Die McDermotts 02 - Manchmal
tun?«, wollte er dann wissen. »Ich kenne Sie nicht, ich habe keine Ahnung, ob diese Geschichte, die Sie mir erzählt haben, überhaupt wahr ist. Sie könnten eine Diebin sein oder sogar Schlimmeres. Wer garantiert mir, dass ich Ihnen vertrauen kann?«
»Niemand«, murmelte sie leise, während sie mühsam die Tränen zurückhielt. »Sie haben nur mein Wort, mehr kann ich Ihnen nicht bieten.«
»Bitte, fangen Sie jetzt nicht wieder an zu heulen«, knurrte er unwirsch.
Schweigend betrachtete er sie. Sie wirkte so schmal und zerbrechlich und sah so hilflos aus, dass er sie am liebsten in den Arm genommen und getröstet hätte.
»Okay«, sagte sie plötzlich und stand auf. »Ich kann verstehen, dass Sie nicht damit einverstanden sind, das wäre ich an Ihrer Stelle auch nicht. Ich habe Ihre Geduld schon lange genug strapaziert, ich werde eine andere Lösung finden.« Sie ging zur Tür. »Danke für alles, und ich verspreche Ihnen, dass Sie das Geld für die Reparatur so schnell wie möglich bekommen werden.«
»Warten Sie«, hielt er sie zurück.
Zögernd drehte sie sich um und richtete ihre grünen Augen hoffnungsvoll auf ihn.
»Also gut«, nickte er, »ich versuche es mit Ihnen. Meine Sekretärin ist schwanger, Ende der Woche beginnt ihr Mutterschutz. Ich benötige einen Ersatz und Sie brauchen Geld, daher biete ich Ihnen an, für mich zu arbeiten, bis Sie den Schaden bezahlt haben.«
Sprachlos starrte sie ihn an. »Und was müsste ich tun?«, fragte sie unsicher.
»Sind Sie in der Lage, mit einem PC umzugehen?«
Mist, das hätte ich mir ja denken können, ging es ihr durch den Kopf. Sie hatte noch nie etwas mit Computern zu tun gehabt. Doch wenn sie ihm das jetzt auf die Nase band, würde er sein Angebot garantiert gleich wieder rückgängig machen.
»Ja, sicher«, schwindelte sie daher und schaute ihn selbstbewusst an. Bestimmt käme sie irgendwie damit klar, so schwer konnte das ja nicht sein.
»Gut, sehr viel mehr Vorkenntnisse benötigen Sie nicht. Sie müssen hauptsächlich den Schriftverkehr erledigen, Telefonate entgegennehmen und meine Termine koordinieren. Wie gesagt, meine Sekretärin ist noch eine Woche da, sie kann Sie ein wenig einarbeiten.«
Melody nickte zuversichtlich. Das hörte sich nicht so schwierig an, das würde sie hinbekommen.
»Also sind wir uns einig?«, vergewisserte er sich.
»Ja, das sind wir«, bestätigte sie dankbar. Im gleichen Augenblick ließ sie frustriert die Schultern hängen. »Aber … ich brauche ja auch eine Unterkunft, und wenn ich mein ganzes Geld für eine Pension oder ein Motel ausgeben muss, bin ich in hundert Jahren noch hier.«
Einen Moment lang schaute er sie nachdenklich an, schließlich seufzte er leise. »Von mir aus können Sie bei mir wohnen«, bot er an, »das Haus ist sowieso viel zu groß für mich alleine.«
»Danke, vielen Dank«, sprudelte sie glücklich heraus und fiel ihm spontan um den Hals, »Sie werden es nicht bereuen – Chef.«
Völlig überrumpelt von diesem Gefühlsausbruch hielt er sie sekundenlang fest, dann schob er sie hastig wieder weg. »Das hoffe ich«, murmelte er zurückhaltend, »das hoffe ich wirklich sehr.«
8
Den restlichen Sonntag verbrachte Melody damit, auf dem Balkon ihres Gästezimmers zu sitzen und sich zu fragen, was sie verbrochen hatte, dass ausgerechnet ihr so etwas widerfahren musste. Zwischendurch unternahm sie immer wieder Anläufe, Kerry auf ihrem Handy zu erreichen. Doch es meldete sich nur die Mailbox und ihr war klar, dass ihre Schwester nicht dran ging, weil sie Melodys Nummer auf dem Display sah. Sie hinterließ ihr mehrere wütende Nachrichten und nahm sich vor, es so bald wie möglich von einem anderen Apparat aus zu probieren.
Dann wählte sie eine andere Nummer, jedoch ebenfalls vergeblich. »William, bitte melde dich bei mir«, sprach sie auf die Mailbox, »ich muss dringend mit dir sprechen, ich habe einen Weg gefunden, die Sache mit dem Geld zu lösen.«
Unterdessen saß Adrian in seinem Arbeitszimmer und versuchte ohne großen Erfolg, sich auf die Unterlagen zu konzentrieren, die er aus der Firma mitgebracht hatte. Ständig schweiften seine Gedanken zu Melody und er grübelte, ob es richtig gewesen war, ihr den Job zu geben und sie noch dazu bei sich wohnen zu lassen. Zwar machte sie einen anständigen Eindruck und er besaß genug Menschenkenntnis, um sicher zu sein, dass sie keine Kriminelle war. Dennoch hatte er nach wie vor das Gefühl, dass mit ihr irgendetwas nicht stimmte, und ein
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