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Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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hatte, nahm ich ihr die Bemerkung nicht einmal
übel.«
    »Aber wenn das stimmt…« Tamara versuchte,
sich über die Implikationen klar zu werden. »Das
würde ja bedeuten, dass Sie schuld sind
an…«
    »Der ganzen Scheiße!«, sagte Wilde. Er
blickte sich um und schwenkte die Hand. »Alles, was hier
seit dem Dritten Weltkrieg passiert ist, ist meine
Schuld!«
    »Das glaubt Eon Talgarth auch«, sagte Tamara.
    »Er könnte Recht haben«, meinte Wilde
achselzuckend. »Ich selbst glaube das nicht.«
    »Nein, ich auch nicht«, setzte Tamara eilig hinzu.
»Und die meisten Leute, nicht bloß die
Abolitionisten, ebenfalls nicht. Einige halten Sie sogar für
einen… nun ja…«
    Sie zögerte verunsichert.
    »Wofür?« Wilde beugte sich vor, die Zigarette
in der Hand, und blickte sie herausfordernd an. »Für
mehr als einen großen anarchistischen Denker?«
    »Ja«, antwortete Tamara. »Sie glauben, nun
ja, Sie lebten noch irgendwo dort draußen. Man will Sie
sogar in der Wüste gesehen haben.«
    »Tatsächlich?« Wilde sog Rauch ein und
stieß ihn mit einem gedehnten Seufzer über ihren Kopf
hinweg aus. »Also, das ist wirklich interessant, denn der
Robot Jay-Dub behauptet, er sei eine weitere… Version
meiner selbst und halte sich seit der ersten Landung hier auf.
Ich würde es ihm durchaus zutrauen, dass er ein Abbild von
mir projiziert oder sich auf einem Monitor für mich
ausgibt.«
    »Aha!«, sagte Tamara. »Der Unsichtbaren Hand
zufolge behauptet Reid, er könne beweisen, dass Jay-Dub in
Dees Software eingedrungen ist. Er macht Sie dafür
verantwortlich.«
    »Mich?«, sagte Wilde. »Also, Jay-Dub hat mir
gegenüber nichts dergleichen erwähnt. Was für eine
Überraschung.«
    »Ja«, meinte Tamara. »AIs sind verschlagene
Mistkerle, hab ich Recht?«
    »Verschlagen und gefährlich«, sagte Wilde.
»Würde ihnen niemals über den Weg
trauen.«
    Tamara lachte.
    »Okay«, sagte Wilde, »ich glaube, wir
sollten einander mal ins Bild setzen. Wir Menschen müssen
zusammenhalten.«
    Tamara berichtete von den Geschehnissen des Vorabends und des
Vormittags und erklärte ihm ansatzweise den Hintergrund.
Wilde lächelte, als sie über den Abolitionsmus sprach.
Dann berichtete Wilde, wie es ihm ergangen war und was ihm der
Robot gesagt hatte. Tamara hörte zu, bisweilen staunend,
dann wieder skeptisch. Als er geendet hat, schwieg sie eine
Weile.
    »Was für ein Arschloch«, sagte sie
schließlich. »Erschafft einen Klon aus dem
Körper Ihrer Frau und benutzt ihn als Gynoid. Hat wohl nicht
damit gerechnet, Sie jemals wiederzusehen.«
    »Schon möglich«, meinte Wilde zweifelnd.
»Vom Robot hat er aber doch wohl gewusst, oder? Könnte
der Robot Dee einmal gesehen haben?«
    »Klar«, meinte Tamara. »Diese Geräte
verfügen schließlich auch über
Kommunikationseinrichtungen. Und Reid behauptet, Jay-Dub habe
sich in Dee eingehackt. Aber davon hat der Robot nichts
erwähnt?«
    »Mir gegenüber nicht«, sagte Wilde.
»Ich hatte den Eindruck, er wüsste etwas über
Dee, denn er beharrte darauf, dass Dee nicht einmal in dem Sinne
menschlich sei wie er selbst, doch er gab keinen Anlass zu der
Vermutung, dass Dee in seinen Plänen, wie immer die aussehen
mögen, eine Rolle spielen könnte.«
    »Und jetzt ist er verschwunden.« Tamara seufzte.
Sie blickte sich um, als könnte er jeden Moment wieder
auftauchen. »Wahrscheinlich weiß er nichts von der
Gerichtsklage und hält es für das Beste, sich bedeckt
zu halten.«
    »Das würde seiner Persönlichkeit
entsprechen.« Wilde grinste. »Und meiner!«
    »Dann wollen wir hoffen, dass er rechtzeitig vor der
Verhandlung davon erfährt. Sonst gerät er noch tiefer
in die Scheiße… Sie wollen immer noch, dass der Fall
von Talgarth verhandelt wird?«
    »Nach allem, was Sie mir gesagt haben«, meinte
Wilde, »habe ich keine große Auswahl.«
    »Das stimmt«, sagte Tamara.
    Wilde schnitt eine Grimasse. Er erhob sich, ohne etwas zu
sagen, und schlenderte an den Ständen entlang. Hin und
wieder lächelte er vor sich hin, dann wandte er sich um und
lächelte Tamara an, die ihm stillschweigend gefolgt war.
    »Dieser Ort hat etwas an sich«, erklärte er.
»Ich habe immer schon gewusst, dass es solche Orte geben
würde, Flohmärkte auf anderen Welten. Ich bekomme
Heimweh, wenn ich daran denke, dass ich der gleiche Mensch bin
wie damals auf der Erde.«
    Tamara senkte den Blick und scharrte mit dem Fuß am
Boden.
    »Tut mir Leid«,

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