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Die Marsfrau

Die Marsfrau

Titel: Die Marsfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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stand über der Steppe, und erste
Blüten hatten sich entfaltet. Man lief wie über einen Teppich
und dachte nicht daran, dass in einem halben Meter Tiefe der
ewige Frost saß.
    Sie schritten über die Polster aus Moosen und verfilztem
Gras. Marie hatte an ihrem Ratstag den Fortgang eines
Straßenbaus zu kontrollieren, und sie hatte Nagy kurzerhand
aufgefordert mitzukommen, aus zwei Gründen, die sie vor
allen Mitarbeitern erläutert hatte: Erstens sei Nagy ein
miserabler Kommunalpolitiker
– es lägen mehrere
Beschwerden des örtlichen Rates vor –, und sie wolle ihm
zeigen, wie man so etwas macht, und zweitens müsse er an die
frische Luft. Wenn man ihn anschaute, sei es, als blicke man in
eine der Algenkulturen, so grün sehe er aus. Und da sie
ohnehin mit ihm den Marseinsatz besprechen müsse, könne
man das gleich verbinden.
    Allan Nagy protestierte nur schwach. Marie war eine
attraktive Frau und eine sehr angenehme Gesellschaft. Sie
fühlte sich stets zu spritzigen Dialogen aufgelegt, unernst und
spöttisch. Aber Nagy dachte auch daran, dass noch bei über
100 Tieren die Indikation vorzunehmen blieb. Und bisher hatte
er diese Handlung, wenn nicht selbst vorgenommen, so doch
zumindest beaufsichtigt. Immerhin würde er sich zu
verantworten haben, träte eine besonders hohe Sterbequote auf.
    Sie fuhren zur Baustelle. Die Straße, die automatisiert
worden war, führte das Fahrzeug. Marie saß mit
übergeschlagenen Beinen leger im Fahrersitz und erläuterte,
wie sie sich Nagys Marseinsatz vorstellte.
    Der Weg führte zu einem neuen MHD-Komplex. Zwanzig
Kilometer der Straße sollten fertig sein.
Auf der Baustelle stand einsam die Maschine, einer der
modernen Silikatschmelzer. Aber sie – stand.
Marie fuhr dicht heran und legte aus dem Fenster heraus die
Hand auf das Aggregat. „Kalt!“, und Allan glaubte, in ihren
Augen Grimm aufflammen zu sehen.
Sie stiegen aus.
„Hallo, ist denn hier keiner?“ Marie rief es energisch.
Wenig später bog von vorn ein junger Mann mit offenem
Hemd um den Koloss, ihm folgte ein zweiter.
„Hallo“, grüßte Marie laut. „Wo steckt ihr? Die Sonne
kommt doch auch in den Leitstand!“ Sie lächelte spöttisch.
Der erste der beiden Männer, offenbar der Maschinenführer,
musterte sie von oben bis unten und fragte dann unernst:
„Muss ich dir das sagen?“
„Es wäre besser“, antwortete Marie, jetzt mit Schärfe in der
Stimme, und sie zeigte ihren Ausweis.
„Aha“, sagte der Mann.
„Also – was ist?“, fragte Marie bohrend.
„Wir haben Massedefizit“, erklärte der Hemdsärmlige und
glaubte offensichtlich, damit alles gesagt zu haben. Doch dann
fügte er hinzu: „Wenn dir das etwas sagt.“
Marie überhörte die Anzüglichkeit. Sie tat verwundert: „So,
Massedefizit. Und da hockt ihr natürlich hier herum und
wartet, bis sich die Steppe hebt oder Wühlmäuse euch
aushelfen, oder was?“
„Wir haben das gemeldet, natürlich.“ Der Mann wurde
unwillig. „Sie fahren nicht, jetzt noch nicht.“
„Wie lange steht ihr schon?“, fragte Marie, es wurde deutlich,
dass sie nun keinen Spaß mehr verstand.
„Den dritten Tag.“
„Wie viele gehören zur Besatzung der Maschine?“
„Wir zwei.“
„Schön! Da lungern also zwei ausgewachsene Männer hier
herum und warten, bis anderen etwas einfällt.“
„Sollen wir vielleicht etwas aus der Luft schippen?“, fragte
der Mann heftig.
„Hör mal, mein Freund, werde nicht pampig. Massedefizit
sagt mir nämlich etwas. Ich hätte dir da zwei Möglichkeiten
anzubieten, es auszugleichen.“
„Wir können keinen Hohlweg machen“, bemerkte der zweite
Mann schüchtern, „wegen des Schnees.“
Marie ignorierte das, sie fuhr in ihrem Gedankengang fort:
„Die eine ist, das Zeug herzufahren. Darauf wartet ihr
anscheinend. Die zweite wäre, es vorzuschieben, mit Raupen
zum Beispiel, wenn euch das etwas sagt.“
„Ja, aber die Qualität des Materials ist schlechter.“
„Und? Was macht das der Straße aus, wenn man langsamer
durchsintert, Mensch!“
„Ja, langsamer…“
„Es reicht mir!“ Maries Augen verengten sich. „Meinst du, es
wird noch langsamer, als ihr es treibt, möglich sein? Hör zu,
wenn morgen die Maschine nicht läuft, lasse ich überprüfen,
ob wir eine Einsatzmöglichkeit haben, die deiner Auffassung
von Arbeit entspricht. Haben wir uns verstanden? Ich weiß,
dass es nicht so schwierig ist, eine Großraupe zu besorgen.“
Den letzten Satz sprach sie gemäßigter. „Aber das solltest du
vor mir

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