Botschaft handelt.« Er stand auf und knöpfte sein Sakko zu. »Wie ich höre, war Senator James Reynolds auch zugegen.«
    Es gelang Bender nicht, seine Überraschung gänzlich zu verbergen, doch er hatte sich schnell wieder im Griff. »Ich glaube, Sie überschreiten Ihre Kompetenzen, Herr Mayer«, fuhr er ihn mit scharfer Stimme an.
    Mayer war nicht der Mann, der sich leicht einschüchtern ließ. Ohne Eile nahm er seinen Laptop vom Tisch und wandte sich zur Tür. Mit der Hand schon am Griff drehte er sich noch einmal um. »In einer halben Stunde beginnt das Essen mit den afghanischen Wirtschaftsvertretern. Ich hole Sie in fünfzehn Minuten ab.«
    Bender starrte auf die hinter dem BND -Agenten ins Schloss gefallene Tür und versuchte, die Schmerzen in seiner Brust zu ignorieren. Mayer wusste Bescheid. Das hatte er ihm mehr als deutlich zu verstehen gegeben. Warum handelte er nicht? Warum ließ er ihn nicht festnehmen? Er zweifelte nicht daran, dass Mayer es sofort

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