Die Marseille-Connection
Garrincha steuerte das Taxi, das Brainard ihm mitten in der Nacht gegeben hatte, hinein.
»Das Kennzeichen ist sauber«, hatte der Inspektor gesagt, »du brauchst keine Angst zu haben, dass dich jemand anhält.«
Die Bourdet tauchte aus dem Zwielicht auf, Zigarette im Mundwinkel, die Pistole an der Hand baumelnd. »Ist er wach?«
»Leider nicht.« Esteban lud ihn sich auf die Schultern.
»Zieh ihn aus und binde ihn auf den Stuhl«, befahl sie.
Garrincha tat es mit raschen, effizienten Bewegungen. Keine drei Minuten, und der Russe war zum Verhör bereit.
»Mit Kapuze?«
»Nein, er soll mich sehen, wenn er aufwacht«, antwortete sie. »Aber du geh so lange raus, eine rauchen. Ich möchte mit unserem neuen Freund allein sein.«
Wenn der dich sieht, kriegt er einen Schlag, dachte Juan böse, während er ins Freie ging.
Die Kommissarin nahm eine leere Dose vom Boden und füllte sie an einem Wasserhahn, der Gott weiß wie lange nicht mehr benutzt worden war, mit rostigem Wasser. Sie schüttete es dem Gefangenen ins Gesicht, und er kam langsam wieder zu Bewusstsein.
Als er bemerkte, dass er nackt und gefesselt war, fing er an zu zappeln.
»Wer bist du, verdammte Scheiße?«, schrie er.
B.B. verpasste ihm eine Ohrfeige. »Eine Dame bin ich, Aleksandr, benimm dich gefälligst.«
Als der Russe seinen Namen hörte, versuchte er, sich zu beruhigen. »Wer sind Sie?«
»Schon besser.« Die Kommissarin nahm einen Stuhl und stellte ihn vor Peskow. »Sieh mich an! Ich trage Kleidung für nicht mehr als dreihundert Euro und bin keine Russin. Wer bin ich?«
»Polizei, Geheimdienst …«
»Polizei. Brigade Anti-Criminalité, um genau zu sein.«
»Und warum bin ich dann nicht in einem Kommissariat, sondern nackt an einen Stuhl gefesselt? Nachdem man mich betäubt und entführt hat?«
»Tu nicht so empört!«, entgegnete sie lauter als vorher, nahm ein paar Fotos aus der Tasche und hielt sie ihm hin. Das erste zeigte Leutnant Winogradowa. »Die da kennst du gut, schließlich fickst du sie. Ich nenne sie Leckerbissen, ich würde sie mir auch gern genehmigen.«
»Sie heißt Ida, Ida Schudrick, sie ist Dolmetscherin …«
»Die in ihrer Freizeit Transnistrier foltert und umbringt.«
Die Bourdet präsentierte ihm Bilder der entsprechenden Szenen in der Heiratsagentur und ließ sie eines nach dem anderen zu Boden fallen.
»Davon weiß ich nichts.« Peskow sah ihr gerade in die Augen.
»Und das soll ich dir glauben?«
»Hören Sie, ich bin Wirtschaftsexperte!« Jetzt wurde auch er lauter. »Ich bin nur für das Geld zuständig.«
»Darum machst du also Geschäfte mit Bremond.«
Der Russe war intelligent genug, sofort die wahren Absichten der Beamtin zu erkennen: »Ihnen geht es um Bremond, was?«
»Und um Matheron, Rampal, Vidal und Tesseire, die neuen Gesichter der Korruption, diejenigen, wegen denen das Fundament dieser Stadt fault«, seufzte B.B. Mit der Schuhspitze berührte sie eine Großaufnahme von Ulita. »Sie hier wird schon sehr bald nicht mehr unter uns sein«, erklärte sie.
»Was soll das heißen?«
»Das soll heißen, dass sie Armand Grisoni auf die Zehen getreten hat, dem einzigen echten Boss von Marseille. Gewisse Dinge regelt der mit der Pistole. Deine schöne Ida wird zusammen mit ihren Leuten sterben. Und du, wie willst du enden?« Die Bourdet holte ihr Handy aus der Manteltasche. »Ich würde gern einen Tisch für zwei reservieren«, sagte sie zu Grisoni, dann legte sie auf. »So, das war das Todesurteil.«
Peskow fror, nicht nur wegen des Wassers auf der nackten Haut.
»Was genau wollen Sie von mir?«
»Beweise, um die Bremond-Clique hinter Gitter zu bringen.«
»Und im Tausch dafür?«
»Bleibst du am Leben.«
»Das reicht nicht. Ich will hier als freier Mann rausgehen, nicht mehr und nicht weniger.«
B.B. lachte laut auf. »Du bist ein Würstchen und sitzt in der Scheiße, und da bist du immer noch arrogant? Warte ein paar Stunden, und du bist glücklich, wenn du mir die Hand lecken darfst.« Sie drehte sich zum Eingang um. »Juan!«
Der Gerufene eilte herbei. »Ja?«
»Kümmere dich um den Knaben hier, zeige ihm, wie gut du bei der paraguayischen Armee das Folterhandwerk gelernt hast. In drei Stunden bin ich zurück.« Sie bückte sich und sammelte die Fotos ein.
»Bitte, wir können doch ganz sicher eine Lösung finden«, stammelte Aleksandr entsetzt. »Gewalt ist nicht nötig. Wir müssen eine Vereinbarung aushandeln.«
»Ich brauche nicht zu verhandeln, ich bekomme alles, was
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