Die Maske
bereiteten ihr diese Worte so etwas wie Unbehagen. Und aus ihrer Mimik war die Angst herauszulesen. Zwei Ausnahmen gab es. Innocencia und die Äbtissin Clarissa, sie blickten in andere Richtungen und überlegten.
Dann überraschte mich die Äbtissin mit einer Frage: »Wissen Sie, was das Wichtigste für uns Menschen ist, Mr. Sinclair?«
Ich kam ins Grübeln. »Da gibt es viele Dinge…«
»Die wichtigsten…«
»Gesundheit und…«
»Das zählt auch dazu. Aber Sie gehen den falschen Weg, Oberinspektor. Die wichtigsten Dinge sind sauberes Wasser und saubere Luft. Sind sie nicht mehr vorhanden, wird der Mensch eingehen.«
»Da haben Sie recht, die Umwelt also.«
»So ist es. Ich will, daß die Umwelt nicht länger belastet wird. Dazu zähle ich nicht nur die sichtbare Verschmutzung wie den Rauch, den Müll und Abgase, für mich zählt auch der Satan dazu. Satan und seine verfluchten Diener.« Plötzlich schlug sie mit der flachen Hand auf den Tisch. So laut, daß zahlreiche Personen sich erschreckten, ich eingeschlossen. »Finden Sie diese Brut, Mr. Sinclair, und löschen Sie sie aus. Der Teufel darf die Seelen der Kreaturen nicht verschmutzen! Egal, ob Mensch oder Tier.«
Ich nickte über den Tisch hinweg. »Kompliment, Äbtissin, Sie sind eine sehr kluge Frau.«
»Nein, das bin ich nicht. Nur eine Person, die nachgedacht hat. Man darf mich nicht für weidfremd halten. Ich weiß, was in dieser unmittelbaren Umgebung passiert ist. Ich habe über das Furchtbare gelesen. Wahrscheinlich wurde deshalb das Kloster genau an diese Stelle gesetzt, um damit dem Bösen zu trotzen. Es sind nicht mehr die ganz alten Mauern, die liegen tief in der Erde, aber sie atmen noch immer den Geist unserer längst verstorbenen Schwestern aus. Der Teufel hat versucht, über die Tiere, die Füchse, Einfluß zu gewinnen, und der hat sich leider bis zum heutigen Tage gehalten.«
Widersprechen konnte ich ihr nicht. Allein aus diesem Grunde war ich hergekommen.
Die Äbtissin wunderte sich, von mir keine Antwort zu bekommen, und hakte nach.
Ich hob die Schultern. »Sie sehen mich zwar nicht ratlos, Ehrwürdige Mutter, aber ich bin im Augenblick überfragt. Ich weiß leider nicht genau, wo ich ansetzen soll.«
»Haben Sie nicht schon den alten Fuchs gefunden? Diese furchtbare Quelle des Bösen?«
»Stimmt. Nur war jemand schneller, das wissen Sie. Ich habe nur die Reste zerstören können, der wahre Geist des Bösen aber ist leider befreit worden.«
»Wo kann er sein?«
Ich runzelte die Stirn. »Vielleicht hier?« fragte ich leise, aber durchaus verständlich.
Die Nonnen starrten mich erschreckt an. Eine ergraute Person saß in meiner Nähe. »Aber doch nicht in unserem Kloster?«
»Wer weiß. Der Teufel findet stets seine Wege. Hat er nicht auch eine Person aus Ihrer Mitte gerissen und sie in den Tod gezerrt?«
»Ja, das hat er. Und wir waren nicht in der Lage, unsere Schwester zu schützen.«
»Manchmal ist die Hölle sehr stark. Ich kenne das. Aber ich möchte Sie nicht beunruhigen und Ihnen sagen, daß ich bereits gewisse Maßnahmen ergriffen habe. Ich rief einen sehr guten Freund und Kollegen von mir an. Er ist sehr früh aus London abgefahren und müßte schon bald hier eintreffen.«
»Was werden Sie dann tun?« fragte die Äbtissin.
Ich hob die Schultern. »Wenn Sie mich nach meinem Beruf fragen, so würde ich den Begriff Exorzist abstreiten. Wir werden uns wohl auf die Suche nach der Maske begeben. Nach der Person, der es gelungen ist, die Magie des Teufels aufzufangen und sie weiterzutransportieren. Das ist meine Devise.«
»Darf ich fragen, wo Sie mit der Suche beginnen werden? Ihre Worte hörten sich an, als wollten Sie dieses Kloster nicht ausschließen.«
Ich nickte. »Richtig, Ehrwürdige Mutter. Ich möchte auch diese Mauern unter die Lupe nehmen.«
Selbst über die Länge des Tisches hinweg erkannte ich, daß ihre Augen verglasten. »Was bitte, versprechen Sie sich davon, Mr. Sinclair? Wir sind ein Hort gegen das Böse…«
»Stimmt. Nur haben Sie selbst gesagt, daß es noch die alten Mauern gibt. Kann es nicht sein, daß sich dort der damalige Geist der Hölle manifestiert hat?«
»Ich weiß es nicht.«
»Waren Sie nie dort? Oder gibt es keinen Zugang zu diesem alten Teil des Klosters?«
»Ja, aber er ist verschlossen.«
Ich lächelte kantig. »Dann werde ich ihn eben öffnen. Brauche ich dafür Werkzeug?«
Sie hob die Schultern. »Es ist eine alte Falltür, wenn Sie verstehen. Sie liegt abseits. Wir
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