Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
Vom Netzwerk:
aussah.
    »Soll ich helfen?« Eine breite Hand klatschte auf ihr Hinterteil und schob an. Olivia lag bäuchlings schräg über dem Sattel. »Jetzt schwingen Sie das rechte Bein hoch.«
    Liebend gerne hätte sie ihre Faust in Gabriel Danahers Gesicht geschwungen. Seine Hand lag immer noch anstößigerweise auf ihrem Hinterteil.
    »Setzen Sie sich auf, Doc. Sonst reiten Sie in dieser Position in die Berge.« Damit versetzte er ihr einen aufmunternden Klaps.
    Irgendwie schaffte sie es, das rechte Bein über den breiten Pferderücken zu schieben und mit dem Fuß den Steigbügel zu angeln. Ihre Röcke bauschten um ihre Beine, entblößten eine unschickliche Partie vom Knöchel bis fast zum Knie. Gabe schien es nicht zu bemerken. Er schnappte sich die lange Leine des Wallachs und schwang sich elegant in den Sattel.
    »Die Zügel hängen am Hals Ihres Pferdes, aber Sie brauchen Sie nicht. Bleiben Sie einfach brav sitzen.«
    Als hätte sie eine andere Wahl! Der Wallach setzte sich in Bewegung und folgte dem Leitpferd. Im Schrittempo ritten sie aus der Stadt. Vor ihnen ragten die Berge wie eine schwarze, feindselige Felsmauer unter einem sternenübersäten Nachthimmel auf. Sobald die Stadt hinter ihnen lag, gab es keine Hoffnung auf Hilfe für sie, selbst wenn ihr die Flucht gelingen sollte.
    Verzweifelt spielte Olivia mit dem Gedanken, sich vom Pferd fallen zu lassen und loszulaufen, wußte aber, daß Danaher sie bald eingeholt hätte. Und dann würde er zweifellos seine Drohung wahrmachen und sie quer über den Sattel festbinden – wenn sein irisches Temperament nicht mit ihm durchging, und er sie abknallte. Auf einem Pferd zu sitzen war schon reichlich unbequem. Sie hatte keine Lust, mit zum Himmel gerecktem Hinterteil durch die Nacht geschaukelt zu werden.
    Nach den letzten Häusern von Elkhorn stieg der Weg an. Gabe versetzte die Pferde in einen leichten Trab. Olivia hielt sich krampfhaft am Sattelknauf fest, während sie gnadenlos auf und ab gerüttelt wurde. Ihre Beine schlugen gegen die Flanken des Pferdes, ihre Zähne klapperten aufeinander, und ein besonders empfindlicher Teil ihres Körpers schmerzte mit jedem Schritt. Danaher hingegen wirkte, als sei er mit seiner kastanienbraunen Stute verwachsen. Er hüpfte nicht im Sattel auf und ab; seine langen Beine schlenkerten nicht herum; sein Kopf wackelte nicht auf und ab.
    Die geschmeidige Eleganz seiner Bewegung im Einklang mit dem Tier war wie eine Verhöhnung ihrer Unbeholfenheit.
    Der Weg machte eine scharfe Rechtsbiegung und führte am Berghang über der Stadt entlang. Im Tal lag Elkhorn, aus wenigen Fenstern drang schwacher Lichtschein. Die Häuser der Stadt wirkten wie dunkle Flecken, häßlich und widernatürlich in dem von Menschen zerschundenen Tal. Doch für Olivia war die Siedlung der letzte Hoffnungsschimmer auf Rettung und Sicherheit. Der Weg machte erneut eine Biegung, und die Stadt verschwand hinter der Bergflanke. Der Weg verschlechterte sich zu einem unwegsamen Pfad, auf dem selbst der stabilste Wagen kaum vorwärts gekommen wäre. Noch nie im Leben hatte Olivia sich hilfloser und einsamer gefühlt.
    Gabe drehte sich im Sattel um. »Sind Sie in Ordnung, da hinten?«
    Olivia murmelte eine Verneinung, Gabes Pferd blieb stehen. Nicht so das ihre. Es trottete an ihrem Peiniger vorbei, so nahe, daß sie seine erstaunt hochgezogenen Augenbrauen erkennen konnte. Die Führleine straffte sich. Der Wallach bäumte sich auf. Olivias Beine schlenkerten haltsuchend herum, ihre Absätze bohrten sich versehentlich in die empfindlichen Flanken. Der Wallach machte einen erschrockenen Satz zur Seite. Und bevor sie eigentlich wußte, was geschah, fand Olivia sich auf der Erde wieder.
    »Du lieber Himmel! Sie sind mir eine!« Gabe stieg ab und ging auf sie zu.
    Sie war zwischen Felsbrocken auf einem weichen Polster aus Tannennadeln gefallen.
    Sie warf ihm einen haßerfüllten Blick zu. Doch sie war zu erschöpft und wundgescheuert, um ihm einen Fußtritt zu verpassen, als er ihr auf die Beine half.
    »Den brauchen Sie jetzt wohl nicht mehr.« Damit befreite er sie von dem lästigen Knebel. »Jetzt können Sie sich die Lungen aus dem Leib schreien. Außer mir und einigen Eichhörnchen hört Sie keiner. Los, steigen Sie wieder aufs Pferd.«
    »Das Biest kann mich nicht leiden.«
    Gabe lächelte unangenehm. »Das kann ich ihm ehrlich gesagt nicht verdenken. Aber ihm bleibt genau so wenig übrig wie Ihnen. Passen Sie auf, daß Sie ihm nicht wieder die Absätze in die

Weitere Kostenlose Bücher