Die Mausefalle
kam her und zeigte eine falsche Visitenkarte vor und eine von Inspektor Japps Dienstkarten. Ich sagte, ich sei auf Empfehlung von Scotland Yard gekommen, um auf Wunsch von Mr Lavington einbruchsichere Befestigungen anzubringen, während er verreist sei. Die Haushälterin begrüßte dies begeistert. Offenbar haben vor Kurzem zwei Einbruchsversuche stattgefunden – unsere kleine Idee ist wohl auch anderen Kunden von Mr Lavington eingefallen –, aber es ist nichts Wertvolles verschwunden. Ich überprüfte alle Fenster, traf meine kleinen Vorbereitungen, verbot dem Personal, vor morgen die Fenster zu berühren, da sie unter Strom stünden, und zog mich mit Dank zurück.«
»Wirklich, Poirot, Sie sind wunderbar!«
» Mon ami, es war ganz einfach. Jetzt an die Arbeit: Das Personal schläft unterm Dach, wir werden es also kaum stören.«
»Ich vermute, der Safe ist irgendwo in eine Wand eingelassen?«
»Wieso Safe? Unsinn! Mr Lavington ist ein intelligenter Mann. Sie werden sehen, dass er sich ein viel schlaueres Versteck ausgedacht hat. Ein Safe ist das Erste, wonach jeder sucht.«
Dann begannen wir mit einer systematischen Durchsuchung aller Räume. Aber auch nach mehreren Stunden hatten wir noch keinen Erfolg. Ich sah Anzeichen von Ärger auf Poirots Gesicht.
»Ah, sapristi, soll sich Hercule Poirot geschlagen geben? Niemals! Nur ganz ruhig, wir wollen mal überlegen und unsere Schlüsse ziehen. Lassen wir – enfin! – unsere kleinen grauen Zellen arbeiten!«
Er schwieg einige Augenblicke und dachte mit zusammengezogenen Augenbrauen heftig nach. Dann stahl sich das grüne Leuchten, das ich so gut kannte, in seine Augen.
»Ich war ein Idiot! Die Küche!«
»Die Küche!«, rief ich. »Aber das ist unmöglich. Wegen des Personals.«
»Stimmt. So würden neunundneunzig von hundert Leuten denken. Und aus genau diesem Grund ist die Küche der ideale Ort. Sie ist voller vertrauter Gegenstände. En avant, in die Küche!«
Ich folgte ihm sehr skeptisch und beobachtete, wie er in Brotbüchsen tauchte, Pfannen beklopfte und den Kopf in den Backofen steckte. Schließlich kehrte ich des Beobachtens müde ins Wohnzimmer zurück. Ich war überzeugt, dass wir dort und nur dort das Versteck finden würden. Ich suchte eine weitere Minute, stellte fest, dass es Viertel nach vier war und bald der Tag anbrechen würde, und ging wieder in die Küche zurück.
Zu meinem größten Erstaunen stand Poirot jetzt mitten in der Kohlenkiste, wodurch sein schöner leichter Anzug völlig ruiniert war. Er verzog das Gesicht.
»Nun ja, mein Freund, es ist ganz gegen meine Natur, mich so schmutzig zu machen, aber was wollen Sie?«
»Lavington kann ihn doch nicht in der Kohle vergraben haben?«
»Wenn Sie Ihre Augen benützten, würden Sie merken, dass ich nicht die Kohle durchsuche.«
Dann sah ich, dass auf einem Regal hinter der Kohlenkiste einige Holzscheite aufeinandergeschichtet waren. Poirot nahm sie vorsichtig einzeln herunter. Plötzlich rief er: »Ihr Messer, Hastings!«
Ich reichte es ihm. Er schien es in das Holz zu treiben, denn plötzlich teilte sich das Scheit in zwei Hälften. In der Mitte war es ausgehöhlt. Poirot holte eine kleine Holzschatulle chinesischer Herkunft heraus.
»Gut gemacht!«, rief ich hingerissen.
»Sachte, Hastings! Sprechen Sie nicht zu laut. Kommen Sie, wir verschwinden, bevor uns das Tageslicht einholt.« Er ließ das Kästchen in die Tasche gleiten, stieg leichtfüßig aus der Kohlenkiste und reinigte sich, so gut es ging. Dann verließen wir das Haus auf die gleiche Art, wie wir gekommen waren, und gingen eilig in Richtung London davon.
»Aber was für ein riskantes Versteck!«, rief ich. »Jeder hätte mit dem Scheit Feuer machen können.«
»Jetzt, im Juli, Hastings? Und es lag zuunterst im Holzstoß – ein geniales Versteck. Ah, da ist ein Taxi! Jetzt nachhause, dann ein Bad und ein erholsamer Schlaf.«
Nach der aufregenden Nacht schlief ich lange. Als ich schließlich gegen ein Uhr ins Wohnzimmer kam, saß Poirot zu meiner Überraschung gelassen in einem Sessel, die chinesische Schatulle offen neben sich, und las den Brief.
Er lächelte mir freundlich zu und wies auf den Brief in seiner Hand.
»Sie hatten Recht, Lady Millicent. Der Herzog hätte ihr diesen Brief nie verziehen! Er enthält einige der außergewöhnlichsten Liebesbeteuerungen, die ich je gelesen habe.«
»Wirklich, Poirot«, sagte ich etwas angewidert, »ich finde, dass Sie den Brief nicht hätten lesen dürfen. Das
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