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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Korte
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Provianthandel mit den Christen einem gewissen Murtada unterstand und entdeckte ihn bei den Wagen, die für den heutigen Transport bereitstanden. Jaime zog ihn beiseite und schlug ihm das Geschäft vor, das sich Zahra ausgedacht hatte.
    »Und Ihr meint wirklich, die Christen gäben Euch nur deswegen mehr Korn, weil Ihr Kastilier seid?«, fragte der Mann mit gierig aufblitzenden Augen. »Und mir gebt Ihr einen ganzen Sack Getreide ab?«
    »Nicht weil ich Kastilier bin, sondern weil ich die Zuständigen kenne, bekomme ich mehr!«, verbesserte ihn Jaime und bemühte sich, weiter eine gleichmütige Miene zur Schau zu tragen. »Aber wenn Euch das nicht interessiert …« Er tat so, als wolle er wieder gehen.
    »Nicht so schnell, wartet doch!« Murtada blickte zwischen den Wagen, den Fahrern und Jaime hin und her und winkte schließlich einem von ihnen zu. »Du fährst heute nicht. Jetzt soll der hier fahren!« Jaime raunte er zu: »Aber wehe, du hintergehst mich!«
    Ein paar Straßenzüge weiter passierte Jaime die christlichen Grenzwachen. Er hoffte, dass ihn in der maurischen Kleidung niemand von ihnen erkannte – und dass er unter den christlichen Soldaten im Lager auf wenigstens ein bekanntes und ihm wohlgesinntes Gesicht traf. Anders als Zahra war ihm klar, dass es nicht ausreichte, sie und die Kinder aus der Stadt zu schaffen. Sie brauchten Hilfe, um weiterzukommen. Er fuhr zu der angewiesenen Stelle, gab dem Soldaten seinen Proviantschein und zusätzlich etliche Goldmünzen, damit er ihm einen weiteren Sack Getreide auflud. Der Soldat blickte sich hastig um, grinste, steckte die Münzen ein und lud Jaime auf, worum er ihn gebeten hatte, während sich dieser weiter intensiv unter den christlichen Soldaten umsah. Endlich entdeckte er zwar kein ihm wohlgesinntes, aber zumindest ein ihm bekanntes Gesicht – das seines Bruders.
    Gonzalo bemerkte ihn im gleichen Moment. Zuerst schien er erleichtert, dann verdüsterte sich seine Miene, und er wandte sich ab. Jaime hielt ihn zurück. »Gonzalo, bitte, nur auf ein Wort!«
    Gonzalo wischte die Hand von seinem Arm, als sei sie eine lästige Fliege. »Was willst du?«
    »Mir ist schon klar, dass du meine Wohnung in Córdoba nur deswegen für mich verkauft hast, damit Zahra keine Not zu leiden hat, und mich ohne sie seelenruhig hättest verrecken lassen, aber auch jetzt geht es um Zahra – und um unsere Kinder!«
    »So habt Ihr also noch ein Kind gezeugt …« Gonzalo verzog das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen. Er straffte sich. »Ich wusste, dass ihr da drüben seid. Vor ein paar Tagen habe ich dich oben von den Wällen schießen sehen. Du hättest auch mich treffen können …«
    »Das passiert, wenn man im Krieg auf verschiedenen Seiten steht«, gab Jaime zurück. »Es gab Zeiten, da warst du auf Seiten der Mauren!«
    Gonzalo winkte ab. »Außerdem hätte ich dich auch ohne Zahra nicht vor die Hunde gehen lassen«, brummte er und sah seinen Bruder direkt an. »Trotzdem könnte ich dich für das, was du getan hast, umbringen!«
    »Gonzalo, hilfst du uns?«, fragte Jaime noch einmal.
    »Wie stellst du dir das vor? Die Ein- und Ausgänge Málagas werden besser bewacht als die Krone der Königin!«
    Jaime sah sich nach allen Seiten um, doch niemand schien sie zu belauschen. »Ich kann Zahra und die Kinder aus Málaga herausbringen, aber ich weiß nicht, wie wir dann von hier wegkommen sollen, und überdies habe ich kaum noch Geld, weil ich, solange es möglich war, horrende Preise für Nahrung gezahlt habe. Bitte, Gonzalo, borg mir etwas Geld und besorg uns christliche Kleider und Pferde!«
    »Geld könnte ich dir geben, aber Kleider und Pferde?« Gonzalo schüttelte den Kopf, doch plötzlich hielt er inne. »Moment, vielleicht gäbe es da eine Möglichkeit! Raschid ist gerade hier, weil er Isabel eine Nachricht von Boabdil überbracht …«
    »Zahras Bruder?«, fiel Jaime ihm ins Wort. »Der wird Zahra eher niederstechen, als ihr zu helfen!«
    Gonzalo schüttelte den Kopf. »Auch Hayat hat er nicht getötet, obwohl sie mit einem Christen zusammenlebt. Der Krieg hat uns alle verändert. Komm, ich führe dich zu ihm.«
     
    Als Jaime Murtada seinen Sack Getreide vor die Füße stellte, zwinkerte dieser ihm zu und versicherte ihm, dass er auch eine der morgigen Fuhren übernehmen könne. Jaime nickte und eilte sogleich zu Zahra, die ihn sehnlichst erwartete. Ihre Kinder saßen Brot kauend auf dem Boden.
    »Raschid will uns helfen? Mein Bruder Raschid?«,

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