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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Jaime sank gegen die Wand, um sein verletztes Bein zu entlasten. »Ich weiß nicht, was wird, Zahra, niemand weiß das. Dordur hat noch gestern Abend mit den Christen über die Bewohner der Stadt verhandelt, aber Isabel hat alle seine Vorschläge abgelehnt, und das selbst dann noch, als Ali Dordur ihr gedroht hat, alle eintausendfünfhundert christlichen Gefangenen der Stadt zu erhängen.«
    Zahra presste die Lippen zusammen.
    »Isabel wirft ihm vor«, fuhr Jaime fort, »dass die Mauren von Málaga in ihren Reihen zu viele Tote hinterlassen haben, als dass sie ihnen Gnade angedeihen lassen könne. Außerdem will sie ein Exempel für die maurischen Orte statuieren, die sie in Zukunft noch erobern will.«
    »Hat Dordur auch für sich selbst nichts erreichen können?«
    Jaime stieß einen Schwall Luft aus. »Doch. Bei seinem zweiten Gespräch heute. Er und vierzig andere, von ihm auszuwählende Familien können sich gegen die Zahlung einer gigantischen Geldsumme freikaufen. Du kannst dir sicher vorstellen, dass wir nicht zu ihnen gehören.«
    »Und wir, wir werden alle versklavt?«, fragte Zahra mit entsetztem Blick auf ihre schlafenden Kinder.
    »Isabel hat Dordur in diesem zweiten Gespräch in Aussicht gestellt, dass sich auch die anderen Einwohner Málagas freikaufen könnten – für dreißig Dobla pro Kopf. Allerdings muss das Lösegeld für alle aufgebracht werden – und das binnen acht Monaten. Und bis dahin sind wir Gefangene.«
    Zahra lachte bitter auf. »Dreißig Dobla pro Kopf? Für jeden Kaufmann, jedes Kind, jede Alte, jeden Bettler?« Ihr brach die Stimme.
    »Immerhin würde Isabel gestatten, dass ein paar Mauren im Land herumreisen, um die Lösegeldsumme zusammenzubringen. Dordur will sich nach Granada wenden und von dort aus auch Boten zu euren afrikanischen Bruderländern schicken.«
    »Mein Vater hat Fernando immer als gerissenen Hund bezeichnet …« Zahra fuhr sich mit einer fahrigen Handbewegung über die Stirn. Als sie weitersprach, war ihre Stimme heiser. »Was für ein genialer Plan! Angesichts der sicheren Versklavung würde ein jeder hier sein Hab und Gut vergraben oder ins Meer werfen, nur damit die Christen es nicht bekommen. Jetzt aber werden alle noch den kleinsten Edelstein und die niederste Goldmünze brav abliefern – und wenn wir später doch nicht die gesamte Lösegeldsumme aufbringen können, reibt sich Fernando die Hände. Dann hat er sowohl unsere Anzahlung als auch das Recht, uns alle als Sklaven zu verkaufen – und kann sich darüber hinaus als Wohltäter preisen, weil er uns immerhin die Möglichkeit gegeben hat, das Ärgste abzuwenden!«
    »Ich weiß. Aber immerhin verschafft uns das einen Aufschub.«
    Zahra nickte. »Wer wird nach Granada reisen?«
    »Vertraute Dordurs. Mich wollte er nicht akzeptieren, weil ich kein Maure bin.« Jaime hob die Augenbrauen. »Ehrlich gesagt, kann ich ihm das noch nicht einmal verdenken. Wenn sich mir die Gelegenheit böte, würde ich in der Tat all die Menschen hier ohne mit der Wimper zu zucken opfern – Hauptsache, ich bekäme euch hier lebend heraus!«
    Zahra griff nach seiner Hand und drückte sie an ihre Wange. Im gleichen Moment klopfte es an die Tür. Zainab trat mit einem großen Laib Brot ein. »Die Christen verkaufen uns Nahrung. Nimm schnell, ich weiß nicht, wie lange Ibrahim weg sein wird!« – und schon war sie wieder draußen.
    Jaime hob das Brot hoch und verzog das Gesicht. »Welch Ironie des Schicksals: Jetzt laben sich die Mauren tatsächlich am Proviant der Christen – nur sind die Umstände andere, als euer Santon vorhergesagt hat …«
    Er brach Zahra und den Kindern große Stücke ab. Erst nach einigem Zögern griff Zahra zu. Während sie in das Brot biss, schloss sie die Augen und meinte, noch nie so süßes und zugleich so bitteres Brot gegessen zu haben.
     
    Als das erste Licht des Tages in ihr Zimmer blinzelte, wachte Zahra mit dem Gefühl auf, die ganze Nacht im Traum gegrübelt zu haben. Sie blieb einen Moment lang ruhig liegen und besann sich. Die Christen verkaufen Brot … Was war ihr weiter durch den Kopf gegangen? Sie legte die Hand auf Jaimes Arm.
    »Was ist?«
    »Jaime, ich weiß jetzt, wie wir hier rauskommen könnten. Wie viel Geld hast du noch?«
    Jaime setzte sich auf und rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Nicht viel«, brummte er. »Warum?«
    Kaum hatte Zahra ihm ihren Plan auseinandergesetzt, sprang Jaime in seine Kleider und machte sich auf den Weg.
    Er fand schnell heraus, dass der

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