Die Mars-Verschwörung
Sie hangelt nach dem Seil, bekommt es aber nicht in die Hände.
Mit einem Keuchen stürzt sie auf das Wasser zu. Schreiend folge ich ihr. Mein Körper trifft gleich nach ihrem auf der Oberfläche auf. Der Schock des kalten Wassers und die Wucht des Aufpralls rauben mir den Atem.
Ich tauche tiefer und tiefer und verliere sie in der weißen Blasenfülle. Mein Geist kehrt zu einem anderen Tauchgang zurück,in einem Abwasserbecken, zu einem anderen Mädchen – zu einer Zeit, in der mein Körper nicht beeinträchtigt war. Das Wasser hier ist viel tiefer, der Fluss endlos viel breiter. Wenn ich sie jetzt nicht finde, werde ich sie nie finden.
Das Seil!
Ich fühle, wie es an meinem Bein vorbeigleitet, und klemme es zwischen die Knie. Dann schlinge ich es mir um die Schultern und schwimme zur Oberfläche. Ein paar Sekunden später breche ich durch, schnappe nach Luft und entdecke eine Leiter, die in der Mauer des Damms verankert ist. Ich schwimme hin, schlinge das Seil um eine Stufe und benutze mein Körpergewicht, um Riki-Tiki hochzuziehen.
Als ich sie zu mir heranziehe, den Gips hinter den Stufen verkeilt, ringt sie keuchend um Atem. Ihre Haut ist fahl, die Pupillen geweitet, und in ihren Augen ist ein Ausdruck der Verwunderung. Ich hebe sie aus dem Wasser, das von ihrem Blut rosa verfärbt ist.
»Halt durch!«, rufe ich ihr zu. »Das wird schon wieder!«
Riki-Tiki schüttelt den Kopf, und die Anstrengung lässt sie zittern. »Nein«, keucht sie.
»Wo ist die Optimistin geblieben, die alle so lieb haben?« Ich versuche, weiter nach oben zu klettern, aber der Druck auf ihrem Körper entlockt ihr Schmerzensschreie.
»Mimi?«, frage ich.
»Tut mir leid, Cowboy.«
Meine Kehle ist plötzlich wie zugeschnürt, und ich gleite mit ihr ins Wasser, löse die Seile und lasse sie von den brodelnden Fluten davontragen.
Riki-Tiki schaut an mir vorbei. Ihr Augen werden von den dichten Wolken angezogen. »Ich sehe die Sonne. Sie geht auf.«
Dann zieht sie den Vorhang zur Seite, gleitet in ihren eingebildeten Sonnenaufgang und ist fort.
♦
Scheinbar stundenlang treibe ich auf dem Rücken und drücke Riki-Tikis erschlafften Leib an meine Brust, rudere mit den Beinen, ruhe, rudere und ruhe, bis meine Füße festen Boden berühren. Erschöpft bis an den Rand des Deliriums richte ich mich mühsam auf und trage Riki-Tiki auf den Armen.
Im Gras falle ich auf die Knie. Unsägliche Minuten ziehen dahin, während ich um Atem ringe und versuche, wenigstens einen kleinen Teil meiner Kraft zurückzugewinnen.
»Es ist nicht deine Schuld«, sagt Mimi.
»Du weißt so gut wie ich, dass das eine Lüge ist.«
Dann, als ich endlich bereit bin zu gehen, sehe ich Stain auf der anderen Seite des breiten Flusses, von wo aus er mich anstarrt, nass und wütend. Ich versuche, seinen Blick zu erwidern, seinen beißenden Zorn, aber ich habe nicht mehr die Kraft.
Stattdessen wende ich mich beschämt ab, und die weite, wassergefüllte Kluft hält uns auf Abstand. Als ich wieder hinschaue, ist Stain fort, beinahe wie eine Rauchfahne, die sich mit dem aufsteigenden Dunst vermischt und sich auflöst.
»Mimi«, sage ich, »such mir einen Weg fort von hier.«
»Zehn Meter voraus ist ein Zugangstunnel«, sagt sie. »Was ist mit Stain?«
»Mit dem bin ich fertig.« Ich gehe zu dem Tunnel, der mich irgendwann zu meinem Trike und zu dem Pfad führen wird, von dem Ghannouj prophezeit hat, dass ich ihn einschlagen würde.
Kapitel 25
Wasserkraftwerk Hawera
Präfektur Zealand
Annos Martis 238. 7. 27. 20:25
»Jetzt können Sie was erleben«, sagt Duke, als ein gestohlener CorpCom-Hellbender über der Landefläche auf der Beobachtungsplattform des Damms auftaucht. Das Konzernlogo von Zealand ist überpinselt und durch einen Skorpion ersetzt worden, der mithilfe einer Schablone aufgemalt wurde.
»Halt’s Maul, Duke«, sagt Archibald, während der Rotor seinen Umhang bauscht. »Hätte ich früher erkannt, dass du Lymes Maulwurf bist, hätte ich dich exekutieren lassen.«
Der Hubschrauber landet. Der Pilot stellt den Motor ab, und der Rotor wird langsamer. Duke packt Archibald am Arm und zerrt ihn zum Velocikopter.
»Sagen Sie mir noch mal, ich soll das Maul halten, Archie«, zischt er, »und Sie sind derjenige, der exekutiert wird!«
Die Frachtraumklappe am Heck des Hubschraubers öffnet sich, und zwei Sturmnacht-Soldaten steigen die Rampe hinunter.
»Er gehört ganz euch«, sagt Duke zu ihnen und kehrt zurück auf die
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