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Die Masken des Morpheus

Die Masken des Morpheus

Titel: Die Masken des Morpheus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
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handelte es sich dabei um drachen- oder eher noch lindwurmartige Kreaturen mit schlangenartigem Körper, krummen Beinen, langem Schwanz, großem Katzenhaupt und giftigen Zähnen. In fiebriger Hast schlich Arian weiter. Bei jedem Geräusch, das seine Gefährten verursachten, fuhr er zusammen. Nach einer Weile erschien vor ihnen ein Flackern.
    »Das sind nur Fackeln, die immer brennen«, flüsterte Tarin. »Von hier ab gehe ich voran. Wir betreten jetzt das Revier der Wächter.«
    Arian ließ ihn vorbei. Er hatte eine Gänsehaut. Die Wächter waren Ikela treu ergebene Swapper, die sich die Körper erfahrener Krieger angeeignet hatten. Einige patrouillierten auch in Gestalt von Tieren durch die Burg.
    »Da kommt jemand«, raunte Tarin plötzlich.
    »Wir müssen uns verstecken«, wisperte Mira.
    »Zu spät!« Tarin hob den Degen.
    »Warte!«, zischte Arian und bedeutete den beiden, sich dicht an die Wand zu drücken. Von oben glitt ein Schatten über den Boden. Er war groß und – nicht menschlich.
    Gerade noch rechtzeitig vollendete Arian sein Trugbild. Scheinbar verwandelte er Luft in massiven Fels. Der Schneckenweg wurde dadurch geringfügig schmaler. Hoffentlich bemerkte der Wächter es nicht. Für das Auge war die Illusion undurchdringlich, nur mit dem Feuerkristall vermochte er hindurchzusehen.
    Im Gang erschien ein Greif – Arian stockte der Atem –, ein leibhaftiges Fabelwesen. Es war größer als ein Braunbär, mit Kopf und Schwingen eines Adlers und spitzen Pferdeohren. Der muskulöse Leib und der Schwanz glichen denen eines Löwen. Das braungelbe Gefieder bauschte sich an Nacken und Brust zu einer regelrechten Mähne auf, am übrigen Körper war es so seidig und glatt wie Fell.
    Die unglaubliche Kreatur näherte sich mit geschmeidigen Bewegungen. Sie trug eine Kette mit einer Laterne um den Hals. Leise klickten ihre Krallen auf dem Felsboden. Als sie die drei Unsichtbaren erreichte, blieb sie plötzlich stehen und wandte sich Arian zu.
    Er hatte das Gefühl, sein Herz müsse aufhören zu schlagen. Starr vor Schreck blickte er in die tiefgrünen Augen des Wesens. Konnte es ihn sehen? Was, wenn es eine feine Nase hatte?
    Der Greif öffnete weit den Schnabel. War das ein Gähnen? Wollte er zuschnappen? Arian traf eine Wolke stinkenden Atems, die nach faulenden Fisch- und Fleischabfällen stank. Ihm wurde übel.
    Der Adlerkopf des Fabelwesens ruckte wieder herum und es setzte seinen Rundgang fort. Als es verschwunden war, ließ Arian die Illusion fallen wie einen zu schwer gewordenen Tarnmantel.
    Tarin forderte seine Gefährten mit einem Wink auf, ihm zu folgen.
    Auf Zehenspitzen schlichen sie weiter durch den Lurleberch. Auf Höhe des nächsten Geschosses blieb Tarin stehen und flüsterte: »Das eben war Grijpa, eine alte Freundin von mir. Sie ist uralt, halb blind und hat einen Geruchssinn wie ein Staubwedel. Nur ihr Gehör ist so fein wie eh und je. Also seid leise.«
    »Und ich dachte, Greife sind mythische Wesen, die es nie gegeben hat«, wisperte Arian.
    Mira nickte zustimmend.
    Tarin grinste. »Hatte ich euch nicht gewarnt, dass meine Mutter die Natur auf den Kopf stellt? Sie ist sehr geschickt darin. Vielleicht begreift ihr jetzt, warum selbst Morpheus sie fürchtet.« Er deutete den Wendelgang hinauf. »Beeilen wir uns. Es ist nicht mehr weit.«
    Nach wenigen Windungen gelangten sie in einen Gewölbekeller mit unzähligen Kammern. Darin lagerten sorgfältig beschriftete Fässer mit Wein, Öl, Essig, Äpfeln, Getreide, Stockfisch, Pökelfleisch und vielem mehr. Am Ende eines Ganges beleuchtete eine Fackel eine steinerne Treppe.
    »Wartet hier«, flüsterte Tarin. »Ich seh mich oben kurz um.« Ohne auf eine Antwort zu warten, huschte er davon.
    Mira schob ihren Mund vorsichtig an Arians Ohr. »Hatte er nicht gesagt, wir müssen in Phobetor unbedingt zusammenbleiben?«
    Er sah sie überrascht an. »Willst du damit andeuten, dass du ihm nicht traust?«
    »Denk an das Sprichwort: Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm.«
    Arian stöhnte. »Das ist jetzt nicht dein Ernst, Mira.«
    »Wir kennen nur seine Version der Geschichte.«
    Er schüttelte ungläubig den Kopf. »Und ich dachte, du hättest dich geändert.«
    »Das musst gerade du sagen. In London hattest du mir doch auch nicht über den Weg getraut. Ich versuche nur zu überleben, Arian, bis ich den Mörder meiner Eltern gefunden habe.«
    »Und was ist dann? Sprengst du dich mit ihm in die Luft?« Er biss sich auf die Unterlippe. Den Spruch hättest du

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