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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Sieberichs
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Hysterie. Panik lag in der Luft, und schien sie noch kälter zu machen. Feigheit, Furcht und Kleinmut bildeten zusammen mit Dünkel, Eifersucht und Unfähigkeit jenen unseligen Brei, der alle Sinne verkleistert, und zu allen Zeiten selbst das Sehve rmögen der Hellsichtigsten zu beeinträchtigen vermochte.
    Christian Slater hatte sich schützend vor seine Frau gestellt und zitte rte nun wirklich; diesmal aus Angst vor der offensichtlich gewaltbereiten Menschenmenge, deren Ohnmacht in den aufrichtigen Worten der jungen Frau, ein geeignetes Ventil gefunden zu haben schien.
    Da trat in höchster Bedrängnis ein schmächtiger, blasser Mann aus der Menge hervor und feuerte seine Pistole ab. Die Kugel prallte eine Handbreit vor Calvin Smiths Füßen in den gefrorenen Boden. Kleine Dreckklumpen, spitz und hart wie Glassplitter, spritzten auf. Calvin Smith blieb stehen. Der laute, mit beißendem Korditgestank verbu ndene Knall brachte den wogenden Pöbel zum Stillstand.
    " Ihr kennt mich alle", sagte Utz van Ukkel. "Ich bin der Schiffsschreiber auf der Retriever gewesen. Ich habe eure Gruppe von der Einschiffung in Plymouth an begleitet. Ich habe erlebt, wie der Kapitän uns zu den westindischen Inseln brachte. Ich habe wie ihr gehofft, dass wir dort Fleisch, Früchte und andere Vorräte für die Besiedelung des neuen Landes an Bord nehmen könnten. Ich habe wie ihr unser Scheitern verfolgt. Doch ich habe noch mehr getan. Ich habe alles Erlebte aufgeschrieben. Meine Schriften werden bezeugen, was geschah. Aber im Fall dieser tapferen Frau", er deutete auf Sally, die sich nicht länger hinter ihrem Mann verstecken mochte, "brauche ich nicht einmal in meinem Tagebuch nachzuschlagen, um den Beweis für die Wahrhaftigkeit ihrer Rede zu finden. Ich weiß es so. Und ihr wisst es auch. Diese Frau spricht die Wahrheit. Wir sind keine Soldaten. Nein! Aber wollt ihr Mörder werden? Wir sind auch keine Bauern, keine Jäger, keine Fallensteller, keine Pioniere, keine Baumeister, keine Gründer, ja nicht einmal richtige Siedler. Wir sind ein Häufchen Verlorener und Vergessener. Oder wollt ihr die Wahrheit totschlagen? Ihr habt wie ich bemerkt, dass diese Frau als einzige von uns die Courage hatte, die wahren Gründe für unser Scheitern zu nennen. Wir sind keine Kuhbauern, keine Gemüsezüchter und keine Feldarbeiter. Die meisten von uns sind Glücksritter, Kriminelle oder Taugenichtse. Niemande! Wir sind Nichts und Niemande", schrie der Schiffsschreiber mit sich überschlagender Stimme, um das erneut aufflammende Protestgeschrei gleich im Keim zu ersticken. "Ich selbst etwa habe es niemals geschafft, von meiner Hände Arbeit leben zu können. Ich bin Utz van Ukkel, der Junggeselle, der Schreiberling, der Gescheiterte. Ich bin einer von euch. Und wie ihr habe ich alles erlebt, was uns das Leben zu bieten hat. Doch ich weigere mich, aus Furcht oder Feigheit oder beidem zum Mörder und Totschläger zu werden. Es gibt eine Möglichkeit, von dieser verdammten Insel in Anstand zu entkommen, ohne dass die Indianer oder wir uns gegenseitig niedermetzeln. Und ich weiß, wie wir das anstellen können. Folgt mir, und ihr werdet nicht als gescheiterte Ackerbauern und Viehhirten enden!"
    " Hört ihm zu!", schrie Norman Redneck, der nach der mitreißenden Ansprache des ehemaligen Schiffsschreibers einen warmen Hauch Hoffnung durch das Blockhaus wehen spürte. "Dieser Mann kann schreiben und lesen. Er weiß mehr als die meisten von uns. Hört ihm zu!"
    Calvin Smith hatte noch nicht verkraftet, dass van Ukkel wenn auch nicht gezielt so doch auf ihn geschossen hatte. "Wohin sollen wir einem Mann folgen, der zugibt ein Versager zu sein?", sagte er trotzig, doch der aufwieglerische Ton war fast erfroren.
    Es blieb Bob Gunn, dem Zimmermann, überlassen, einen letzten Ei nwand zu erheben: "Ich würde dir an jeden Ort folgen, Master Ukkel", sagte er, "wäre er nur weit fort von hier. Doch wie willst du fünfundsiebzig Männer, Frauen und Kinder – Hungernde, Kranke und Frierende – ohne geeignete Transportmittel an einen besseren Ort als diesen hier führen? Ich muss dir nicht erzählen, dass wir auf einer Insel sind und außer ein paar halbverrotteten Kanus und einer Schaluppe keine Boote haben."
    " Aber wir besitzen das Holz, uns welche zu bauen", sagte Utz van Ukkel entschlossen. "Und du weißt, wie man das macht. Ich bin der Erste, der dir nach deinen Anweisungen zur Hand geht; und ich bin sicher, wir finden weitere Männer, die ihre Kraft lieber für

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