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Die Medizinfrau

Die Medizinfrau

Titel: Die Medizinfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emily Carmichael
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hatte sich in Großbuchstaben in ihrem Kopf eingeprägt. Je seltener sie Danaher begegnete, desto seltener mußte sie auch an den Kuss denken. Tagsüber brauchte sie sich nicht zu bemühen, ihm aus dem Weg zu gehen, da er von Sonnenaufgang bis zur Abenddämmerung in der Mine arbeitete. Nach dem Essen suchte sie sich Beschäftigungen, die sie von Danaher und den Zwillingen fernhielten, die die Abende mit Schach oder Dame oder mit Lesen verbrachten oder sich wilde irische Geschichten erzählten. Gelegentlich machten die Mädchen auch Hausaufgaben, die Danaher von ihnen verlangte. Wenn es Zeit zum Schlafen war, wickelte Olivia sich in eine Decke und machte es sich im Schaukelstuhl bequem, das Gesicht vom Bett abgewandt, in dem Danaher lag. Als er ihr anbot, ihr das Bett zu überlassen und selbst auf dem Stuhl zu nächtigen, lehnte sie mit einem knappen: »Nein, danke« ab.
    »Doc, Ihrem Eigensinn nach könnten Sie Irin sein«, war seine Antwort.
    »Ich würde nicht im Traum daran denken, Ihnen Ihr Bett streitig zu machen.« In Wahrheit verzichtete sie auf eine bequeme Nachtruhe, um dem männlichen Duft zu entgehen, der in der Strohmatratze hing. Selbst in dem unbequemen Stuhl fiel es ihr schwer, schwärmerische Schulmädchengedanken zu verdrängen, die sie in der Dunkelheit beschlichen, wenn sie auf seine regelmäßigen Atemzüge horchte.
    Die Tage vergingen mit eisigem Wind, Schnee- und Graupelschauern. Und dann, eine Woche vor Weihnachten, wich die Kälte einem verspäteten Altweibersommer. Olivia freute sich zu sehen, daß Murdochs Bein heilte, ohne daß ein Hinken zurückblieb. Ellens geschientes Streifenhörnchen schien sich in der großen Holzkiste mit den alten Stoffetzen, die es als Nest bekommen hatte, recht wohl zu fühlen. Kochen und Nähen waren bald keine harte Arbeit mehr, sondern Alltagsroutine. Der Erzhaufen, der darauf wartete, den gefährlichen Weg in die Erzmühle nach Elkhorn transportiert zu werden, wuchs mit jedem Tag. Und eines Morgens verkündete Danaher, er werde den Schacht mit einer Ladung Dynamit sprengen, um eine neue Erzader freizulegen. Die Zwillinge und Olivia unterbrachen ihre Arbeit. Katy bog sich vor Lachen über Olivia, die einen entsetzten Luftsprung machte, als der Boden bei der Sprengung unter ihren Füßen erbebte.
    »Wollen Sie etwa jetzt gleich in den Schacht zurück?« keuchte Olivia fassungslos, als Danaher den Stollen betreten wollte, obwohl der Staub noch in dichten Wolken hervorquoll und Hustenreiz verursachte.
    »Keine Sorge, Doc. Ich komme wieder.« Er grinste sie mit staubbedecktem Gesicht über die Schulter an. »Und wenn nicht, bringt Katy Sie nach Elkhorn, sobald der Weg frei ist. Das tust du doch, Katy, mein Schatz?«
    Katy verzog das Gesicht. »Mit Vergnügen.«
    »Keine Sorge, Olivia«, tröstete Ellen sie. »Pa weiß, was er tut. Der Schacht ist sehr fest, auch nach der Sprengung. Wenn der Fels nicht so fest wäre, müßte er ihn nicht mit Dynamit sprengen.«
    Olivia haßte sich für ihre Angst um Danaher. Natürlich wäre jeder normale Mensch um die Sicherheit eines anderen besorgt, doch ihre Angst um ihn ging tiefer. Sie mußte dringend in die Zivilisation zurück, nicht nur Amys wegen. Sie mußte sich wieder an die Realität und an normale Lebensumstände gewöhnen.
    Am nächsten Mittag bat Katy Olivia, Danahers Essen in den Schacht zu bringen. Sie fühle sich nicht wohl, behauptete sie mit einem wehleidigen Blick, und Ellen hängte gerade Wäsche auf.
    »Verirren können Sie sich nicht«, erklärte Katy eifrig. »Es gibt nur einen kurzen Stollen, keine Abzweigung, und am Ende finden Sie Pa. Es gibt keine Höhlen. Es ist völlig harmlos.«
    Olivias Vorstellung von harmlos hatte nichts mit einem schwarzen Schlund zu tun, der ins Erdinnere führte. Sie war versucht, Katy zu sagen, daß Danaher ohne Mittagessen auskommen müsse, denn sie selbst fühle sich auch nicht wohl. Katy konnte Olivia nichts vormachen mit ihrer wehleidigen Miene und den traurigen Augen. Das kleine Monster war völlig gesund; sie hatte lediglich Spaß daran, Olivia Angst einzujagen. Entweder mußte Olivia ihre irrationale Furcht eingestehen, oder sie mußte in den Schacht hinunter und die Todesängste irgendwie überstehen. Der triumphierende Glanz in Katys Augen war für Olivia eine Herausforderung.
    »Natürlich bringe ich ihm das Essen, Katy. Du siehst wirklich elend aus. Du wirst den Rest des Tages im Bett verbringen, bevor du dir was Ernsthaftes holst.«
    Katys Augen verengten sich,

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