Die Matlock-Affäre
drehte sich herum und versuchte zu lächeln, aber in seinen Augen war kein Humor.
»Das mit dem Bericht tut mir leid. Wirklich leid. Das war eine unangenehme Notwendigkeit.«
»Das nehme ich Ihnen nicht ab! Was wollten Sie denn, daß Kressel tut? Sollte er mich vor den Ausschuß schleppen und mich hier verjagen? Sie dachten wohl, ich würde mich einfach hinsetzen und zulassen, daß alle auf mir herumtrampeln? Sie sind ein verdammter Irrer!«
»Wir haben nicht gedacht, daß irgend etwas geschehen würde. Genau deshalb haben wir es ja getan ... Wir konnten nicht sicher sein, wohin Sie gegangen sind. Sie sind verschwunden, wissen Sie. Man könnte sagen, daß wir die Offensive ergreifen mußten und später dann erklären, alles sei ein bedauerliches Mißverständnis gewesen ... Die Taktik wäre nicht neu. Ich werde Kressel noch einen Bericht schicken und einiges zurücknehmen - aber nicht alles. In ein paar Wochen ist das alles vergessen.«
Matlock war wütend, ebenso wegen Williams Einstellung als auch wegen seines gewissenlosen Pragmatismus. Aber als er sprach, hob er seine Stimme nicht an. »Verschwinden Sie. Sie widern mich an.«
»Oh, hören Sie doch auf, Mann! Haben wir Sie nicht immer angewidert?« Matlock hatte den Nerv getroffen, und Williams reagierte entsprechend. Aber ebenso plötzlich riß er sich wieder zusammen. »Wollen wir nicht über theoretische Dinge reden. Lassen Sie mich zur Sache kommen und wieder gehen.«
»Ja, bitte.«
»Also gut. Hören Sie mir zu. Was immer Dunois von Ihnen wollte, geben Sie es ihm! ... Das heißt, geben Sie es mir, und ich schicke es weiter. Keine gespaltene Zunge; das ist die Sprache der letzten Not!«
»Wie abgedroschen. Kommt nicht in Frage. Warum sollte ich etwas haben, das Bruder Julian will? Hat er das gesagt? Warum kommt er nicht selbst?«
»Bruder Julian bleibt nicht lange an einem Ort. Seine Talente sind sehr gefragt.«
»Die Aufführung von Mau-Mau-Pubertätsriten?«
»Das macht er wirklich, wissen Sie. Das ist sein Hobby.«
»Schicken Sie ihn mir.«
Matlock ging vor Williams vorbei und trat an den Couchtisch. Er bückte sich und nahm ein halbleeres Päckchen Zigaretten auf. »Dann vergleichen wir unsere Notizen über assoziative Körperbewegungen. Ich habe eine umfangreiche Sammlung von Volkstänzen aus dem sechzehnten Jahrhundert.«
»Bleiben Sie ernst. Wir haben keine Zeit!«
Matlock zündete sich eine Zigarette an. »Ich habe viel Zeit. Ich möchte einfach Bruder Julian wiedersehen; ich möchte ihn ins Gefängnis stecken lassen.«
»Keine Chance! Keine Chance. Ich bin um Ihretwillen hier! Wenn ich ohne es weggehe, kann ich es nicht mehr kontrollieren!«
»Zwei Pronomina, die denselben Gegenstand bezeichnen oder unterschiedliche?«
»Ach, hören Sie doch auf! Wissen Sie eigentlich, wer Julian Dunois ist?«
»Ein Angehöriger der Familia Borgia? Aus der äthiopischen Linie?«
»>Hören Sie auf, Matlock! Tun Sie, was er sagt! Er ist gefährlich. Niemand will, daß jemandem etwas passiert.«
»Ich weiß nicht, wer Dunois ist, und es ist mir auch egal. Ich weiß nur, daß er mich unter Drogen gesetzt und mich angegriffen hat und einen gefährlichen Einfluß auf ein paar Kinder ausübt. Darüber hinaus vermute ich, daß er veranlaßt hat, daß man in meine Wohnung eingebrochen ist und meine persönlichen Habseligkeiten zerstört. Ich will, daß er weggeschafft wird. Von Ihnen und von mir.«
»Bitte, seien Sie vernünftig!«
Matlock trat schnell an den Vorhang vor seinem Flügelfenster und riß ihn mit Schwung auf und zeigte das zersplitterte Glas und die verbogene Bleifassung.
»Ist das eine von Bruder Julians Visitenkarten?«
Adam Williams starrte sichtlich schockiert auf das Bild der Zerstörung. »Nein, Mann. Absolut nein. Das ist nicht Julians Stil ... Das ist nicht einmal mein Stil. Das war jemand anders.«
12
»Verdammt noch mal, Matlock! Ich habe Ihnen doch gesagt, Sie sollen stillhalten, bis ich Ihnen Bescheid sage!«
»Verdammt noch mal, Greenberg! Wie sind Sie in meine Wohnung gekommen?!«
»Sie haben Ihr Fenster nicht reparieren lassen.«
»Sie haben mir nicht angeboten, dafür zu bezahlen.«
»Wir sind quitt. Wo waren Sie jetzt?«
Matlock warf die Autoschlüssel auf den Couchtisch und sah zu seiner zerbrochenen Stereoanlage in der Ecke hinüber. »Das ist eine ziemlich komplizierte Geschichte, und wie ich vermute ... eine, die unser Mitleid verdient. Ich werde Ihnen alles erzählen, aber zuerst brauche ich einen Drink. Bei
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