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Die Mehrbegabten

Die Mehrbegabten

Titel: Die Mehrbegabten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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Knopf »I« des Aufzugs; die Türen glitten zu. Dann drückte sie »Expreß Notfall«. Der Lift stürzte hinunter.

    21
    Genau Vierundzwanzig Stunden später schaltete Kleo Appleton ihr Fernsehgerät ein. »Marga treibt es bunt«, ihre Lieblingssendung am Nachmittag. Gemacht von klugen Neuen Menschen, um Alten Menschen einzureden, es gehe ihnen gar nicht so schlecht. Aber als der Bildschirm aufleuchtete, war nichts zu sehen. Nur ein schraffiertes Muster, und aus den vier Lautsprechern drang lediglich ein Rauschen.
    Sie versuchte es auf einem anderen Kanal. Dasselbe.
    Sie versuchte es auf allen zwe iundsechzig Kanälen. Keiner von ihnen sendete.
    Provoni muß schon fast hier sein, dachte sie.
    Die Wohnungstür ging auf, und Nick kam herein. Er ging sofort auf den Schrank zu.
    »Deine schöne Garderobe«, sagte Kleo. »Ja, vergiß nicht, sie mitzunehmen. Und im Bad sind noch deine Sachen. Ich kann sie dir einpacken, wenn du einen Augenblick wartest.« Sie empfand keinen Zorn, nur eine verschwommene Unruhe, hervorgerufen vom Ruin ihrer Ehe, seinem Seitensprung mit diesem Kind Charlotte.
    »Sehr nett von dir«, sagte Nick ernsthaft.
    »Du kannst jederzeit zurückkommen«, meinte Kleo. »Du hast einen Schlüssel – benütze ihn jederzeit, Tag und Nacht.
    Solange ich lebe, habe ich für dich ein Bett zum Schlafen, nicht mein eigenes, sondern deins. Damit du weiter weg sein kannst von mir. Das willst du doch, nicht wahr? Diese Charlotte Boyer oder Boyd ist nur eine Ausrede. Die eigentliche Beziehung hast du zu mir, auch wenn sie im Augenblick negativer Art ist. Aber du wirst sehen, daß sie dir nichts geben kann. Sie ist nur eine Schicht Schminke. Wie ein Roboter oder dergleichen, bemalt, kaum anzusehen wie ein Mensch.«
    »Android«, sagte er. »Nein, das ist sie nicht. Sie ist der Schwanz eines Fuchses und ein Weizenfeld. Und das Licht der Sonne.«
    »Laß ein paar von deinen Schuhen da«, sagte sie, bemüht, ihn nicht anzuflehen, aber ohne Erfolg. »Du brauchst keine zehn Paar. Zwei oder drei höchstens. Okay?«
    »Es tut mir leid, daß ich dir das antun muß«, erwiderte Nick. »Ich habe mich nie richtig austoben können. Vielleicht muß ich das jetzt nachholen.«
    »Ist dir klar, daß Bobby noch eine Prüfung machen kann, eine ehrliche diesmal? Ist dir das klar? Gib Antwort. Ja?«
    Nick starrte auf den Bildschirm. Er ließ die Kleidungsstücke plötzlich fallen und lief zum Gerät.
    »Auf allen Kanälen dasselbe«, sagte Kleo. »Vielleicht ist die Leitung ausgefallen. Oder es ist Provoni.«
    »Dann kann er höchstens noch fünfzig Millionen Meilen entfernt sein«, rief er.
    »Wie hast du eine Wohnung für dich und – das Mädchen gefunden? Die vielen Leute aus den Lagern… haben sie nicht alle Wohnungen in den USA besetzt?«
    »Wir wohnen bei Freunden von ihr«, sagte er.
    »Kannst du mir die Adresse geben?« bat sie ihn. »Oder die Fonnummer? Falls ich dich in einer wichtigen Sache erreichen muß? Wenn Bobby etwas passiert, beispielsweise, möchtest du doch sofort – «
    »Sei still«, sagte Nick. Er kauerte vor dem Fernsehgerät und starrte auf den Bildschirm. Das Rauschen hatte plötzlich aufgehört. »Das bedeutet, daß ein Sender in Betrieb ist«, meinte er. »Sie waren weg, alle weg. Provoni hat sie gestört. Jetzt wird er versuchen, zu senden.« Er drehte sich nach seiner Frau um, das Gesicht dunkelrot, die Augen weit aufgerissen. Wie bei einem kleinen Kind; oder als wäre bei ihm etwas durchgebrannt, dachte sie beunruhigt.
    »Du weißt nicht, was das bedeutet, nicht?« sagte er.
    »Nun, ich nehme an – «
    »Deshalb verlasse ich dich. Weil du nichts begreifst. Was bedeutet dir Provonis Rückkehr? Das wichtigste Ereignis der Geschichte! Denn mit ihm – «
    »Der Dreißigjährige Krieg war das wichtigste Ereignis der Geschichte«, erwiderte Kleo. Sie hatte diese Zeit in ihrer Jugend studiert und wußte, was sie sagte.
    Auf dem Bildschirm tauchte ein Gesicht auf, vorgerecktes Kinn, starke Wulste über den Augen, und die Augen klein und scharf wie Löcher, in den Stoff der Wirklichkeit gestoßen. »Ich bin Thors Provoni«, sagte er, und der Empfang war gut; seine Stimme kam noch deutlicher als das Bild. »Ich lebe in einem intelligenten Organismus, der – «
    Kleo brach in Gelächter aus.
    »Sei still!« fauchte Nick.
    »›Hallo Welt‹«, äffte Kleo nach. »›Ich lebe und hause in einem Riesenwurm.‹ O Gott, das macht mich fertig, das macht mich wirklich – «
    Er schlug ihr ins Gesicht, daß sie unter

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