Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
Vom Netzwerk:
Führerhäuschen ein Fahrer saß. Schnell drehte er sich weg, da er erwartete, gleich von einer Abgaswolke eingehüllt zu werden, doch stattdessen umgab ihn nichts als feuchte Luft.
    Vielleicht ein Schwungradantrieb? Mit Dampf?
    Obwohl seine eigene Lage mehr als kompliziert war, grübelte John über die Technik dieser Laster nach, während er weiter die Straße entlangging. Zehn Minuten später, nachdem er zwei Motels und ein Schnellrestaurant passiert hatte, stand er auf dem zentralen Platz der Stadt. Stolz wie
eh und je thronte das Bürgerkriegsdenkmal in dessen Mitte, samt der gusseisernen Kanone, die wie immer nach Süden wies. Hier waren einige Leute unterwegs, ein paar gingen auch direkt an ihm vorbei, aber niemand nahm von ihm Notiz.
    Auf der anderen Seite des Platzes entdeckte er das Gerichtsgebäude und daneben die Bücherei. Erleichtert stellte er fest, dass sie sich nicht verändert hatte: Das Gebäude besaß nach wie vor drei Stockwerke, und der Eingang wurde von den beiden altbekannten Granitlöwen bewacht, die wie immer auf ihren steinernen Sockeln lagerten. Wenn es einen Ort gab, an dem er aus diesem Universum schlau werden konnte, dann war es dieser.
    Auch innen fand John sich sofort zurecht, denn alles sah aus wie zu Hause. Mit einem einzigen Unterschied: Es gab keine Computerterminals. Also nahm er mit dem Zettelkatalog vorlieb und durchsuchte ihn nach Büchern über amerikanische Geschichte. Mit Hilfe der Signatur hatte er keine Mühe, den Band mit dem Titel Geschichte und Erbe der Vereinigten Staaten – Große Ereignisse, die unsere Nation formten von einem gewissen Albert Trey aufzustöbern. Er setzte sich auf einen Hocker und blätterte den Wälzer durch. Er musste nicht lange suchen, um auf den entscheidenden Unterschied zu stoßen.
    Die Unabhängigkeitsbewegung, der Britisch-Amerikanische Krieg, der Bürgerkrieg: All das hatte zu den gewohnten Ergebnissen geführt. Auch die Präsidenten waren dieselben – bis zu Woodrow Wilson. Der Erste Weltkrieg hatte hier keine große Rolle gespielt und wurde als Griechisch-Türkischer Krieg bezeichnet. Statt des Ersten trug der Zweite Weltkrieg den Namen »Great War«. England und die USA waren damals gegen eine Allianz aus Deutschland, Russland und Japan angetreten. Nach Jahren ergebnisloser Kämpfe war 1956 ein Waffenstillstand ausgerufen worden, doch die
Feindseligkeiten hatten bis in die achtziger Jahre angedauert, als endlich der Frieden erklärt und die Abrüstung eingeleitet wurde. Das entscheidende Abkommen wurde in Frankreich ausgehandelt, das man zwischen Deutschland und Spanien aufteilte.
    Als all dies geschah, hatte Alexander Graham Bell längst seine große Erfindung gemacht: eine effektive Energiequelle für das Automobil. Statt Verbrennungsmotoren nutzten Autos und Lastwagen in diesem Universum Elektromotoren. Das also war die Erklärung für die abgasfreien Laster: ein Elektroantrieb.
    Noch während John las, wie Zeppeline zum Transport eingesetzt wurden und wie verhältnismäßig friedlich das zwanzigste Jahrhundert später verlaufen war, wurde er immer wütender. Dieses Universum hatte keinerlei Ähnlichkeit mit seinem eigenen! Prime hatte gelogen, so viel war klar.
    Schließlich stand John auf und sah sich nach einem örtlichen Telefonbuch um. Er ging den Buchstaben R durch, suchte nach anderen Rayburns. Natürlich fand er keine. Was hatte er schon erwartet?
    John schaute auf die Uhr: Acht Stunden noch, dann würde er nach Hause zurückkehren und Prime kräftig in den Arsch treten.
     
    Als die Bücherei schloss, war Johns Kopf bis zum Überquellen mit Informationen über das neue Universum gefüllt. Dabei gab es noch Tausende wissenswerter Daten und Details, die er nicht mehr hatte nachschlagen können. Die Zeit war ihm einfach davongelaufen.
    An einem Zeitungsladen blieb er stehen, da ihm eine Zeitschrift mit einem Jahresrückblick aufgefallen war. Er zögerte einen Moment, bevor er sich entschloss, das Heft zu kaufen und dem Verkäufer eine der Zwanzigdollarnoten hinzuhalten,
die Prime ihm gegeben hatte. Doch der Mann am Tresen würdigte den Schein kaum eines Blickes und händigte ihm sofort sechzehn Dollar und ein paar Zerquetschte als Wechselgeld aus. Die Scheine glichen denen in Johns Heimatwelt, aber auf den Münzen waren andere Gesichter zu sehen.
    Kurz darauf aß John in Eckart’s Café zu Abend. Im Hintergrund lief Rockabilly-Musik, die ihm zwar nicht bekannt vorkam, aber ohne weiteres auch auf den Country-Radiostationen

Weitere Kostenlose Bücher