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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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abenteuerlichsten
Umständen hatte er sich retten können. Er war freilich
wunderlich geworden. Aber junge Marsologen kamen gern zu
ihm; seine Sammlung war die umfangreichste, die seltensten
Stücke hatte er. Das Marsmuseum der Erde hatte ihn jahrelang
bestürmt, bis die Leute dort begriffen, dass diese Dinge seinen
Lebensinhalt bestimmten. Und bei aller Wunderlichkeit des
Alten, holte auch die Leitung gern seinen Rat ein, wenn es
darum ging, noch unerforschte Gebiete zu erschließen.
Und tatsächlich, der Marsopa wusste alles über Anne, was
man nur wissen konnte.
„Ich habe den Rummel damals aus nächster Nähe
mitgemacht, Jungchen. Ich hatte sozusagen einen Schonplatz,
weil mir kurz vorher die Sache mit dem Hubschrauber
passierte. Ich war Dispatcher während der Verlagerung des
Kosmodroms. Es ging ein bisschen durcheinander, weißt du.
Hier noch nicht viel, dort“, er kicherte, „nicht mehr viel. Gar
kein Wunder, dass auf das Mädchen keiner achtete. Zumal die
Masken, die getragen werden mussten, noch viel größer waren
als heute und viel verdeckten, wenn du weißt, was ich meine.“
Er erzählte in seiner skurrilen Art ausführlich von der
Suchaktion, vom Entschluss, sie aufzugeben. „Alles wurde
getan, was wir konnten, sage ich dir. Vierzehn Tage Verzug
hat uns das eingebracht und eine Menge Scherereien. Du, und
wenn einer das beurteilen kann, dann der Marsopa.“ Er
lächelte. „Dass ich drei Mal zurückkam, purer Zufall. Aber ich
weiß, was einem alles widerfahren konnte. Damals“, er nickte
versonnen, „gab es noch den roten Sturm, musst du wissen.
Und als uns ihr Verschwinden auffiel, tobte gerade einer. Tja –
und hinterher pflegte man in den Ebenen oder kahlen Bergen
eine neue Landschaft vorzufinden. Und das Mädchen hatte so
überhaupt keine Erfahrung. Tja, junger Mann, schmerzlich ist
das, aber der Erste war sie nicht und nicht der Letzte.“
Mutlos war Allan vom Marsopa in sein Quartier
zurückgekehrt, hatte sich den Ort des Geschehens projiziert,
lustlos und ohne Elan. Der kehrte erst wieder zurück, als er
überrascht feststellte, dass das alte Kosmodrom nur wenige
Kilometer von seinem späteren Einsatzort entfernt lag. Das gab
den Ausschlag, die Tour doch zu machen. An Ort und Stelle
konnte er prüfen, was ihn erwarten würde, konnte mit der
Besatzung reden, sich beraten lassen, das Kosmodrom
inspizieren.
Erst im letzten Augenblick hatte sich Allan entschieden, sich
nicht bei der Station, sondern in der Nähe des ehemaligen
Kosmodroms absetzen zu lassen, ein Entschluss, den er
angesichts der trostlosen Umgebung, des Staubs und der Öde
zu bereuen begann.
Später saß Allan auf den Stufen vor der Tür. Er hatte die
Maske abgelegt, ließ trockenen Sand durch die Finger rieseln,
und er spürte, wie er sich widerstandslos von Mutlosigkeit
bekriechen ließ. Zwei Jahre!
Wofür das alles, seine zwei Jahre und die 200 davor.
Besiedlung… Oasen, Rohstoffbasis, Industriegelände der Erde
Als ob die gute alte nicht mehr trüge…
,Hatten sie jemals Sinn gehabt’, fragte er sich, ,all die Opfer
für das Phantom, das man Fortschritt nennt? Was wäre der
Menschheit schon passiert, wenn sie die Pole ein paar Jahre
später betreten hätte, ohne die Scotts in den eisigen Tod zu
treiben? Alle Erfahrungen wurden gemacht, weil der Mensch
von Natur aus – faul ist, aber wäre es darauf angekommen,
noch ein Jahrzehnt oder länger zu laufen oder an die Erde
gefesselt zu sein? Musste sich Lilienthal den Hals brechen?
Was ist es, was uns zu höheren Zielen treibt ohne Rast?
Warum sind wir hier auf dem verdammten Planeten und
kultivieren ihn auf Kosten seiner Spezies? Wir brauchen ihn,
oh ja! In tausend, zweitausend Jahren vielleicht. Ein knappes
Drittel der Sahara ist urbar gemacht, die Zahl der
Erdbevölkerung hat ein vernünftiges Maß erreicht Es ist
erwiesen, dass jeder Einzelne der zwölf Milliarden spätestens
in einem Jahrhundert gleichgute Lebensbedingungen haben
wird. Wozu also? Wozu musste der Marsopa drei Mal mit dem
Leben abschließen, warum Anne umkommen? Und ich?
Weshalb, zum Teufel, hüte ich grüne Schweine, und warum
jetzt? In zehn Jahren könnten sie von einem
Biomaten
beaufsichtigt werden, aber nein, wir werden hier 20 Monate
lang vergraben…’
Allan strich sich über die Augen. Über den Bergen, die jetzt
schwarz am Horizont standen, ging die letzte Sonne dieses
Tages unter. Auch an der richtigen, die stets überstrahlt wurde
von den aufdringlichen Kunstgestirnen, hatte sich

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