Die Maurin
nickte ihnen zu. »Es stimmt. Die Schlampe trägt ein Kind. Wird aber noch etliche Monate dauern, bis es geboren wird.«
»Ich werde die Wartezeit nutzen, um mir ein paar besonders hübsche Foltermethoden für dich auszudenken«, versprach der Folterknecht Zahra mit blitzenden Augen. Der Büttel lachte und brachte Zahra zurück in den Kerker.
»Und glaub bloß nicht, einer Hochverräterin wie dir würde man ihr Kind auch nur länger als eine Stunde nach der Geburt lassen!«, rief der Folterknecht ihr noch nach.
In den folgenden Nächten schrak Zahra immer wieder aus dem gleichen Alptraum hoch: Die Hebamme schnallte sie auf dem Streckbett fest und spannte die Seile, bis ihr Leib in zwei Teile zerriss. Mit keckerndem Gelächter zerrte sie ihr Kind aus dem Bauch. Auch tagsüber musste Zahra pausenlos an den Tag denken, an dem die Christen ihr das Kind wegnehmen würden. Trotz ihrer Furcht wuchs ihr Bauch beständig weiter, und die Bewegungen des Ungeborenen waren bald so kraftvoll, dass sich dabei bisweilen ihr Kleid anhob. Conchita bemerkte dies als Erste, und als sie über Zahras Bauch strich, um die Kindsbewegungen zu fühlen, und sich auf ihrem Gesicht ein verzücktes Lächeln ausbreitete, rückten auch die anderen Frauen näher, um die Tritte des Babys zu ertasten. Von nun an war Zahra eine von ihnen, und als ihr ein paar Tage später eine feingliedrige
conversa,
die kaum älter als Zahra war, ein paar Bissen von ihrem kargen Essen zusteckte, taten es ihr andere nach.
Am nächsten Morgen beobachtete eine der Frauen, wie Zahra das Brustteil ihres Kleides zu dehnen versuchte. Ihre Brust hatte beachtlich an Umfang zugenommen, so dass sie in dem enggeschneiderten Oberteil kaum noch Luft bekam. »Wenn du willst, können wir unsere Kleider tauschen«, bot sie Zahra an und hob ihr sackartig an ihr herunterhängendes Kleid. »Als ich in den Kerker kam, war ich so rund wie ein Fass, jetzt ertrinke ich in dem Ding fast. Ich weiß, es ist nur ein schlichtes Baumwollkleid, wie wir Bauern es eben tragen, aber es würde dir bestimmt bis zur Geburt passen!«
Zahra nickte dankbar. Nachdem sie ihre Kleider getauscht hatten, herrschte eine seltsame Ausgelassenheit unter den Frauen. Sie applaudierten, als führten Zahra und die Bäuerin die neusten Modelle aus den edelsten Stoffen vor, lachten und scherzten und wollten fühlen, wie viel Platz das Kind in dem Kleid hatte. Zahra ließ sie ihren Bauch befühlen und spürte, dass auch für diese Frauen hier mit einem Mal nur noch eines zählte: dass ihr Kind gesund zur Welt kam, dass sie seinen ersten Schrei hören durften, es ein Mal in den Armen hielten – wenigstens das wollten sie noch erleben. Ja, sie alle hatten diesen Traum – wissend, dass es für die meisten von ihnen der letzte war, den sie träumen durften.
»Don Gonzalo, wartet! Ich habe etwas für Euch!«
Gonzalo wandte sich um. Der Bote reichte ihm einen Brief. Auf den ersten Blick erkannte Gonzalo das Siegel seiner Königin. Er steckte dem Boten eine Münze zu und begann zu lesen. Ohne weitere Erklärung befahl Isabel ihm und Jaime, sich zurück nach Córdoba zu begeben.
»Na endlich«, brummte Gonzalo und machte sich gleich auf, um die frohe Kunde seinem Bruder mitzuteilen. Als Jaime ihn kommen sah, kniff er die Augen zusammen. »Was willst du? Du weißt genau, dass ich kein Wort mehr mit dir rede, ehe du nicht von diesem hirnverbrannten Ehedispens abrückst!«
»Vielleicht wird dich das hier umstimmen!« Er zeigte ihm Isabels Brief. »Im Gegensatz zu dir scheint sie mir vergeben zu können!«
Jaime riss ihm das Schreiben aus der Hand. Seine Miene blieb unverändert grimmig. »Da steht lediglich, dass wir zurückkommen sollen. An deiner Stelle würde ich eher mit meiner Einkerkerung als mit ihrer Vergebung rechnen!«
»Das könnte dir so passen!«, fuhr Gonzalo ihn an und ärgerte sich, weil ihn Jaimes Worte verunsicherten. Er trat gegen einen Stein und folgte seinem Bruder zu ihrer Unterkunft, um zu packen.
Sofort nach ihrer Ankunft in Córdoba meldete sich Gonzalo im Palast. Die Palastwache schüttelte den Kopf. »Die Königin wird erst in ein paar Wochen zurückerwartet. Sie begleitet ihren Gemahl auf einem Eroberungsfeldzug.«
Gonzalo stülpte die Lippen und nickte. So würde er also noch weiter mit der Ungewissheit leben müssen.
Es war früher Nachmittag. In der Hoffnung, Zahra im Park anzutreffen, machte er sich auf den Weg dorthin, konnte sie aber nirgends finden. In der Eingangshalle
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