Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
war, setzte er sich aus Versehen mitten unter die Kiffer. Später wurde das Gedicht von Edgar Allan Poe behandelt, und er hatte keinen blassen Schimmer, was das Wort »Nepenthe« in diesem Zusammenhang bedeuten sollte. Danach stand Physik auf dem Stundenplan – aber Prime wusste nicht, wo der Unterricht stattfand.
»Hey, John! Was machst du noch hier? Hast du etwa einen Gedächtnisverlust erlitten?«, sprach ihn irgendein Lehrer auf dem Gang an.
»Äh …« Mehr brachte Prime nicht hervor.
Erst im Klassenzimmer reimte er sich zusammen, dass das der Physiklehrer sein musste, Mr. Wallace. In seinem Universum hatte es keinen Mr. Wallace gegeben. Nun versuchte Prime, sich dem kumpelhaften Gehabe des Lehrers möglichst schnell zu entziehen, um nicht weiter aufzufallen. Offenbar waren Johnny Farmer und Wallace fast schon befreundet gewesen. Während die Schüler selbstständig an ihren Experimenten arbeiteten, kam der Lehrer ständig an seinem Tisch vorbei und ließ irgendeinen Spruch los. Prime musste hier verschwinden, sonst würde er auffliegen.
Deshalb dankte er Gott, als es an der Tür klopfte und ein jüngerer Schüler hereinkam. »Entschuldigung, Mr. Wallace. Mr. Gushman will John Rayburn sehen.« Der aknegeplagte Schüler hielt Wallace einen Zettel hin.
»Schon wieder? Dann schau dir wenigstens schon mal die Aufgaben für morgen an, John. Wir müssen viel Stoff bewältigen.«
Offensichtlich war Wallace enttäuscht von ihm, aber das ging Prime am Arsch vorbei. Schließlich kannte er den Mann ja kaum.
Mit einem erleichterten Nicken schnappte er sich seine Sachen. Auf dem Gang stieß Prime den Schüler in die Rippen. »Wo sitzt Gushman nochmal?«
Der Schüler blickte ihn völlig entgeistert an. »Im Rektorat natürlich. Ganz vorne. Aber …«
»Reingefallen, du Depp.«
Beim »Aquarium« angekommen, nannte er der Sekretärin seinen Namen. Ein paar Minuten später wurde er von Gushman hereingerufen.
Über diesen »Gushman« wusste er nichts. Er musste an die Findlay Highschool gekommen sein, als Prime seine alte Schule schon verlassen hatte. Der frühere Rektor hatte mit einer Schülerin rumgemacht, was irgendwann rausgekommen war – zumindest in einem der Universen, die Prime später besucht hatte. Wahrscheinlich war es hier genauso gelaufen. Schade. Er hatte sich schon darauf gefreut, diese Information zum richtigen Zeitpunkt einsetzen zu können.
Gushman räusperte sich. »John, hast du den Brief für Mrs. Carson dabei?«
Jetzt wusste Prime, worum es hier ging. Natürlich hatte er den Brief nicht geschrieben. »Nein, Sir. Ich habe beschlossen, den Brief nicht zu schreiben.«
Der Rektor zog die Augenbrauen hoch und runzelte gleich darauf die Stirn. »Aber dir ist klar, dass das schwerwiegende Folgen haben wird?«
»Das glaube ich nicht. Jedenfalls nicht für mich. Ich habe mich an einen Anwalt gewandt. Ich werde Ted Carson verklagen.
« Diese Idee war ihm erst gekommen, als er sie aussprach, aber jetzt fand er sie richtig gut. »Ich gehöre zu den besten Schülern dieser Schule, Gushman. Ich bin Mitglied in zwei Schulmannschaften. Ja, das wird Folgen haben, schwerwiegende Folgen, das können Sie mir glauben.«
»›Mr. Gushman‹, John. Es heißt ›Mr. Gushman‹. Ein bisschen mehr Respekt, wenn ich bitten darf.« Die Hände des Rektors ballten sich zu Fäusten, die Knöchel traten weiß hervor. Anscheinend war er ebenfalls ziemlich enttäuscht von Prime. Nun ja, der kleine Farmer hätte vor Gushman vielleicht gekuscht, aber das hatte der neue John Rayburn nicht nötig. Prime wusste Bescheid über die Mitglieder des Schulbeirats, über ihre kleinen dreckigen Geheimnisse. Und auch über die des Bürgermeisters. Keiner konnte ihn aufhalten. Er würde den reinsten Home-Run hinlegen.
»Respekt muss man sich verdienen«, entgegnete Prime.
»Verstehe. Soll ich deine Mutter anrufen oder kommst du so nach Hause?«
»Nach Hause? Warum?«
»Weil deine dreitägige Suspendierung von der Schule in diesem Moment in Kraft tritt.«
Diesen Punkt hatte Prime völlig vergessen. Er zuckte mit den Achseln. Der kleine Johnny hätte sich jetzt bestimmt in die Hosen gemacht, aber ihm war das alles ziemlich egal. »Ich komm klar.«
»Bis Donnerstagmittag hast du dich von der Schule fernzuhalten. Ich werde einen Brief an deine Eltern schreiben. Und ich werde Mr. Jessick mitteilen, dass du nicht mehr an Basketball und Leichtathletik teilnimmst.«
»Was soll’s.«
Gushman stand auf und stützte sich schwer auf den
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