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Die Mars-Stadt

Die Mars-Stadt

Titel: Die Mars-Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken MacLeod
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Ausschau hält, nach Anzeichen von Menschenaufläufen,
kommt ihr der Gedanke, dass es vielleicht noch eine andere
Erklärung gibt. Vielleicht ist sie ja doch menschlich,
bloß ihre Opfer sind es nicht. Vielleicht haben sie alle
eine parasitäre Mimikry gemeinsam, die sie durchschaut.
Einer der Handlungsfäden, die sie in der Nacht durchspielt,
wenn es sie nach kräftigerer Kost als die üblichen
Romanzen verlangt, dreht sich um Vampire. Sie fragt sich, ob die
vorgeblich menschliche Spezies – oder Gattung – sich
vielleicht in richtige Menschen und hohle Nachbildungen
unterteilt, die Vampiren gleichen und sich von den Lebenden
ernähren. Sie zu töten wäre etwas völlig
anderes, als richtige Menschen umzubringen, die sich lediglich
von Pflanzen, Tieren und Maschinen ernähren.
    Ein interessanter Gedanke.
    Sie hört, wie Ax ausatmet, die Lungen leert. Sie stemmt
den Rücken gegen die Wand, um sich gegen die erwartete
Detonation und die Druckwelle zu wappnen. Im nächsten Moment
erbebt ihr Körper.
    »Getroffen!«, sagt Ax.
    Dee braucht sich nicht umzuschauen. Die Rampe liegt fünf
Meter unterhalb ihres Ausgucks und ist etwa zwanzig Meter
entfernt, und sie kann sich den reglosen Körper des Bankiers
mühelos vorstellen. Auch die Gesichter und Linsen, die sich
gleich darauf in ihre Richtung wenden…
    Aber Ax und Dee haben sich bereits in die Mulde
hinuntergewälzt und sind nicht mehr zu sehen. Hinter einem
metergroßen Loch im künstlichen Fels liegt eine
geschwungene Rinne, die sie geduldig eine halbe Stunde lang
emporgeklettert sind. Die glasartige Oberfläche erschwert
den Aufstieg und erleichtert den Abstieg. Dee steigt als Erste
hinein, mit den Füßen voran, in den Umhang
gehüllt. Das Gefälle am Ende ist groß; ihre
Hüftbänder werden überdehnt, ihre Fersen
aufgeschürft – eine Aufgabe für die Subroutinen
des Chirurgen. Sie dreht sich um, breitet die Arme aus und
fängt Ax auf, als er herabgeschossen kommt.
    Der Gang, in dem sie sich befinden, besitzt einen rechteckigen
Querschnitt mit quasi-organisch abgerundeten Ecken und ist in
beide Richtungen sanft gebogen. Die perlmuttartig schimmernde
Oberfläche ist zernarbt, mit chitinartigen Linsen und
Membranen besetzt – außerdem hat man brutal
Bürofenster und Türen hineingebrochen und Mikrofone und
Kameras angebracht. Das Schrillen des Alarms hallt bereits durch
den Gang und breitet sich durch die Leitungen aus. Der Soldat und
der Spion, die sich Dees Sinne und Sender miteinander teilen,
scannen und hacken. Einige Alarmsignale verstummen.
    Aber nicht alle. Dee und Ax verständigen sich wortlos und
rennen nach links. Sie wenden sich zu dem Aufzug, mit dem sie von
der Straße hochgekommen sind. Vor ihnen öffnen sich
Türen entlang des Gangs, abermals schrillt der Alarm. Ein
schwarz uniformierter Aufpasser tritt hervor und hebt die Hand.
Er steht ganz am Ende ihres Blickfelds.
    »Zurück!«, keucht Dee.
    Sie machen kehrt und laufen zurück. Die Schritte des
Wachmanns folgen ihnen nach. Dee bemerkt aus den Augenwinkeln
eine Bewegung hinter einem dünnen Wandabschnitt – kein
Fenster, sondern im Gebäudeinnern gelegen. Sie läuft
ein paar Meter weiter, dann bleibt sie stehen und dreht sich um.
Der Wachmann gelangt gerade in Sicht. Sie zielt sorgfältig
auf die dünne Stelle und schießt. Das Material
zersplittert wie Glas, und eine blaue, Blasen werfende
Flüssigkeit fließt heraus und ergießt sich auf
den Boden. Der Wachmann rutscht darauf aus und stürzt, dann
springt er wieder auf, reißt sich die Uniform vom Leib und
ruft um Hilfe. Dee spürt vor sich eine
widerstandsfähige Barriere – vielleicht ein Kordon von
Schutzmännern; auf die Entfernung vermag sie es nicht genau
zu bestimmen.
    In der Nähe befindet sich in der Wand ein elliptisches
Loch. Jemand hat ›FLUCHTWEG?!‹ darüber
gekritzelt. Dee sieht das Loch an, sieht Ax an, hebt die Brauen.
Ax nickt.
    Dee späht hinein. Eine dunkle Rinne, die sich steil in
die Tiefe windet. Sie tritt hinein, legt sich auf den Umhang und
lässt den Rand des Lochs los.
    Sogleich saust sie in die Tiefe und kreist in einer nahezu
vertikalen Spirale. »AAAAAHHHHH!«, schreit sie. Ihr
unwillkürlicher Aufschrei kommt zu spät, denn Ax ist
ihr bereits gefolgt. Seine Fersen befinden sich gefährlich
dicht an ihrem kapuzenverhüllten Kopf. Sie beugt sich vor,
was das Gefälle noch furchteinflößender macht.
Die Knöchel hat sie überkreuzt, die

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