Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Melodie des Todes (German Edition)

Die Melodie des Todes (German Edition)

Titel: Die Melodie des Todes (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jørgen Brekke
Vom Netzwerk:
und Dichters Carl Michael Bellman, dem wahren Genie unter den Lieddichtern. In dem Fall hat er im Schatten des Meisters gelebt, wobei nicht auszuschließen ist, dass er zu seinem engeren Umgangskreis gehörte.«
    »Ein Schatten Bellmans«, sagte sie und dachte einen Moment nach. »Hier in Trondheim. Das ist interessanter Stoff. Hat sich bisher niemand näher damit beschäftigt?«
    »Nein, merkwürdigerweise nicht. Viele unserer Bänkellieder sind die reinsten Kulturschätze, aber da sie Teil der Volkskultur sind, werden sie nicht in gleicher Weise ernst genommen wie die kanonisierte Musik und Poesie.«
    Sie blieb eine Weile in Gedanken versunken stehen.
    »Es passiert nicht oft, dass wertvolle Dinge aus dem frühen 18. Jahrhundert einfach so aus unserer Bibliothek verschwinden, oder?«, fragte Siri, die erst ein knappes halbes Jahr in der Gun nerusbibliothek arbeitete und den Fall des legendären Johannesbuchs, das im vergangenen Herbst aus der Bibliothek entwen det worden war, als Ausnahme betrachtete. »Ich meine, Hornemann ist doch ein richtiger Hardliner, was die Sicherheit angeht.«
    »Es passiert nicht oft, aber es passiert. Sie würden staunen, wenn ich Ihnen die Namen derjenigen nenne, die hier schon etwas zu klauen versucht haben. Und das mit dem Blund-Bänkellied war vor Ihrem Beginn hier eine ziemlich große Sache. Mit Anzeige und allem Drum und Dran. Die Ermittlungen haben letztendlich nur ergeben, dass unsere Sicherheitsvorkehrungen zu lasch waren. Wenn Sie Hornemann als streng auffassen, hat das mit der Sache von damals zu tun. Das hat ihn wirklich wachgerüttelt. Der Vorgang war ganz simpel: Ein Bib liotheksgast hatte sich einfach unter falschem Namen registriert und so Zugriff auf das Bänkellied erhalten. Sie wissen ja, dass jeweils mehrere dieser Lieder in Schachteln archiviert sind. Aber er hat nur dieses eine mitgenommen. Vermutlich hat er es einfach in die Innentasche seiner Jacke gesteckt und ist damit verschwunden.«
    »Wissen Sie, unter welchem Namen er sich registriert hat?«
    »O ja, das werde ich nie vergessen. Jeder, der Bellman hört, kennt den Namen.«
    »Und der wäre?«, fragte Siri, froh darüber, dass er wenigstens Musik hörte. Bis heute hatte sie gedacht, dass sein Interesse sich einzig und allein auf alte Drucke konzentrierte.
    »Stänkerer Löfberg«, antwortete er.
    Den Namen hatte Siri auch schon mal in einem Vreeswijk-Lied gehört.
    »Stänkerer Löfberg ist eine der vielen Gestalten, die in Bell mans Liedgut auftauchen. Bellman hat ja sein eigenes kleines Universum erschaffen und mit mehr oder weniger fiktiven Personen aus dem Stockholm seiner Zeit bestückt. Die meis ten davon waren Außenseiter und Säufer. Häufig Leute, die aus der besseren Gesellschaft stammten, aber abgestürzt und in der Gosse gelandet waren. In Bellmans Zeit gab es viele solche barocke Gestalten. Löfberg selbst war keine zentrale Figur bei Bellman, und wir wissen nicht mehr über ihn, als das, was uns der Name schon verrät, nämlich, dass er ein Mensch war, der immer und überall Streit suchte. Bellman hat eine hübsche Beerdigungshymne für seine Frau geschrieben.«
    Siri Holm hatte mit einem Mal das Gefühl, dass das von Bedeutung sein konnte.
    Sie verabschiedete sich mit deutlich gewachsener Sympathie von Gunnar Berg und dankte ihm für seine Hilfe. Als sie die Tür schloss, spürte sie ein Ziehen im Bauch. Ein Tritt? Nein, dazu war es noch zu früh. Sie war noch nicht einmal im vier ten Monat. Zurzeit dachte sie bei jedem Kneifen im Bauch, dass da drinnen jemand war, den sie früher oder später so gut kennen würde wie sich selbst.
    »Glöckchen, es bimmelt, und Glocke, sie dröhnt«, summte sie leise vor sich hin und fuhr sich lächelnd mit der Hand über den Bauch.
    *
    Die neue Sängerin kannte er von früher.
    Er redete sich ein, dass dieses Mal alles stimmte. Jedenfalls versuchte er sich damit zu beruhigen, als er sich eine Zigarette anzündete. Die Fliege in seinem Kopf verhielt sich still.
    Er atmete langsam. Sein Blick ruhte auf den rosafarbenen Stimmbändern in dem Glas mit Spiritus. Sie begannen zu verblassen, das Rot wurde immer schwächer, als ließe der endgültige Tod noch auf sich warten. Sie sahen aber noch immer so aus, als würde sie am Boden des Glases singen. Was war falsch an ihnen gewesen? Warum hatten sie nicht gewirkt, wie er es erwartet hatte?
    Da hörte er den Hund bellen. Warum hatte er den Köter nur mit ins Haus genommen? Er konnte bellende Hunde nicht leiden.
    Unten

Weitere Kostenlose Bücher