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Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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um die Farm aus sicherer Entfernung im Auge behalten zu können. Während er auf der feuchten Erde kniete, fragte er sich, ob Prime wohl an der gleichen Stelle auf ihn gewartet hatte.
    Als er an sein Vorhaben dachte, stellten sich ihm die Armhärchen auf. Aber war es nicht sein gutes Recht? Man schuldete ihm doch ein Leben, oder? Schließlich war ihm sein eigenes von einem anderen John gestohlen worden. Und er hatte auf ehrliche Weise versucht, sich sein Leben zurückzuholen, hatte alles dafür getan: Versuche angestellt, Nachforschungen betrieben, erniedrigende Gespräche auf sich genommen. Aber das einzige Ergebnis lautete: Er hatte keine Chance, je in sein eigenes Universum zurückzukehren.
    Also musste er mit dem Nächstbesten vorliebnehmen.
    Er würde den John Rayburn dieses Universums reinlegen, so wie Prime ihn reingelegt hatte. Er würde ihm den Mund wässrig machen mit Geschichten von fremden Universen, seine Neugier so weit reizen, bis er nur noch zustimmen konnte. Und wenn dieser Johnny schlauer war als er selbst, wenn er trotz allem nicht wollte, würde er ihn eben zwingen. Notfalls würde John ihm das Gerät mit Gewalt umschnallen und ihn so ins nächste Universum befördern.
    Soll er doch schauen, wie er klarkommt. John hatte es schließlich auch hingekriegt. Soll er sich halt selbst eine neue
Welt, eine neue Heimat suchen. John hatte sich dieses Leben verdient. Er hatte sich immer an die Regeln gehalten, war immer ein guter Junge gewesen, der seine Eltern liebte und am Sonntagmorgen sogar in die Kirche ging!
    Und was war die Belohnung gewesen? Prime hatte ihn herumgeschubst, genauso Professor Wilson, von den bestialischen Katzenhunden ganz zu schweigen. John war die ganze Zeit nur weggelaufen, ohne ein klares Ziel vor Augen zu haben, ohne irgendeinem Ziel näher zu kommen. Damit war jetzt Schluss. Er konnte sich nicht mehr alles gefallen lassen. Es war an der Zeit, sich zurückzuholen, was ihm gehörte.
    Der Wald schimmerte rötlich im Licht des frühen Morgens. In der Ferne sah John, wie seine Mutter die Hintertür des Farmhauses öffnete und auf den Hof trat, einen flachen Korb in der Hand. Sie ging zum Hühnerstall hinüber und begann, Eier einzusammeln. Auch wenn sie noch so weit entfernt gewesen wäre – John hätte sie sofort als seine Mutter erkannt. Natürlich, streng logisch gesehen war sie nicht seine Mutter, aber in seinen Augen würde sie es immer sein. Und das war alles, was zählte.
    Kurz darauf tauchte auch sein Vater auf. In schweren, strapazierfähigen Schuhen und blauem Arbeitsoverall, die Traktor-Kappe auf dem Kopf, ging er hinüber zur Scheune. Dabei machte er einen kleinen Umweg über den Hühnerstall und gab Johns Mutter ein Küsschen auf die Wange. In der Scheune ließ er den Traktor an und fuhr hinaus aufs Feld. In einer Stunde, zum Frühstück, würde er wieder zurück sein. Speck, Eier und Toast würde Johns Mutter dann auftischen, und natürlich heißen Kaffee.
    Kein Zweifel: Das waren seine Eltern. Es war seine Farm, sein Zuhause. Alles war, wie er sich erinnerte. Und er wünschte sich nichts sehnlicher, als in diese vertraute Umgebung zu schlüpfen.

    Oben in seinem Zimmer ging das Licht an: John Rayburn war aufgewacht. Bald würde er rauskommen, um seine Aufgaben auf der Farm zu erledigen. Und tatsächlich, zehn Minuten später ging die Haustür auf und Johns zweites Ich trat ins Freie. Selbst von weitem erkannte er seine alte Jeans, seine braune Jacke.
    John wartete, bis der andere in der Scheune verschwunden war, bevor er schnell übers Kürbisfeld zur hinteren Scheunentür huschte. Die Tür war verschlossen, aber er wusste, dass man sie mit einem leichten Ruck trotzdem aufbekam.
    Die Türklinke in der Hand, hielt John den Atem an und lauschte auf die Geräusche im Inneren. Alles war still. Er musste es wagen. Mit einer schnellen Bewegung hob er die Tür ein Stückchen an und drückte. Der Riegel hielt. Wieder verharrte John in absoluter Stille und horchte. Nichts. Er wagte einen zweiten Versuch, und diesmal schwang die Tür mit einem lauten Krachen nach innen. John duckte sich in die Scheune und versteckte sich zwischen zwei großen Heuballen. Glücklicherweise war es hier drinnen ziemlich dunkel, nur ein schmaler Streifen Licht fiel durch das kleine Fenster.
    »Stan, alter Kumpel, wie geht’s denn so heute Morgen?«
    Die Stimme kam aus der Nähe der Ställe. Der hiesige John, John nannte ihn bei sich mittlerweile John Subprime , fütterte offenbar gerade sein

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