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Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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vom Kusse eines Wissenschaftlers und starb an der Injektion, die er ihr gab. Und Alice mußte etwas aus einer Flasche trinken, das sie so klein machte, daß sie nicht einmal mehr ›Merkwürdig, merkwürdig‹ sagen konnte, und man zerschmetterte ihren Spiegel, womit auch das Leben des Roten Königs und der Austern ausgelöscht wurde.«
    Er ballte die Fäuste. Herrgott, wie nahe ihm das ging! Er war rot angelaufen und schnappte nach Luft.
    Mr. Bigelow erstaunte der lange Ausbruch. Er blinzelte und sagte schließlich: »Es tut mir leid, aber ich weiß nicht, wovon Sie sprechen. Das sind alles nur nichtssagende Namen für mich. Soweit ich das beurteilen kann, war die Verbrennung doch recht sinnvoll.«
    »Raus!« brüllte Stendahl. »Sie haben Ihre Arbeit getan – lassen Sie mich jetzt allein, Sie Idiot!«
    Mr. Bigelow rief seine Zimmerleute zusammen und verschwand.
    Mr. Stendahl stand allein vor seinem Haus.
    »Hört!« sagte er zu den unsichtbaren Raketen. »Ich bin zum Mars gekommen, um euch ›sauber‹ denkenden Leuten zu entkommen, aber tagtäglich vermehren sich eure Heerscharen auch hier – wie die Fliegen, die zum verwesenden Fleisch kommen. Also werd ich’s euch zeigen. Ich erteile euch eine schöne Lektion für das, was ihr Mr. Poe auf der Erde angetan habt. Von heute an müßt ihr euch vorsehen. Das Haus Ascher steht bereits!«
    Und er schüttelte drohend die Faust gen Himmel.
     
    Die Rakete landete. Federnden Schrittes trat ein Mann heraus. Er betrachtete das Haus, und in seinen grauen Augen stand ein mißbilligender, beunruhigter Ausdruck. Er überquerte den Graben, der das Haus umgab, und trat vor den kleinen Mann hin.
    »Sind Sie Mr. Stendahl?«
    »Ja.«
    »Mein Name ist Garret. Ich bin Ermittler der Moralbehörde.«
    »Ah, dann sind Sie also auch endlich zum Mars vorgedrungen? Ich hatte mich schon gefragt, wie lange das noch dauern würde.«
    »Wir haben letzte Woche die Arbeit aufgenommen und gedenken den Mars in Kürze so zu reinigen wie die Erde.«
    Der Mann machte mit seinem Ausweis eine gereizte Bewegung zum Haus hin. »Vielleicht erzählen Sie mir mal etwas darüber, Stendahl.«
    »Es ist ein Gespensterschloß, wenn Sie so wollen.«
    »Das gefällt mir nicht, Stendahl. Das Wort ›Gespenster‹ gefällt mir nicht!«
    »Ganz einfach. Im Jahre unseres Herrn 2005 habe ich ein mechanisches Heiligtum gebaut. Darin schwirren metallene Fledermäuse, die von Elektronenstrahlen gesteuert werden, und Messingratten rasen in Kunststoffkellern herum, und weiße Robotskelette tanzen; es gibt Robotvampire, Harlekine, Wölfe und weiße Gespenster, aus Chemie und Fantasie erschaffen. Ich wohne dort.«
    »Das hatte ich geahnt«, sagte Garrett und lächelte zurückhaltend. »Ich fürchte, wir werden das Ganze einreißen müssen.«
    »Ich wußte, daß Sie auftauchen würden, sobald Sie erfuhren, was hier vorging.«
    »Ich wäre schon eher gekommen, aber die Moralbehörde wollte erst Ihre Absichten kennen, ehe sie etwas unternahm. Wir können die Abbruchfirma und die Feuerwehr schon zum Abend hier haben. Um Mitternacht ist das ganze Haus bis auf den Keller runtergerissen. Mr. Stendahl, Sie kommen mir ein wenig wie ein Narr vor. Sie verschwenden schwerverdientes Geld für derartigen Unsinn. Das Ganze muß Sie doch mindestens drei Millionen Dollar gekostet haben…«
    »Sogar vier Millionen! Aber, Mr. Garrett, ich habe als junger Mann fünfundzwanzig Millionen geerbt und kann es mir wirklich leisten, damit herumzuwerfen. Trotzdem ist es außerordentlich schade, daß Sie, nachdem das Haus erst seit einer Stunde fertiggestellt ist, schon mit Ihren Abbruchkommandos angerückt kommen. Dürfte ich nicht mal mit meinem Spielzeug spielen – sagen wir, wenigstens vierundzwanzig Stunden lang?«
    »Sie kennen den Buchstaben des Gesetzes. Es dürfen keine Bücher und Häuser hergestellt werden, die die Existenz vor Gespenstern, Vampiren, Feen oder sonstigen Fantasiegebilden vortäuschen.«
    »Sie werden als nächstes auch noch Babbits verbrennen!«
    »Sie haben uns schon viel Kummer gemacht, Mr. Stendahl. Steht alles in den Unterlagen. Vor zwanzig Jahren auf der Erde. Sie und Ihre Bibliothek.«
    »Ja, ich und meine Bibliothek. Und ein paar andere Männer wie ich. O ja, Poe ist schon seit vielen Jahren vergessen, und Oz und die anderen Wesen. Aber ich hatte mein kleines Versteck. Wir, ein paar Privatleute, hatten unsere Bibliotheken noch zur Verfügung, bis Ihre Männer mit den Flammenwerfern kamen und meine fünfzigtausend

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