Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
Königreichs streifen, um Soldaten zu ködern oder Bauern zu entführen; er machte vor keinem Verbrechen halt, um seine großartigen Regimenter mit Schießpulverfutter zu versorgen; daher kann ich nicht umhin, hier mit einiger Befriedigung zu erzählen, welches Schicksal diesen widerlichen Schurken schließlich ereilte, dem es eben gelungen war, mir in Verletzung aller Regeln von Freundschaft und Kameradschaft eine Falle zu stellen. Dieses Individuum
aus hochrangiger Familie war für seine Talente und seinen Mut bekannt, hatte jedoch einen Hang zu Spiel und Ausschweifung und fand die Berufung zum Lockvogel für Rekruten weit einträglicher als seinen Sold eines Hauptmanns zweiter Klasse der Linientruppen. Auf dem erstgenannten Gebiet hielt wohl auch der Souverän seine Dienste für nützlicher. Er nannte sich Monsieur de Galgenstein und war einer der erfolgreichsten unter jenen, die dies schurkische Gewerbe betrieben. Er beherrschte alle Sprachen, kannte alle Länder und hatte daher keine Schwierigkeiten, die schlichte Prahlerei eines jungen Burschen, wie ich es war, zu durchschauen.
Um 1765 ereilte ihn jedoch sein wohlverdientes Ende. Zu dieser Zeit lebte er in Kehl, gegenüber von Straßburg, ging dort oft auf der Brücke spazieren und plauderte mit den vorgeschobenen französischen Posten, denen er immer «Berge und Wunder», 134 wie die Franzosen sagen, verhieß, wenn sie nur in Preußen Dienst tun wollten. Eines Tages stand auf der Brücke ein prächtiger Grenadier, den Galgenstein anredete und dem er mindestens eine Kompanie versprach, falls er in Friedrichs Dienste träte.
«Fragen Sie meinen Kameraden da drüben»,
sagte der Grenadier; «ohne den kann ich nichts tun. Wir wurden zusammen geboren und erzogen, gehören zur selben Kompanie, schlafen im selben Raum, machen alles zu zweit. Wenn er gehen mag und Sie ihm eine Stelle als Hauptmann geben, dann gehe ich auch.»
«Bringen Sie Ihren Kameraden mit nach Kehl», sagte Galgenstein entzückt. «Ich lade Sie zum besten Abendessen ein und kann versprechen, dass ich Sie beide zufriedenstellen werde.»
«Sollten Sie nicht besser auf der Brücke mit ihm reden?», sagte der Grenadier. «Ich darf meinen Posten nicht verlassen, Sie aber brauchen nur zu passieren und alles zu besprechen.»
Nach kurzer Verhandlung passierte Galgenstein den Posten; dann ergriff ihn plötzlich Panik, und er machte kehrt. Aber der Grenadier setzte dem Preußen das Bajonett auf die Brust, hieß ihn stehen bleiben und sagte, er sei sein Gefangener.
Der Preuße erkannte die Gefahr und sprang über den Brückenrand in den Rhein, wohin der furchtlose Posten, der die Muskete beiseitewarf, ihm sogleich folgte. Der Franzose war der bessere Schwimmer, schleppte ihn ans Straßburger Ufer des Stroms und lieferte ihn ab.
«Man sollte Sie erschießen», erklärte ihm der General, «weil Sie Posten und Waffe verlassen haben, aber für diese mutige und kühne Tat verdienen Sie eine Belohnung. Der König zieht es vor, Sie zu belohnen», und der Mann bekam Geld und wurde befördert.
Was nun Galgenstein betrifft, so gab er sich als Adliger und Hauptmann in preußischen Diensten zu erkennen, und man holte in Berlin Erkundigungen ein, um zu erfahren, ob seine Behauptungen zuträfen. Zwar beschäftigte der König Leute dieses Schlags (Offiziere, die die Untertanen seiner Verbündeten ködern sollten), doch konnte er die eigene Schändlichkeit nicht zugeben. In Berlin wurden Briefe verfasst, in denen es hieß, im Königreich gebe es solch eine Familie, aber der Mann, der ihr anzugehören behaupte, müsse wohl ein Hochstapler sein, da alle Offiziere dieses Namens sich bei ihrem Regiment und auf ihrem Posten befänden. Das war Galgensteins Todesurteil, und er wurde in Straßburg als Spion gehängt.
«Steckt ihn in den Karren zu den übrigen», sagte er, als ich aus meiner Ohnmacht erwachte.
KAPITEL 7
Barry lebt in der Garnison und findet dort viele Freunde
Nach dem Krieg bezog unser Regiment seine Garnison in der Hauptstadt. Sie ist vielleicht die am wenigsten öde Stadt Preußens, was nicht viel über ihre Munterkeit aussagt. Unser Dienst war zwar immer streng, ließ aber etliche Tagesstunden unausgefüllt, in denen wir uns zerstreuen konnten, wenn wir die Mittel für Vergnügungen hatten. Viele aus unserer Messe ließen sich beurlauben, um als Handwerker zu arbeiten; ich hatte jedoch kein Handwerk erlernt, außerdem untersagte mir dies meine Ehre, denn als Gentleman konnte ich meine Finger nicht
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