Die Maya Priesterin
Dickich t zu beiden Seiten des Pfades. Ein Geschlinge aus Ästen, fleischigem Blattwer k un d Liane n s o dic k wi e Männerarm e .
De r ganz e Wal d dampft e vo r Hitz e un d Feuchtigkeit . Jeder Zol l Baumrinde , jede r Stei n au f de m Bode n wa r mi t jadegrünem Moo s bedeckt . Selbst wenn sie einmal eine Rast einlegten, troff Fray Diego aus allen Poren der Schweiß. Migue l un d Jorge dagege n truge n ihr e Lasten , mi t bunte n Bänder n a n Stir n und Schenke l gebunden , scheinba r ohn e z u ermüde n . Nach stundenlange m Marsc h war e n ihr e Tunike n noc h blütenweiß un d vo n keine m Tropfe n Schwei ß befleckt .
Von den Strapazen ihrer Wanderung erschöpft, befahl der Pater am Nachmittag, das Nachtlager aufzuschlage n . Au s Ästen und Zweigen errichteten der Mestize und die beiden Maya eine Rund h ütte am Rand einer Lichtun g . Doch so müde Fray Diego war , i n diese r Nach t fan d e r keine n Schla f . Mit offenen Augen la g e r i n seine r Hängematt e un d lauscht e au f di e Laut e des Dschungels , vo n de m ih n nu r ei n Geflech t au s Blätter n und Zweigen trennt e . Imme r w ieder glaubte er die Silhouette einer Raubkatz e z u sehen , di e i m Mondlich t übe r di e Lichtun g stric h . Dan n wiede r meint e e r Trappel n i m Unterhol z z u höre n ode r das Zischel n eine r Schlang e übe r ih m i m Lau b .
Stund e u m Stund e la g de r Pate r i m Dunkeln , hellwac h . Im Eingan g de r Hütt e ruhte n Jorg e und Migue l . Schliefe n sie , oder stellte n si e sic h nu r schlafend ? Z u seine n Seite n wälzte n sich Cristóba l un d Hernán i n ihre n Hängematten , offenba r beid e in schwere n Träume n . Weniger als sie, dachte Fray Diego, konnten s i ch zwei Menschen kaum ähneln. Er stellte sich vor, daß Cristóba l N á i m Trau m gege n dämonisch e Versuche r kämpfte, währen d Pí o Hernánde z denselben kleinen Teufeln Treue schwor .
Endlich wäre er fast doch noch eingeschlafe n . D a begann Donne r z u grollen , Blitz e zuckte n übe r de n Wipfeln . Kurz darau f tost e Rege n herab . Aber z u seinem Erstaunen hielt das geflochtene Blätterdach stand. Während draußen die Wasser mit Urgewalt niederrauschten, drang kaum ein Tropfen zu ihnen herein.
A m nächste n Morge n wa r ihr e Lichtun g ei n Tümpel , i n dem sic h grunzen d schwarz e Schwein e wälzte n . Si e sammelte n ihre Habseligkeiten aus Schlamm und Pfützen, dann marschierten sie weiter , noc h eh e di e Sonn e i n di e Wipfe l gestiege n war . Der Rege n hatt e di e Luf t erfrischt . Auc h Fra y Dieg o fan d die Witterun g erträgliche r un d schöpft e neu e Zuversich t . Aber zwischen Non und Vesper gelangten sie an den Rand einer Schluch t . De r Abgrun d mocht e dreißi g Fu ß brei t un d hundert tie f sei n un d zo g sic h vo n Wes t nac h Os t scheinba r endlo s durch de n Wald .
»Ic h versteh e da s nicht« , rie f Fra y Crist o aus , »frühe r führte hie r ein e Brück e übe r di e Schlucht!«
Tatsächlich hingen drüben einige Überreste der alten Hängebrück e i n de n Abgrun d hinab . Ein Gewirr aus Hölzern un d Seilen , zersplitter t un d zerfetzt . Ers t al s He r ná n ih m die zerstückten Seile zeigte, die auf ihrer Seite der Schlucht im Unterhol z lagen , verstan d de r Pater . Jeman d hatt e di e Tau e mit scharfe r Kling e gekapp t .
Fra y Dieg o wic h vo m Ran d de r Schluch t zurück . Auch das wa r ei n Zeichen , dacht e er . Allerding s nicht rätselhaft, sondern erschrecken d kla r . Die Brücke war mit Bedacht zerstört worde n . Ma n teilt e ihne n mit , da ß si e dor t drübe n unerwünsch t ware n .
8
E s wa r meh r al s nu r ei n Zeichen , e s wa r ein e erst e Prüfung . De r Teufe l legt e ih m ein e kalt e Han d auf s He r z un d fragte , wie erns t e s ih m mi t seine r Herausforderun g se i . Den n kau m etwas i n de r geschaffene n Wel t flößt e Fra y Dieg o solch e Angs t ein wie Klippen, Schluchten, hoch aufgeschwungene Empore n . Zu gewisse n Zeite n wa r e r außerstand e gewesen , auc h nu r z u de r Kanze l i n seine m Kirchlei n z u Bej a emporzusteige n . Un d auch da s schie n ih m wei t meh r al s ein e beliebig e Schwäch e z u sei n . E s wa r ei n Zeiche n seine r Himmelsfern e . Lange hockte Fray Dieg o abseit s de r Schluch t unte r eine m jene r h ohen Bäume, die be i de n May a Zapot e hießen , un d gin g mi t sic h z u Rate . Währenddessen spürte er, wie der Mestize und der junge Mönch ih n unverwand t fixierte n . Einma l
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