Die Mars-Stadt
Straße vor. Wilde blieb
hinter ihr und beobachtete die Umgebung. Eine Maschine auf vier
langen, dünnen Beinen, mit einem melonengroßen Rumpf
und zahlreichen Linsen an der Vorderseite, richtete sich
plötzlich über dem Roboterverhau auf und scannte
sie.
»Was ist das?«
Tamara schaute hoch und blieb stehen.
»Nicht rühren«, sagte sie.
Wilde hielt den Atem an und erstarrte mit zurückgewandtem
Kopf. Die Linsen wurden eingezogen, ein röhrenförmiger
Auswuchs nahm ihre Stelle ein.
»Schieß!«, schrie sie.
Wilde zuckte zusammen und drehte sich um, doch Tamara hatte
nicht ihn gemeint. Von der anderen Straßenseite wurde eine
Salve abgefeuert, welche die Maschine von den Beinen warf. Tamara
und Wilde rannten zu den anderen hinüber.
»Mist«, sagte Ethan. »Das war eine
intelligente.«
»Ich mache niemals Jagd auf intelligente
Maschinen«, keuchte Tamara und rieb sich das Kreuz.
»Aber die kleinen Mistkerle zu töten macht mir nichts
aus.«
Sie gingen weiter; über eine Brücke, die Tamara
Gelegenheit gab, Wilde zu zeigen, weshalb die Kanäle im
Maschinenviertel als Transportwege nicht infrage kamen; und dann
auf einmal erblickten sie in einem weitläufigen Park am Ende
der langen Straße eine Palisade aus Schrottmetall.
»Talgarths Gerichtshof«, sagte Tamara.
Als sie näher kamen, brachten Ultraschalldetektoren ihre
Zähne zum Summen, während sie von Laserscans geblendet
wurden. Sie fluchten.
»Nicht darauf achten«, sagte Tamara. »Das
muss sein.«
Der Park war auf groteske Weise ordentlich, was auf die
kleinen Geräte zurückzuführen war, die durchs Gras
und das Geäst der Bäume streiften. Tamara achtete
darauf, nicht auf die Maschinen zu treten, was sie bisher nicht
getan hatte.
»Talgarth mag das nicht«, erklärte sie.
»Dafür verhängt er Geldbußen.«
Sie suchten sich einen Weg durchs Gras; die Waffen hatten sie
entweder geschultert oder ins Holster gesteckt, denn die
waffenstarrende Palisade genügte vollauf, um sie vor wilden
Apparaten zu schützen. Maschinengewehre, Laserkanonen, Radar
und Schwungmaschinen, stets einsatzbereite Bolas…
Das drei Meter hohe Tor der Palisade schwenkte vor ihnen auf
und schloss sich hinter ihnen rasch wieder. Ein etwa hundert
Meter durchmessender Platz, grasbestanden wie der Park, mit einem
Podium in der Mitte, im Gras verteilten Stühlen und
Übertragungsgeräten und Holzhütten
unterschiedlicher Größe am Rand. Kein Mensch war zu
sehen.
»Wie geht es jetzt weiter?«, fragte Wilde.
Tamara sah auf ihre Armbanduhr. »Es ist ein Uhr
nachts«, sagte sie. »Wir legen uns in einer
Hütte schlafen.« Sie grinste. »Das ist eine alte
Wirbeltiergewohnheit.«
»Die man einhalten sollte«, meinte Wilde. Er
blickte sich unentschlossen um, während die meisten anderen
zielstrebig loszogen.
Tamara nahm ihn bei der Hand.
»Kommen Sie mit«, sagte sie. »Ich
kümmere mich um Sie.«
Er folgte ihr verwirrt.
»Passen Sie bloß auf!«, rief Ethan ihm nach.
»Sie folgt alten Primatengewohnheiten.«
»Fick dich doch selber!«, brüllte Tamara
zurück. »Bis zur Verhandlung!«
»So machen es also die Verfechter des
Gemeineigentums.«
»Ja. Freie Liebe.«
»Ha. Ich war meiner Frau siebzig Jahre lang
treu…« Wilde verstummte, dann fuhr er in muntererem
Ton fort: »Und jetzt habe ich innerhalb von drei Tagen
schon mit zwei Frauen gevögelt.«
»Was! Mit wem denn noch?«
»Geht dich nichts an. Freie Liebe, okay?«
»Ach, erzähl schon.«
»Wahrscheinlich ist sie mittlerweile tot.«
Sie schwiegen. Dann sagte Tamara, deren Gesicht nur von einem
schwachen Nachtlicht und Wildes Zigarettenglut erhellt wurde, in
vorsichtig aufmunterndem Ton: »Ich hoffe, es tut nicht
weh.«
Wilde grinste schief und drückte die Zigarette aus. Ihre
Augen passten sich rasch an, und eine Weile musterten sie
einander.
»Schon möglich«, sagte Wilde.
»Schließlich bin ich selber tot.«
Tamara griff ihm zwischen die Beine.
»Also, das Körperteil ist eindeutig
lebendig.«
»Ach, was.«
»Oh, doch.«
»Was glaubst du, was für einen Stand ich morgen vor
Gericht haben werde?«
»Im Moment stehst du jedenfalls recht gut.«
»Hmm.«
»Und außerdem – ah-ha-ha-ha – bekommst
du Hilfe von ah-ha-ha!«
»Ich zeig dir gleich die Unsichtbare
Hand.«
»Nein«, meinte Tamara. »Die kommt erst sehr viel später…«
»Es ist acht«, informierte ihn Tamara. »Du
siehst furchtbar aus.«
»Danke.« Wilde stützte sich
Weitere Kostenlose Bücher