Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
Vom Netzwerk:
Entrüstung – in Kürze werden
Belohnungen ausgesetzt!«
    Bilder der erwähnten Personen zoomten Schwindel erregend
über den Monitor, dann teilte sich der Kanal in
Unterkanäle auf, die verschiedene Aspekte des Falles
untersuchten, einschließlich der Biographien der
beteiligten Personen und der eschatologischen Bedeutung des
Erscheinens Jonathan Wildes.
    »Nuklearterrorist?« Der Mann, der
gesprochen hatte, hieß Ethan Miller. Er wirkte älter
als die meisten, hatte glattes schwarzes Haar, seine Haut hatte
die Farbe des übelriechenden Tabaks, den er rauchte, und
sein Gesicht glich einem schartigen Kriegsbeil. Er war lediglich
mit einer Lederhose und einem zerschlissenen
Universalgleichungs-T-Shirt bekleidet, von dem er behauptete, es
sei ein Original, wenngleich die Malley-Gleichungen in Stoffform
mittlerweile noch mehr Löcher hatte als je in der
Realität. »Sie sollten sie deswegen verklagen,
Mann!«
    »Nein.«
    Die nüchternere Erklärung der Unsichtbaren Hand
verdrängte die Nachrichtenkanäle; die beteiligten
Parteien wurden aufgefordert, am nächsten Tag um zehn Uhr
vor dem Gericht des Fünften Viertels zu erscheinen.
    »Also gut!«, übertönte Tamara den
Lärm. »Ihr habt es gehört! Und jetzt
los!«
    Die folgende Entwicklung war weniger hektisch als Tamaras
Bemühungen, sie zu organisieren. Der Gerichtstermin war
offenbar mühelos einzuhalten. Die Anwesenden packten ihre
Sachen zusammen und brachen auf, gefolgt von Tamara, Wilde und
Ethan Miller. Tamara schloss ab und machte das Haus scharf
– bloß um einer unrechtmäßigen
Durchsuchung vorzubeugen, wie sie erklärte –, dann
begaben sich alle zum Kai.
    Die Sonne stand tief am Himmel und verwandelte die
Hochhäuser des Stadtzentrums in eine riesige Tiara aus Gold
und Edelsteinen. Auf der Insel des Circle Square packten die
Straßenhändler zusammen, während die ersten
Roadies bereits die Soundanlagen für die am Abend spielenden
Gruppen aufstellten. Die Abendluft war geschwängert vom
Geruch des Frittier- und Motorenöls und dem
süßlichen Duft des Cannabis. Die Spätheimkehrer
oder Frühankömmlinge an den Tischen der
Straßenbars beobachteten die leise sich unterhaltende
vorbeimarschierende Gruppe mit heimlicher Besorgnis und gaben
mittels versteckter Gesten Kommentare ab, aus denen bisweilen ein
aufmunterndes Lächeln wie eine Waffe hervorstach.
    »Was passiert eigentlich mit Dee und Ax, wenn sie
geschnappt werden?«, fragte Wilde.
    Tamara brummte. »Kommt drauf an, wie aufgebracht die
Leute sind, die sie schnappen«, meinte sie.
»Wahrscheinlich werden sie bloß festgenommen und
angeklagt, und zwar von dem, der einen Schaden geltend macht. Ich
schätze, auf Anderson Parris’ Kopf war eine
hübsche Summe ausgesetzt.«
    »Ja, gut…«, sagte Wilde. »Das kapier
ich schon. Aber was passiert mit ihnen, buchtet man sie
ein?«
    »Einbuchten?« Tamara klang verblüfft.
»Ach, Sie meinen, ob sie bestraft werden. Das hängt
auch wieder davon ab. Jemanden zu töten, kann unter
Umständen ein schweres Vergehen sein.«
    »Ja«, meinte Wilde trocken. »Und wovon
hängt die Strafe ab?«
    »Keine Sorge«, sagte Tamara. »Scheiße,
wenigstens haben sie Zeugen angerufen. Das macht viel aus, wenn
man sich nicht versteckt… Davon abgesehen, kommt es auf
die Verluste des Opfers an, verstehen Sie? Emotionaler Stress,
entgangene Lebenserfahrung und Verdienstausfälle, die
Beeinträchtigungen der ihm nahestehenden Personen –
das alles wird addiert und mit der Ausfallzeit
multipliziert.«
    »Ah, ja«, meinte Wilde. »Ausfallzeit. Ich
glaube, ich würde Sie besser verstehen, wenn Sie mir genau
erklären würden, was Ausfallzeit bedeutet.«
    Sie hatten mittlerweile den Kai erreicht, wo Tamaras Dinghy
auf den Wellen schaukelte. Die anderen enterten ihre eigenen
Booten, eine Flottille von Skiffs, kleinen Motor- und
Schlauchbooten. Tamara kletterte ins Dinghy, und Ethan Miller
reichte ihr die Ausrüstung, dann half sie Wilde an Bord. Er
setzte sich an den Platz am Bordrand, den sie ihm zuwies.
    »Ausfallzeit«, erklärte Tamara, während
sie ablegte und den Motor anließ, »ist die Zeit
zwischen dem eigenen Tod und der Wiederkehr. Ein Backup ist
teuer, verstehen Sie, und das Züchten von Klonen kann Monate dauern, zumal wenn man einen guten haben will, ohne
Krebs und so ’nen Scheiß. Als Normalbürger
lässt man jedes Jahr ein Backup machen, würde ich mal
sagen, und man hat eine

Weitere Kostenlose Bücher