Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
stand auf.
»Es reicht!« Hinter dem Leibwächter tauchte plötzlich ein junger Wachmann auf, eine Hand am Pistolenhalfter. Seine Stimme zitterte, doch er wich nicht zurück. »Diese Frau braucht Ruhe, und die Besuchszeit ist zu Ende.«
Der Leibwächter warf einen Blick hinter sich, dann auf John und schließlich auf Visgrath.
Sekunden verstrichen – bis Visgrath langsam nickte. Der Leibwächter schien in sich zusammenzufallen. John atmete tief ein.
»In der Tat«, sagte Visgrath, »sie muss sich auf ihre nächsten … Strapazen vorbereiten.«
»Wenn Sie meinen Freunden auch nur ein Haar krümmen, werden Sie das Gerät nie zu Gesicht bekommen«, flüsterte John.
Visgrath fixierte ihn mit blitzenden Augen, aber seine Stimme klang äußerst höflich. »Wenn Sie mir das Gerät nicht geben, werden Sie Ihre Freunde nie wieder lebend zu Gesicht bekommen.« Er ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um. »Meine Nummer haben Sie ja.«
John sah zu, wie Visgrath und der Leibwächter verschwanden, und lauschte, bis ihre Schritte auf dem Gang verhallt waren. Auch der junge Wachmann blickte ihnen hinterher, das Gesicht nass von Schweiß. Erst als das Klingeln des Fahrstuhls zu hören war, konnte John sich entspannen.
»Sie gehen jetzt besser auch«, sagte die Krankenschwester, die plötzlich hinter dem Wachmann stand. »Schließlich ist die Besuchszeit zu Ende.«
John nickte.
»Wir passen auf sie auf.«
»Danke.« Mehr brachte John nicht heraus. Er blickte ein letztes Mal auf Caseys bewegungsloses Gesicht. Wie verwundbar sie war – und wie verwundbar er durch sie war! Henry und Grace hatte Visgrath schon. Er durfte nicht zulassen, dass dieses Monster nun auch noch Casey in die Finger bekam. Er musste handeln, jetzt.
Aber dazu brauchte er Verbündete.
In der frischen Frühlingsnacht hatte sich die Scheune stark abgekühlt. Der Heizlüfter brummte und verströmte den scharfen Gestank verbrennenden Staubs. John schob ihn unter die Werkbank und ließ seine Füße rösten. Obwohl die Halogenlampe scharf umrissene Schatten über den Boden warf, herrschte in den Ecken immer noch undurchdringliche Dunkelheit. Daran konnte man wohl nichts ändern.
John entrollte den Schaltplan und strich ihn auf der Tischfläche glatt. Sein Herzschlag kam nicht zur Ruhe. Er versuchte, sich einen Überblick zu verschaffen, aber die Schaltungen verschwammen vor seinen Augen, und ihn überkam erneut Panik.
»Scheiße!«
Es war wie eine Physikaufgabe, die er nicht lösen konnte, weil ihm dazu die nötigen Mittel fehlten. Zu anspruchsvoll, zu umfassend. Er wusste nicht einmal, wo er anfangen sollte.
Aber irgendwo musste er anfangen. Das Gerät war seine beste, seine einzige Waffe, und Visgrath konnte nicht wissen, dass es überhaupt nicht richtig funktionierte.
Oder wusste er es doch? Hatten Grace und Henry geredet? Hatte Visgrath sie zum Reden gezwungen?
Unwillkürlich fing John an zu zittern. Er war zum Teilnehmer an einem brutalen, wahnsinnigen Spiel geworden, dessen Regeln er nicht mal zur Hälfte beherrschte.
Schließlich stand er auf, trat von einem Bein aufs andere und ließ den Blick auf dem Schaltplan ruhen. Plötzlich sprang ihm der Schaltkreis neben dem Display ins Auge: Der konnte doch nicht allzu kompliziert sein! Die Anzeige bestand aus einfachen LEDs; damit würde er anfangen.
Eine Stunde später stöhnte John vor Frustration auf. Er hatte keine Ahnung, wie er die Teile zusammensetzen musste, um die Schaltung korrekt nachzubauen. Da ihm langsam die Ideen ausgingen, öffnete er lieber eine weitere Dose Cola, seine sechste. Das Koffein ließ ihn immer zappeliger werden. Zugleich fühlte er sich geradezu aufgebläht von Wissen und Entschlossenheit. Er legte die Bauteile beiseite und wandte sich dem nächsten Schaltkreis zu. Irgendwo musste was gehen.
Den ersten Durchbruch erlebte John, als er herausfand, dass der Schiebeschalter an der Seite des Geräts mit der Energieversorgung verbunden war. Bisher hatte der Schalter immer äußerst links gestanden, wenn er das Gerät benutzt hatte. Prime hatte gesagt, er wisse nicht, wozu dieser Schalter diene, doch John hatte inzwischen eine Hypothese: Vermutlich regulierte der Schalter die Stärke des Wirkungsfeldes. Schließlich ergab es Sinn, dass die Energieversorgung positiv mit dem Wirkungsfeld korrelierte.
Der in der Mitte zertrennte Katzenhund stand ihm wieder vor Augen. Vielleicht konnte man das Wirkungsfeld mit dem Schalter erweitern, um größere Mengen an Fracht zu
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