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Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe

Titel: Die Mauern des Universums - Melko, P: Mauern des Universums - The Walls of the Universe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Melko
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Blut. Erschöpft lehnte er sich gegen die Tür und starrte auf die Leiche. Als er einen Schlüssel im Schloss hörte, fuhr er zusammen.
    Casey war wieder da.
    »Wo ist Abby?«, fragte er.
    »Bei meiner Mutter.«
    »Hat sie sich nicht gewundert, dass sie mitten in der Nacht auf Abby aufpassen soll?«
    »Wie Mütter halt so sind.« Sie zuckte mit den Schultern. »Sie tun, was getan werden muss, und dann nerven sie ihre Töchter den ganzen nächsten Monat damit.«
    Auf dem Tisch stellte Casey eine schwere Tüte von Hoffman’s ab, die einen neuen blauen Duschvorhang und starke Putzmittel enthielt. Hoffman’s, der neue Mega-Supermarkt, hatte erst vor sechs Monaten in der Nähe der Interstate aufgemacht – ein Glück, denn keiner der hiesigen Läden, die sich so über die Neueröffnung aufgeregt hatten, war rund um die Uhr geöffnet.

    Kaum war sie die Tüte los, drückte sie ihm die Autoschlüssel in die Hand, Carsons Autoschlüssel. »Geh sein Auto suchen. Fahr es in unsere Einfahrt, den Kofferraum dicht an die Haustür.«
    Er nickte. Der Schlüsselbund wog schwer in seiner Hand. An dem Ring befanden sich zwei Schlüssel für einen Hewitt, ein gewöhnlicher Hausschlüssel und ein Stück poliertes Metall mit der stolzen Aufschrift »Hengst«. Ein Hewitt also; keine andere Marke war so verbreitet in diesem Universum, und natürlich musste Carson ausgerechnet so einen Wagen fahren. Noch dazu hatte das Auto offenbar keine Zentralverriegelung mit Fernbedienung.
    Unten angekommen, blickte Prime sich nach links und rechts um. An beiden Straßenseiten parkten Dutzende Autos. Wie zu erwarten waren darunter zahlreiche Hewitts: Trojans, Tempos und Zeros, die billigsten halbwegs straßentauglichen Fahrzeuge.
    Auf gut Glück probierte er es mit dem Hewitt, der direkt vor der Haustür stand. Kein Erfolg. Beim nächsten gelang es ihm, den Schlüssel ins Schloss zu stecken, aber als er versuchte, ihn umzudrehen, zerrte er sich vor lauter Eifer nur das Handgelenk. Noch während er fluchte, sah er zwei Straßen weiter ein Auto vorbeifahren, einen Streifenwagen, wie er auf den zweiten Blick feststellte. Hatte der Fahrer etwa in seine Richtung geschaut? War ihm der merkwürdige Typ aufgefallen, der versuchte, einen Wagen nach dem anderen aufzusperren? Würde der Polizist hierher kommen, um sich die Sache genauer anzuschauen? Prime begriff, dass sein bisheriges Vorgehen viel zu auffällig gewesen war.
    Aber woher sollte er wissen, welches Auto Carson gehörte? Langsam lief er die Straße hinunter und wieder zurück. Beim zweiten Mal bemerkte er einen Aufkleber an einem Auto, der zum Parken auf dem General-Electric-Gelände berechtigte; genauso einen Aufkleber trug auch sein
eigener Wagen. Er ging hinüber, steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn um. Als die Tür sich öffnete, zuckte er unwillkürlich zurück: In der Luft lag ein penetranter Schimmelgeruch. Auf dem Beifahrersitz stapelten sich mehrere leere Bierdosen. Das Wageninnere wirkte schäbig und zerschlissen, vom Armaturenbrett blätterte bereits die Farbe ab. Er hoffte nur, dass diese Schrottlaube überhaupt ansprang.
    Widerwillig nahm er auf dem verdreckten Fahrersitz Platz und versuchte, den Motor anzulassen. Ein kurzes Röcheln, dann nichts mehr. Prime drehte den Schlüssel wieder zurück und nahm den Fuß vom Gas. Nur langsam, sonst würde er ihm gleich nochmal absaufen.
    Ein zweiter Versuch. Nichts.
    Beim dritten Versuch erwachte das Auto mit einem lauten Rumpeln zum Leben. Für einen neuen Auspuff hatte Carson anscheinend das Geld gefehlt.
    Prime legte den Gang ein. Als er den Schalthebel losließ, wurde ihm klar, dass das seine Gelegenheit war: Er konnte fliehen. Noch konnte er einfach weglaufen und dieses ganze verkorkste Leben hinter sich lassen. Zwar hatte er das Gerät nicht mehr, aber er wusste, wie man sich eine neue Identität verschaffte. Es war die einfachste Möglichkeit, Casey, Abby und Carsons Leiche loszuwerden. Einfach abhauen.
    Vorsichtig trat Prime aufs Gaspedal und lenkte den Wagen rückwärts in die Einfahrt vor dem Wohnblock, bis der Kofferraum direkt auf den Gehsteig vor der Haustür mündete. Dann rannte er die Treppe hinauf, ohne weiter nachzudenken.
    Casey stand schon in der Tür, über die in den Duschvorhang gewickelte Leiche gebeugt. »Nimm seine Füße«, befahl sie, trat auf den Gang hinaus und lauschte. Aber es war kein Laut zu hören, hinter den Türen der Wohnungsnachbarn tat sich nichts. Casey nickte entschlossen. »Die Luft ist

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