Die Maya Priesterin
»Verstümmelung, Entsetzen , Tod .« Er zog seinen Begleiter zu sich hera n . »Und die s is t da s Wer k de r Götter , di e sic h meine r bedienten: lebendig e Wiederkehr .«
I n de r Menschenmeng e erho b sic h ei n Raune n . Di e go bemerkte es kau m . E r wandt e sic h seine m Begleite r z u . »Sag doch , wi e heiß t du , mei n Freund?«
»Ich bin Chacbalam, ehrwürdiger Herr«, sagte der Fischer mit melodiöse r Baßstimme . »Ih r wiß t e s s o gu t wi e ic h . An Vier Cabá n schlug t Ih r mi r da s Haup t ab , au f de r Pyramid e Cha'acs . Heut e bi n ic h zurückgekehrt , a n Ein s Ahau , wi e Ih r selbs t es vorausgesag t habt . Ich bin Chacbalam«, wiederholte er, »der Zwillingsbrude r Ixkukuls .«
De r Vorhan g übe r de r silberhelle n Sänft e glit t au f . Ixkukul saß darin, erschreckend b l a ß un d schma l . Doc h ihr e Augen strahlte n . W o is t e r ? fragt e ih r Blick . W o is t mei n Bruder , mein Geliebter , da ß ic h ih n umarme ? Unwillkürlic h mustert e Diego de n Wiedergekehrte n . Au f einma l sa h e r ih n mi t ihre n Auge n . Grob e Gestalt , einf ä ltiges Antlit z . Wi e schlecht dieses Äußere z u Chacbalam s Seel e paßte . E s entstellt e ih n nich t weniger , als Ixo'om durch Mujaneks barbarische Künste entstellt worden war .
»W o bis t du , Chacbalam? « Ihr e Stimm e klan g besorgt .
»Ic h eil e herbei , geliebt e Zwillingsschweste r .« Chacba lam schrit t au f di e Sänft e z u .
Be i seine m Anblic k weitete n sic h Ixkukul s Auge n . Ih r Mund öffnete sich, als wolle sie schreie n . Doc h si e bezwan g sich, bewundernswert rasc h . Lächeln d sa h si e de n Brude r a n .
»Chacbala m . Sa g mir , wi e nanntes t d u mich , al s wi r K inder waren ? D u erinners t dic h doch?«
»Ixt'u'u l .« Er antwortete ohne das kleinste Zöger n . Un d mit Chacbalam s samtene m Baß . Kaninche n.
Ih r Lächel n wurd e strahlender . »Un d wi e nannt e ic h dich?«
»Ajmuja n .« Falk e . Inzwische n stan d e r a n ihre r Sänfte .
»S o bis t d u e s wirklic h . Geliebter Brude r .« Si e flüstert e es . Träne n glitzerte n i n ihre n Auge n .
»Ja, Ixt'u'ul. Ich bin es. Preis e di e Götter . Rühm e ihre n Bote n . Ich bin wahrhaftig zurückgekehr t .«
E r nah m ihr e Han d un d küßt e sie . Beide waren sichtlich beweg t . Abe r a uch Chacbalam bezwang sic h . Er verneigte sich vo r Ixkuku l un d tra t zurück , a n de n Ran d de s Baldachin s . Es ziemt e sic h nicht , da ß e r länge r i m Krei s de r oberste n Priester verweilt e .
»De n Götter n se i Dan k . Und ihrem weißhäutigen Bote n .« Im Liege n ho b de r La h ki n beid e Arm e empo r . »Di e Forme l der Wiederkehr , si e is t un s zurückgegebe n .« Seine Hände zuckten, al s schreib e e r Zahle n i n di e Luft . »May a vo n Tayasal ! Die Straf e is t vo n un s genomme n . Di e Götte r habe n un s verziehe n . Si e gestatte n uns , i n Tayasa l z u ble i be n - bi s an s End e dieser Zeit!«
Für einen langen Moment herrschte Schweige n . Die Mensche n i n de r Meng e sahe n einande r an , versteiner t wi e ihre oberste n Priester . Endlich erhob sich ein Raunen, durchbrochen vo n einzelne n Rufe n . Abe r e s klan g nich t nac h Ju b el , nicht einma l nac h Erleichterun g . Götter des Verzeihens und der Liebe , dacht e Dieg o wieder , ga b e s nich t i n ihre r Welt .
»Schweste r Mon d .« Der Lahkin wandte sich an die oberste Priesteri n Ixquic s . Sein e Stimm e bebt e . »Gestattet vor aller Ohre n ei n über f ä llige s Wort .« Mühsam richtete er sich in sitzend e Haltun g a u f .
De r Anblic k berührt e Dieg o . Di e golden e Trage , darau f der Greis, der nur durch Willenskraft dem Tod noch trotzte. Neben ih m di e Sänfte , silber n wi e de r Mond , dari n Ixkukul , von Schmer z un d Seh n sucht ausgezehrt. Und sie beide, dachte er, gezeichnet von einem furchtbaren Kampf, der seit vielen Jahrhunderte n währte . Einem Kampf, der die Maya in erhabene Höhe n geführ t hatte , abe r auc h i n Erstarrun g un d a n de n Rand de s Untergang s .
»Bitt e sprecht , Br u de r Sonn e .« Si e wandt e sic h ih m zu , so wei t di e eng e Sänft e e s erlaubte . »Wi e lang e hoff e ic h scho n auf ei n Wor t vo n Euc h .«
»Z u lange , ic h weiß .« De r Lahki n krächzt e es . »Wi r beide ware n Erbe n eine s uralte n Streit s . Laß t ih n un s begrabe n .« Er hüstelte . Lä n ger e Zei t wa r nicht s z u vernehme n al s Laut e der Rührun g un d Gebrechlichkeit .
Weitere Kostenlose Bücher