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Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...

Titel: Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manesse-Verlag
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ging ich ganz gelassen in der Uniform des Leutnants mit Madame Lieschen aus, zog Erkundigungen hinsichtlich eines Pferdes ein, das ich zu erwerben wünschte, meldete mich beim Standortkommandanten als Leutnant Fakenham, Rekonvaleszent, von Gales englischem Infanterieregiment und wurde eingeladen, mit den preußischen Offizieren in ihrer sehr ärmlichen Messe zu speisen. Wie Fakenham getobt und gezetert haben würde, hätte er gewusst, wie ich seinen Namen nutzte!
    Sooft dieser werte Herr nach seinen Kleidern fragte, was er unter vielen Flüchen tat und unter Schwüren, dass er mich im Regiment wegen Nachlässigkeit auspeitschen lassen würde, informierte
ich ihn überaus respektvoll, sie würden unten vollkommen sicher aufbewahrt; ich hatte sie ja tatsächlich säuberlichst verpackt und hielt sie für den Tag bereit, an dem ich zu scheiden gedachte. Seine Papiere und sein Geld verwahrte er jedoch unter seinem Kissen, und da ich ein Pferd gekauft hatte, war es nun unumgänglich, es zu bezahlen.
    Daher ließ ich das Pferd zu einer bestimmten Stunde herbringen, um den Händler zu bezahlen. (Den wahrlich tränenreichen Abschied von meiner liebevollen Wirtin überspringe ich hier.) Ich stählte mich in Gedanken für die große Tat, ging hinauf in Fakenhams Zimmer, angetan mit seiner ganzen Ausstattung, seinen Hut schräg über dem linken Auge.
    «Sie Riesenschurke!», sagte er unter einem Schwall von Flüchen, «Sie hündischer Meuterer, was bilden Sie sich ein, hier in meiner Uniform aufzutauchen? So wahr ich Fakenham heiße! Sobald wir wieder beim Regiment sind, lasse ich Ihnen die Seele aus dem Leibe prügeln.»
    «Man hat mich zum Leutnant befördert», antwortete ich und zog eine Grimasse. «Ich bin gekommen, um mich von Ihnen zu verabschieden. »Dann trat ich an sein Bett und sagte: «Ich habe die Absicht, Ihnen Papiere und Börse abzunehmen. »
Damit schob ich die Hand unter sein Kissen, worauf er einen Schrei ausstieß, der mir die ganze Garnison auf den Hals hätte hetzen können. «Hören Sie, Sir!», sagte ich. «Kein weiterer Lärm, sonst sind Sie ein toter Mann!» Ich nahm ein Taschentuch, band es ihm so fest um den Mund, dass es ihn beinahe erdrosselt hätte, zerrte seine Hemdsärmel über die Hände hinab, verknotete sie und ließ ihn so zurück, natürlich ohne seine Papiere und die Börse, und wünschte ihm höflich eine guten Tag.
    «Das ist der verrückte Korporal», erklärte ich den Leuten im Erdgeschoss, die vom Lärm aus dem Zimmer des Kranken angelockt worden waren. Ich verabschiedete mich vom alten Jagdmeister, sagte seiner Tochter ein unbeschreiblich zärtliches Lebwohl, bestieg mein neu erworbenes Reittier, und als ich losritt und die Posten am Stadttor vor mir ihre Waffen präsentierten, fühlte ich mich endlich in der mir gebührenden Sphäre und beschloss, nie wieder unter den Stand eines Gentlemans zu sinken.
    Zunächst nahm ich den Weg nach Bremen, wo unsere Armee lag, als brächte ich Berichte und Briefe vom preußischen Kommandanten in Warburg zum Hauptquartier; sobald ich jedoch außer Sichtweite der vorgeschobenen Posten gelangte,
zupfte ich an den Zügeln und ritt ins Gebiet von Hessen-Kassel, das zum Glück nicht sehr weit hinter Warburg beginnt; 127 ich versichere Ihnen, ich war sehr froh, die blauen und roten Streifen der Grenzschranken zu sehen, die mir zeigten, dass ich das von unseren Landsleuten besetzte Gebiet verlassen hatte. Ich ritt nach Hof 128 und am nächsten Tag nach Kassel, wo ich angab, der Überbringer von Depeschen für Prinz Heinrich 129 zu sein, der sich am Niederrhein aufhielt, und im ersten Hotel am Platz abstieg, wo die Stabsoffiziere der Garnison ihren Stammtisch hatten. Diese Gentlemen bewirtete ich mit den besten Weinen, die das Haus zu bieten hatte, denn ich war entschlossen, weiterhin die Rolle des englischen Gentlemans zu spielen, und ich erzählte ihnen von meinen englischen Ländereien mit solcher Geläufigkeit, dass ich beinahe selbst an die Geschichten glaubte, die ich erfand. Ich wurde sogar zu einem Empfang im Schloss des Kurfürsten, nach Wilhelmshöhe, 130 eingeladen und tanzte dort mit der liebreizenden Tochter des Hofmarschalls ein Menuett; ferner verlor ich ein paar Goldstücke an Seine Exzellenz den Oberforstmeister Seiner Hoheit.
    An unserer Tafel im Gasthaus gab es einen
preußischen Offizier, der mich besonders zuvorkommend behandelte und mir tausend Fragen über England stellte, die ich nach bestem Wissen beantwortete. Ich muss jedoch

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