Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe
mehr verdienen. Deshalb hatte er sich den heutigen Tag freigenommen, um die Zahlen nochmals komplett durchzugehen. Es musste eine Lösung geben.
»Ich hab das doch extra schon letzte Woche angekündigt«, sagte Casey.
»Herrgott nochmal, ich kann nicht gleichzeitig arbeiten und auf Abby aufpassen!«
»Das nennst du Arbeit? Soll das heißen, dass du dafür bezahlt wirst?« Angewidert deutete Casey mit dem Finger auf den dicken Ordner, in dem der Schriftwechsel über das monatelange Verfahren abgeheftet war.
Wut brandete in Prime auf. Hätte er das zappelnde Baby nicht auf dem Arm gehabt, wäre er jetzt aufgestanden und
hätte Casey ins Gesicht geschrien. So musste er sich auf ein gedämpftes Fauchen beschränken. »Warum bist du so? Warum unterstützt du mich nicht? Das hier ist unsere beschissene Zukunft!«
Casey stieß ein bitteres Lachen aus. »Du sagst es. Beschissen.«
»Mein Gott, hier geht’s um Millionen! Kannst du dir denn überhaupt nicht vorstellen, was das für uns bedeuten würde?«
»Jetzt bleib mal auf dem Teppich. Du hast da eine schöne Idee geklaut, aber jetzt haben sie dich erwischt, und du musst schauen, dass du noch was abbekommst. Das ist doch die reinste Zeitverschwendung.«
»Nein, das ist mein Ding! Das ist meine Zukunft!«, schrie Prime. Sofort schob Abby die Lippe vor und stimmte in sein Gebrüll ein.
Resigniert ließ Casey die Hände sinken. »Also gut. Fläschchen sind im Kühlschrank, Windeln unter der Wiege. Und ich bin weg.« Sie drehte sich um und ging zur Tür.
»Wie lange wird das dauern?«, rief John ihr hinterher.
»Keine Ahnung.«
»Ich muss das aber wissen!«
»Na ja. Mittagessen, danach ein bisschen Shopping. Wahrscheinlich ein paar Stunden. Bis zum Abendessen bin ich wohl wieder da.«
»Das will ich hoffen.«
»Und was, wenn ich nicht wieder da bin?« Casey knallte die Tür hinter sich zu.
Mit der quiekenden Abby auf der Schulter versuchte Prime, den widerspenstigen Türknopf einhändig umzudrehen. Als er die Tür endlich aufbekam, hatte Casey die Treppe schon hinter sich gelassen. Er hörte nur noch, wie die Haustür ins Schloss fiel. Aus dem vorderen Fenster sah Prime zu, wie Casey in den Trans Am stieg und rückwärts aus der Einfahrt
setzte, die sie mit drei anderen Parteien teilten. Wütend, wie er war, konnte er die heulende Abby kaum beruhigen. Warum verstand Casey ihn nicht? Warum half sie ihm nicht? Als ob das alles völlig unwichtig wäre! Als ob dieses Projekt nicht das Einzige darstellte, was dieses erbärmliche Leben halbwegs erträglich machte!
Wenn er nur das Gerät noch hätte …
Der Trans Am beschleunigte und verschwand um die nächste Ecke. Prime drehte sich vom Fenster weg und gleich wieder zurück. Ein Auto, das auf der gegenüberliegenden Straßenseite parkte, war ihm aufgefallen. Während er noch darüber nachdachte, ob er den Wagen hier schon einmal gesehen hatte, blickte der Fahrer auf und fixierte ihn eine Sekunde lang, bevor er das Auto in zwei Zügen wendete und in dieselbe Richtung davonraste wie Casey.
Für einen Moment hätte Prime schwören können, dass Ted Carson in dem Auto gesessen hatte. Er schüttelte den Kopf. Jetzt spielte ihm auch schon sein Unterbewusstsein Streiche.
Sechs Uhr, und Casey war noch immer nicht zurück. Mit dem schlafenden Baby auf der Brust rief Prime seine Schwiegermutter an.
»Oh, Casey ist schon vor zwei Stunden gefahren«, sagte Mrs. Nicholson.
»Weißt du, wo sie hinwollte? Ich warte jetzt schon eine ganze Weile.«
»Nein, hat sie nicht erwähnt. Ist das vielleicht die kleine Abby, die ich da höre?«
»Nein. Sie schläft.«
»Ach, wie schön. Ich fand es ja so schade, dass Casey die Kleine nicht zum Mittagessen mitgebracht hat. Dabei wär das doch so nett gewesen – wir drei Mädels unter uns!«
Prime biss sich auf die Zunge. »Ja. Jammerschade.«
»Ich komm morgen mal vorbei. Ich hab Abby ein neues Kleidchen gekauft, und ich muss einfach wissen, wie sie darin aussieht. Lila steht ihr doch, oder?«
»Sicher. Und wenn sich Casey meldet, sag ihr, dass sie mich anrufen soll, okay?«
»Mach ich. Tschüss!«
Prime legte auf und blickte aus dem Fenster: Mittlerweile lagen tiefe Schatten über der Straße. Und keine Spur von Casey. Sie hatte versprochen, bald nach dem Mittagessen heimzukommen. Jetzt war es schon Abend, und er hatte den ganzen Tag lang rein gar nichts geschafft. Er hätte sich überhaupt nicht mit dieser Casey einlassen sollen. Da draußen gab es bessere, deutlich
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