Die Maya-Midgard-Mission
Wasser vollgesogen, da das Schiff dauernd von Wellen überschwemmt wurde.
Ich setzte mich am Heck hin, eingewickelt in meinen Talar, einem Affen ähnlich, um die Mitte mit einem starken Tau an der Beata fes tgebunden, damit ich nicht über Bord geschwemmt werden konnte. Unsere Mannschaft befolgte alle Befehle mit vorbildlichem Gehorsam und arbeitete nach besten Kräften. In der See schien die Hölle los zu sein, und die Nacht war so dunkel, dass ich außer während der Blitze nichts sehen konnte. Allerdings kamen die Blitze in so rascher Folge, dass ich doch alles wahrnahm, was die Mannschaft tat. Kapitän Daniel gab mir eine Flasche Rum, und ich nahm einen guten Schluck davon. Dieser Trunk, auf den ich nie großen Wert gelegt hatte, war hier doch sehr willkommen und wärmte mich auf, da ich halb erfroren war und es keinen trockenen Faden mehr an meinem Körper gab.
Um etwa vier Uhr morgens begann es zu regnen, und gleichze itig legte sich der Wind ein wenig. Bei Tagesanbruch schrie der Ausguck: »Land zur Linken!« – und ein paar Minuten später sahen wir es auch; und dazu noch ein Schiff, das an Land geschleudert worden war. Nun begann die Diskussion unter unseren Leuten: Einige meinten, es handele sich hier um eine Stelle, die noch nie entdeckt worden sei, während der Kapitän und der Lotse behaupteten, dass es das kleine Matin-Eiland sei. In der Tat war es Matin, das etwa einhundert Meilen luvwärts von Barbados liegt. Es schien uns unmöglich, diese Reise innerhalb von zehn Stunden gemacht zu haben.
Um sieben Uhr früh warfen wir etwa eineinhalb Meilen windwärts von dem Schiffswrack Anker. Der Regen ließ um acht Uhr nach, Os twind kam auf, die Sonne kam hinter der Insel zum Vorschein und um etwa zehn Uhr war die See so ruhig, als ob es nie einen solchen Sturm gegeben hätte, wie er noch ein paar Stunden zuvor gewütet hatte.
Die Männer wechselten ihre Kleider und tranken ein paar Schluck Rum. Dann sprachen wir unsere Gebete und nahmen mit gutem A ppetit das Frühstück ein. Während wir beim Essen saßen, diskutierten wir, was zu tun sei. Gleich nach dem Frühstück bewaffneten sich der Kapitän, der Steuermann und so viele Männer, wie das Beiboot trug, und gingen an Land.
Es waren etwa ein Dutzend Leute, die am Strand standen. Sie schi enen Engländer zu sein, und ihren Zeichen war zu entnehmen, dass sie um Hilfe riefen. Unsere Leute sprangen an Land, und das Boot kehrte zurück, um mehr der Unsrigen auf die Insel zu schaffen. Ich befand mich bei der dritten Gruppe. Wir trafen zwei Damen von guter Herkunft aus Barbados mit acht Sklaven beiderlei Geschlechts sowie vierzehn englische Matrosen. Sie erzählten uns, dass sie schon elf Tage hier warteten, da ihr Schiff an Land getrieben sei, weil der Kapitän noch nie von dieser Insel gehört habe. Sie waren in großer Aufregung, da seit ihrer Ankunft bereits neun ihrer Leute spurlos verschwunden waren.
Kapitän Daniels bildete vier Gruppen mit jeweils vier seiner schwer bewaffneten Flibu stiers und befahl ihnen, das Eiland zu durchstreifen. Ich schloss mich der ersten Gruppe an.
Die Insel Matin scheint etwa sechs Meilen Umfang zu haben, und obwohl sie aus der Entfernung nur wie eine Sandbank aussieht, bin ich sicher, dass die Mitte der Insel mehr als fünfzig Fuß über dem Meere sspiegel liegt. Von der höchsten Erhebung aus konnte man mehrere Nachbarinseln erkennen, deren dichte Bewaldung darauf schließen lässt, dass sie größer sind als das Eiland Matin. Der Boden hier besteht in der Hauptsache aus Sand, doch gibt es in der Mitte graue, steinige Erde, die ständig durch den Vogelmist angereichert wird. Darin fanden wir den Abdruck eines nackten, menschlichen Fußes. Andere Spuren von Leben oder Behausungen fanden wir nicht. Die Engländer blieben verschollen.
Es gibt kein Frischwasser auf dieser Insel, doch sind eine Menge br ackiger Sümpfe und Tümpel da, die die Heimat für zahllose Seevögel darstellen. Es gibt auch viele Büsche und sogar Guavas, Corossoliers und Cachimans dort. Diese Bäume sind natürlich klein und verkrüppelt, da das Erdreich nicht sehr tief ist, aber sie lieferten uns doch die gesamte Feuerung, die wir für unsere Küche benötigten, und deren Bedarf war ziemlich groß.
Sollte irgend jemand später einmal Apfelsinen- und Limonenbäume auf der Insel vorfinden, so hat er dies mir zu verdanken, da ich an verschiedenen Stellen Keime säte. Diese mögen, wenn sie wachsen, jenen helfen, die die Vorsehung einmal auf diese
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