Die Maya Priesterin
schwac h .
Fra y Dieg o spürte , wi e neue r Mu t i n ih m aufstie g . Doch zugleich wuchs seine Verwirrun g . Bislang hatte er geglaubt, daß der Lahkin der mächtigste Mann Tayasals se i . Mächtiger noch als der Canek, über dessen Anerkennung er als oberster Hüter des Kultes entschied. Abe r wi e wa r z u erklären , da ß soviel Mach t i n derar t schwache n Hände n ruhte?
Hoc h übe r ihne n thront e de r Lahkin , au f eine r mannshohen Plattform aus schwarzem Stei n . Sein Sessel war mit Schnitzereie n un d goldene n Intarsie n verziert . Ab e r e r la g so kraftlo s darin , al s könn e e r sic h nu r mi t Müh e aufrech t halte n . Au s schmale n Auge n späht e e r z u ihne n hinab . Alle s a n ihm wirkt e schma l un d ausgezehr t . Sein e Auge n , di e blutleeren Lippe n . Di e fleischlose n Wangen , di e ganz e mager e Gestalt . Sein e sonnengelb e Tunik a schie n ih m z u groß , al s hätt e er kürzlic h vie l Gewich t verlore n . Ode r al s hätt e e r da s Priesteramt vo n eine m Riese n geerb t .
Ohn e de n Kop f z u bewegen , sa h Dieg o u m sic h . Dieser Tempe l wa r di e gewaltigst e Säulenhalle , di e e r jemal s geseh e n hatte . Tausende Säulen, wuchtig wie der Stamm der heiligen Ceib a un d vo n makellose m Ebenmaß . Ei n gigantischer steinerne r Wal d . Errichte t au f eine r Plattform , di e ih n hoc h über di e Stad t erhob . Mit einer künstlichen Lichtung darin, kreisrund un d wenigste n s dreißi g Schritt e wei t . Au f de r si e nu n all e vier knieten , di e beide n Fratres , de r Fallsüchtig e un d Herná n .
Aufgereih t z u Füße n ihre r Wächter , di e si e wi e Hund e be i den Halsbändern hielte n .
Schmerzhaf t drückte n sic h di e steinerne n Platte n gegen Diego s Knie . Dennoc h zwan g e r sich , reglo s z u verharre n . Der Lahki n wa r ei n schwache r Man n . Da s spürt e er . Nicht nur körperlic h geschwächt , durc h Alte r un d vielleich t durch Krankheit . Auc h u m di e seelische n Kräft e de s Hohepriesters schien es schlecht bestellt zu se i n. E r wirkt e mutlos . Zermürbt vo n unstillbare r Furcht . Abe r Furch t wovor?
Endlich ergriff der Lahkin das Wor t . Seine Rede war ein Murmeln , tonlo s un d kau m z u verstehe n . »Aufgegriffe n am Haltun a . Warum? « Ungewiß , o b e r mi t seine n Besucher n sprach ode r mi t s ic h selbst . »Weiße Männer, kein gutes Zeiche n . Was befiehls t du , Ahau? « Un d e r richtet e seine n Blic k i n di e Kuppel hoch über ihne n .
Unwillkürlic h folgt e Dieg o seine m Blick . Wieder überlief ihn ei n Schaude r . Scho n vorhin , be i ihre m Eintreten , hatt e e r sich gefragt , wi e di e Baumeiste r dies e überirdisch e Illusio n zu erzeuge n vermochte n . Ein Himmel aus Stei n . Steinern e Wolken, die sich am Firmament kräuselte n . Unendlich schien sich das Himmelsgewölb e z u dehnen , durchscheinen d un d leuchtend bla u . S o ech t wirkt e di e Täuschung , da ß ma n selbs t au f den zweiten Blick kaum erkannte, wo der gemalte Himmel endete un d da s wirklich e Firmamen t began n .
De r Lahki n hatt e seine n Blic k i n di e Höh e offenba r wohl berechnet . Soebe n erschie n übe r ih m i n de r Kuppe l die Mittagssonn e . Ihr e Strahle n flutete n i n de n Tempel , ein e Säule au s reine m Licht , di e de n Prieste r mitsam t seine m Thron umschloß .
Zugleic h began n e s i m ganze n Tempe l sonnengel b zu leuchte n . Goldener Schimmer überglänzte jede Säule. Allerorten erho b sic h ei n Funkeln , al s werd e de r steinern e Wal d von tausen d Sterne n bestrahl t . Soweit der Blick reichte, traten sonnengel b gewandet e Prieste r hinte r de n Säule n hervor . Geschmeidig e Gestalten , jung e Gesichter , di e Miene n unbewegt und ausdruckslo s . S o schritte n si e vo n alle n Seit e n auf die Lichtun g z u . De r ganz e Tempe l funkelt e un d glänzte .
Wa s fü r ei n Theater , dacht e Dieg o . Gege n seine n Wille n war er beeindruck t . Der Lahkin demonstrierte seine Macht. Mönchssoldate n . Zweihundert , vielleich t meh r . Muskulöse Leiber, kraftvoll und ka m pferprobt . Am Rand der Lichtung nahme n si e Aufstellung . Hintereinander gestaffelt, ein massiver sonnengelber Ring. Desse n Zentru m bildet e de r Lahkin, umschlosse n vo n de r Säul e au s Lich t .
»Sprich , weiße r Mann , wa s suchs t d u i n Tayasal?« Gebieterisc h klan g s eine Stimme nun, als spräche aus ihm die Kraf t de r Sonn e .
»Ehrwürdige r Lahkin . De r Köni g vo n Tayasa l is t tot . Euer
Weitere Kostenlose Bücher