Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael

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und ihr dicke Handschuhe übergestülpt hatte, kam ein Hauch Farbe in ihr Gesicht.
    Das Feuer knisterte, und Gabe schnitt einen Fichtenzweig ab, mit dem er den Schnee auf einer kleinen Fläche wegkehrte. Dann sammelte er lange, tote Äste, stellte sie auf und lehnte sie kegelförmig aneinander und spannte eine Wagenplane darüber, die er mit frischen Fichtenzweigen bedeckte. Die Öffnung des Behelfstipis zeigte zum Feuer.
    Olivias Lider waren schwer geworden, als er sie hochhob und ins Zelt trug. »Bleiben Sie wach, Doc. Bald wird es wärmer. Hier drin kann ich kein Feuer machen, die trockenen Äste brennen wie Zunder.« Er lehnte sie an eine Rolle aus Wolldecken, schüttelte eine Decke aus und legte sie über die erschöpfte Olivia.
    »Wie … wie haben Sie mich gefunden?« fragte sie mit leiser Stimme.
    »Das war nicht schwer. Sie blieben die meiste Zeit auf dem Weg, und wenn Sie mal davon abgekommen sind, haben Sie genügend Spuren hinterlassen. Der Schnee hat sie zwar zugedeckt, aber unter den Bäumen, wo es kaum schneite, konnte ich genug sehen, um Ihnen zu folgen.«
    »Wie geht es Murdoch?«
    »Er hat sich den Hinterlauf verstaucht. Vielleicht sogar gebrochen. Ich hatte noch keine Zeit, mich um ihn zu kümmern. Aber ich glaube, mit dem ist es aus.«
    »Aber nein! Sie wollen ihn doch nicht etwa erschießen?!«
    Die Vorstellung schien sie mehr aufzuregen als ihre eigene schlimme Lage.
    »Doc, ein Pferd mit einem gebrochenen Bein ist keinen Pfifferling wert. Er verdient den Gnadenschuß, glauben Sie mir.«
    Den entschlossenen Zug um ihren Mund und das vorgereckte Kinn kannte er bereits. Diesen Blick hatte sie bei der ersten Untersuchung von Katy und Ellen.
    »Vorher will ich ihn wenigstens untersuchen.«
    »Sie sind kaum in der Verfassung, in den Schneesturm hinauszulaufen, um ein Pferd zu verarzten. Sie haben wohl völlig den Verstand verloren.«
    Mühsam kämpfte sie sich aus der Decke, in die er sie gewickelt hatte. »Ich habe immer noch so viel Verstand, um zu wissen, daß der Gaul sich durch mein Verschulden verletzt hat. Er hat sich sehr tapfer durch das Schneegestöber gekämpft.«
    »Wenn er einen Funken Verstand hätte, wäre er umgekehrt und in den Stall zurückmarschiert.«
    Olivia schnitt eine Grimasse. »Das hat er versucht.«
    Sie strebte ins Freie.
    »Herrgottnochmal! Ich bin nicht stundenlang durch dieses Sauwetter geritten, um mir anzusehen, daß Sie sich den Tod holen, nur weil Sie ein Pferd verarzten!« Er wollte sie am Arm zurückhalten, doch sie riß sich einfach los. »Haben Sie denn völlig den Verstand verloren?« schrie er und stapfte hinter ihr her.
    Longshot und Murdoch waren im Windschatten des Tipi angebunden, hielten die Kruppe in den Wind, die gesenkten Köpfe steckten in Futtersäcken.
    »Sie denken wohl an alles!« bemerkte Olivia trocken.
    »Wenn Sie hier oben leben, lernen Sie bald, im Winter niemals das Haus zu verlassen, ohne alles mitzunehmen, was Sie zum Überleben brauchen. Lassen Sie sich das eine Lehre sein.«
    »Ich lebe nicht hier oben und habe nicht das Bedürfnis, irgend etwas über diese Wildnis zu lernen.« Sie tastete Murdochs Hinterlauf ab, den er angewinkelt hochhielt.
    »Sagen Sie jetzt bloß nicht, daß Sie auch ein Pferdedoktor sind.«
    »Nein, aber soviel verstehe ich davon, um zu sehen, daß dieser Hinterlauf nicht gebrochen ist. Es ist eine Verstauchung.«
    »Trotzdem schafft er es nicht bis zur Hütte.«
    »Wir können ihm einen Stützverband anlegen, Mr. Danaher. Das dürfte nicht zuviel Mühe sein, ehe man ein braves, zuverlässiges Tier umbringt.«
    »Wir reden darüber – im Tipi.«
    »Ich lasse nicht zu, daß Sie Murdoch erschießen. Es ist unnötig.«
    »Ich entscheide, was nötig ist und was nicht.«
    »Sie müssen ihm wenigstens eine Chance geben. Er hat sich tapfer gehalten. Es ist absurd, ihn loswerden zu wollen wie einen Gegenstand, den man nicht mehr braucht.«
    »Sie holen sich eine Lungenentzündung, wenn Sie nicht reinkommen.«
    »Erst versprechen Sie mir, daß Sie ihn nicht erschießen.«
    Diese Olivia war schon eine erstaunliche Person, stellte Gabe fest. »Na schön. Ich erschieße ihn nicht, solange er den Berg raufhumpeln kann. Aber ich weigere mich, ihn in einer Trage hinter mir herzuschleppen. Das ist ja völlig lächerlich.«
    Sie lächelte. Offenbar hatte der Streit ihr Gesicht wieder aufgetaut. »Einverstanden.«
    »Gehen Sie jetzt endlich ins Zelt?«
    Das Feuer begann, Wärme in dem provisorischen Zelt zu verbreiten. Gabe hatte