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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Moscheen zu Kirchen und Kathedralen geweiht und sich ihre Paläste angeeignet hatten und die Kunstfertigkeit ihrer Architekten ohnehin weit hinter der der Mauren zurückstand, nein, auch in der Medizin, der Astrologie, der Kunst und selbst beim Essen profitierten die Kastilier vom Können und Wissen der Mauren. Ursprünglich kam diese Suppe aus ihrem Land. Die Mauren bereiteten die Suppe mit Brot, Knoblauch, Olivenöl, Essig, Salz und Wasser; die Kastilier ergänzten lediglich noch Zwiebeln und Gurken.
    Als nächster Gang wurde geschmorter Gänsebraten serviert. Schon der bloße Geruch versetzte Zahras Magen in Aufruhr, aber Ahmed wollte unbedingt davon essen, so dass sie ihm den Braten in kleine Stücke schneiden und ihn füttern musste. Bei jedem Bissen, den sie Ahmed reichte, stieg Saures aus Zahras Magen hoch. Auch den Geruch der folgenden Speisen ertrug sie kaum. Lediglich von den leichten Desserts, die zum Nachtisch gereicht wurden, gelang es ihr, noch ein paar Löffel zu essen, woraufhin Torquemada endlich seinen inquisitorischen Blick von ihr nahm.
    Nach dem Essen hoffte Zahra, sich mit Ahmed zurückziehen zu können, doch dann teilte ihr ein Diener mit, dass Torquemada Ahmed zu sehen wünsche. Sofort schoss Ahmed von seinem Stuhl hoch und rannte zu seinem »Onkel«.
    Der zog Ahmed auf seinen Schoß, bat die Anwesenden um einen Moment Gehör und ließ Ahmed das Paternoster rezitieren:
»Pater noster, qui es in caelis, sanctificetur nomen tuum, adveniat regnum tuum. Fiat voluntas tua, sicut in caelo et in terra. Panem nostrum cotidianum da nobis hodie. Et dimitte nobis debita nostra sicut et nos dimittimus debitoribus nostris. Et ne nos inducas in tentationem sed libera nos a malo. Amen.«
    Von allen Seiten erhob sich Beifall. »So werden wir wenigstens einen dieser Wilden zu einem gottesfürchtigen Menschen erziehen können«, rief ein Ritter begeistert, woraufhin erneut applaudiert wurde.
    Ihre Ohnmacht und ihr Ausgeliefertsein stachen Zahra wie mit tausend Nadeln. Sie hatte genug von allem: von Torquemada, der Ahmed wie einen dressierten Affen vorführte, von ihrer Übelkeit, von den selbstgefälligen Siegesreden der Christen … Sie bat einen Diener, Torquemada auszurichten, dass sie kurz an die frische Luft gehe, und eilte mit wehendem Kleid aus dem Saal.
     
    Zahra hatte die Halle vor dem Festsaal noch nicht durchschritten, als jemand leise ihren Namen rief. Sie wandte sich um. Miguel war ihr nachgeeilt und zog sie, sich immer wieder umblickend, in einen Raum, der normalerweise als Wartezimmer diente. »Hier sollten wir ein paar Minuten ungestört sein«, meinte er, schloss die Tür und maß Zahra mit einem langen, prüfenden Blick. »Sehr wohl seht Ihr aber nicht aus.«
    Zahra sank auf einen der Stühle und winkte ab. »Es geht schon wieder.«
    Tatsächlich fühlte sie sich jetzt, da sie den vollen Saal mit seinen Essensgerüchen verlassen hatte, um einiges besser. »Aber erzählt: Wie geht es Euch und Hayat?«
    »Hervorragend!« Miguel strahlte auf. »Übrigens ist Hayat ganz in Eurer Nähe!«
    »Hayat ist hier?« Aufgeregt sprang Zahra auf, aber Miguel beschwichtigte sie lächelnd: »Nein, nicht im Palast, aber in der Stadt!«
    »Hayat ist in der Stadt …« Zahra presste sich die Hände vor den Mund. »Mein Gott, wie gern ich sie sehen würde!«
    »Das werden wir sicher arrangieren können. Wann könnt Ihr den Palast verlassen?«
    »Eigentlich gar nicht.« Zahra zuckte mit den Achseln. »Bisher war ich erst ein einziges Mal in der Stadt, und das bei einer Art Zwangsführung mit Torquemada.«
    »Oh«, machte Miguel und kratzte sich an der Stirn. »Und der Park? Dürft Ihr wenigstens in die Gärten?«
    »Das schon, aber wie wollt Ihr Hayat hier einschleusen?«
    »Das lasst nur meine Sorge sein!« Miguel nickte ihr zu. »Seit Hayat von Eurer Freundin Amina erfahren hat, dass Ihr hier seid, lässt sie mir keine Ruhe mehr, dass sie Euch sehen muss, und ganz sicher bekomme ich sie nicht eher wieder aus der Stadt!« Er zwinkerte ihr zu.
    »Haben wir …« Zahra musste schlucken. »Haben wir Zahara tatsächlich wieder verloren?«
    Miguel nickte.
    »Genau, wie es uns der Santon vorausgesagt hat«, presste Zahra hervor. »Zaharas Trümmer werden auf unsere Häupter fallen, das Ende unseres Reiches ist nah …« Ihr brach die Stimme.
    »Ach, dieser Santon!« Miguel machte eine wegwerfende Handbewegung. »Hayat hat mir auch davon erzählt, aber das ist doch blanker Aberglaube. Die Eroberung einer einzigen

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