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Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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der von
Ihren Verstecken ausgeht.«
    Verdammt. Ich achtete darauf, keine Miene zu verziehen.
    »Was draufsteht, ist auch drin. Ich habe im Geheimen
nichts anderes getan, als was ich auch öffentlich
vertrete.«
    »Natürlich. Dann haben Sie also keine
Einwände. Schauen Sie sich mal das hier
an…«
    Unterschriftsreife Verträge. Karten. London
beispielsweise sollte aufgeteilt werden. Das der Weltraumbewegung
zugesprochene Gebiet umfasste den Grüngürtel und einen
Kreisbogen mit den Freihandelszonen. Es hatte schon einen Namen:
North London Town, was ein Militär auf der Karte zu NORLONTO
verkürzt hatte.
    Das Gebiet war groß. Offen gesagt, hätte ich mich
auch mit weniger einverstanden erklärt.
    »Und als Gegenleistung?«
    »Von diesem Gebiet dürfen keine bewaffneten
Aktionen ausgehen. Und da wäre noch etwas…«
    »Ja?«
    »Äh… der Vertrag über die atomare
Abschreckung, Mr. Wilde.«
    »Sie wollen, dass wir ihn kündigen?«
    »Du meine Güte, nein!« Er wirkte schockiert.
»Wir möchten, dass Sie die Police auf uns
übertragen.«
    »Auf die Regierung? Aber Sie haben
keine…« Ich stockte und blickte in die Gesichter,
auf denen sich ein Anflug von Verlegenheit widerspiegelte.
    »Oh«, sagte ich. »Ich verstehe.« Ich
beugte mich wieder über die Karte und nahm einen Stift zur
Hand. Am Morgen hatten wir etwas, das ich dem Ausschuss
präsentieren konnte.
     
    Zwei Tage später saß ich in einem Hinterzimmer
einer Schnapsbude im Grüngürtel mit einer Gruppe von
Männern und Frauen zusammen, die dank meiner Verhandlungen
blinzelnd aus ihren Verstecken, Lagern und Zellen hervorgekommen
waren. Ich erklärte ihnen, sie hätten die
Möglichkeit, ihre Vorstellungen an einigen Millionen mehr
oder weniger begeisterter Menschen auszuprobieren, während
der Staat, der froh war, diese explosiven und verarmten Massen
los zu sein, ihnen weitgehend freie Hand gewähren
würde. Ich sagte ihnen, der einzige Preis, den sie
dafür entrichten müssten, wäre die
De-facto-Anerkennung der Staatsautorität und der Verzicht
auf eine unerprobte nukleare Abschreckung, welche die meisten
ohnehin mit gemischten Gefühlen betrachteten und die nun
obsolet geworden war.
    Ich erwartete weder Dankbarkeit noch Zustimmung und bekam sie
auch nicht. Stattdessen übertrafen sich die Genossen im
Versuch, mich zu denunzieren. Damit hatte ich gerechnet. Dass ich
aus der Organisation ausgeschlossen wurde, kam allerdings
überraschend. Der Beschluss wurde einstimmig gefasst. Et
tu, Julie.
    »Guten Tag, Genossen«, sagte ich. »Und viel
Glück.«
    Ich erhob mich, schob den Stuhl zurück, trat aus der
Tür und ging davon. Zwei Tage nach meinem Ausschluss
übernahmen US/UN-Elitetruppen das Sagen und entwaffneten
alle Exporteure von landgestützter Abschreckung. Für
die abtrünnigen Gebiete brauchten sie länger, aber auch
die würden sie bald zur Räson gebracht haben. Da meine
Ex-Genossen keine Nuklear-Police mehr als Unterpfand hatten,
mussten sie sich mit einem kleineren Norlonto begnügen, als
man mir angeboten hatte.
    Das geschah ihnen recht, doch ich wünschte, sie
hätten Islington behalten können. Das bekamen die
christlichen Fundamentalisten, die sich sogleich daran machten,
das Gebiet ethnisch zu säubern. Eleanor und ihre Familie
mussten Finsbury Park verlassen. Sie zogen zu uns, und es dauerte
Monate, bis sie ein neues Haus fanden.
    Ich fühlte mich allmählich zu alt für so
was.

 
13    Der
Gerichtshof des Fünften Viertels
     
     
    »Warum sind wir nicht durch die Kanäle
gefahren?«, grummelte Wilde, als er sich mit der
Stiefelspitze eine weitere zudringliche Maschine vom Knöchel
kickte. Sein gepresster Tonfall und die Heftigkeit des Tritts
waren auf die stundenlange Anstrengung zurückzuführen,
ständig mechanisches Ungeziefer zertreten, zerstampfen und
erschießen zu müssen.
    »Ha!«, schnaubte Tamara. »Haben Sie sich
schon mal die umliegenden Kanäle angesehen?«
    »Zufällig nicht«, antwortete Wilde.
    »Und das werden Sie auch nicht wollen.« Tamara
drückte sich flach an eine Wand und bedeutete den anderen
anzuhalten. »Aber das werden Sie schon noch.«
    Sie streckte einen Apparat, der aussah wie eine lange
Taschenlampe, hinter der Gebäudeecke hervor und schwenkte
ihn hin und her, während sie das Anzeigegerät in ihrer
Hand und den Armband-Monitor im Auge behielt.
    »Okay«, verkündete sie. »Keine
intelligenten Maschinen. Scheint sicher zu sein. Einer

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