Die Memoiren des Barry Lyndon - aus dem Königreich Irland, samt einem Bericht über seine ungewöhnlichen Abenteuer, Unglücksfälle, Leiden im Dienste Seiner Majestät des Königs von Preußen, seine Besuche an vielen europäischen Höfen, seine Heirat und ...
Band, das sie mir geschenkt hatte, aus der Jacke, dazu den Brief, und warf beides auf Hauptmann Quins Leiche. «Da!», sagte ich. «Bringt ihr die Bänder. Sie wird wissen, was sie bedeuten; und das ist alles, was von den beiden Liebhabern bleibt, die sie verehrten und die sie ruiniert hat.»
Ich verspürte, jung wie ich war, weder Schrecken
noch Furcht, als ich meinen Feind vor mir liegen sah; denn ich wusste ja, dass ich ihn ehrenhaft auf dem Feld getroffen und bezwungen hatte, wie es einem Burschen meines Namens und Geblüts zukam.
«Und jetzt schafft in Gottes Namen den Jungen aus dem Weg», sagte Mick.
Ulick sagte, er werde mit mir reiten, und also galoppierten wir los und zügelten die Pferde erst, als wir vor meiner Mutter Tür eintrafen. Dort befahl Ulick Tim, meine Stute zu füttern, da ich an diesem Tag noch weit würde reiten müssen, und einen Moment später lag ich in den Armen meiner lieben Mutter.
Ich brauche nicht zu betonen, wie groß ihr Stolz und ihr Triumph waren, als sie aus Ulicks Mund den Bericht über mein Betragen beim Duell vernahm. Er drang jedoch darauf, ich solle mich eine kurze Zeit verstecken; und beide befanden, ich solle den Namen Barry ablegen, mich Redmond nennen, nach Dublin gehen und dort warten, bis Gras über die Sache gewachsen sei. Zu dieser Vereinbarung gelangten sie nicht ohne längere Debatte; warum ich denn, sagte meine Mutter, nicht in Barryville ebenso in Sicherheit wäre wie mein Vetter und Ulick in Castle Brady? Zu denen kämen niemals
Büttel und Gläubiger; warum also sollte es Konstablern gestattet sein, mich zu ergreifen? Aber Ulick beharrte auf der Notwendigkeit meiner sofortigen Abreise, und ich muss gestehen, dass ich mich in diesem Streit auf seine Seite schlug, da ich begierig war, die Welt zu sehen; meine Mutter musste schließlich einräumen, dass ich in unserem kleinen Haus zu Barryville, mitten im Dorf und geschützt allein von ein paar Dienern, keinesfalls entkommen konnte. Die gute Seele war daher gezwungen, den Vorhaltungen meines Vetters nachzugeben, der ihr jedoch versprach, dass die Sache bald beigelegt und ich zu ihr zurückkehren würde. Ach, wie wenig wusste er von dem Geschick, das mich erwartete!
Meine liebe Mutter hatte wohl einige Vorahnungen, dass unsere Trennung von langer Dauer sein sollte; sie sagte mir nämlich, sie habe die ganze Nacht hindurch die Karten zu meinem Los im Duell befragt, und alle Zeichen wiesen auf eine Trennung hin; indem sie einen Strumpf aus ihrem Schreibpult zog, steckte die gute Seele mir zwanzig Guineen in eine Börse (sie besaß selbst nur fünfundzwanzig), nahm ein kleines Felleisen, 84 das ich hinter mir am Sattel befestigen sollte, und packte meine Kleider, Leibwäsche und meines Vaters silbernes Toilettenkästchen
hinein. Sie bat mich auch, den Degen und die Pistolen zu behalten, die ich so mannhaft benutzt hatte. Nun drängte sie auf meinen schnellen Aufbruch (obwohl ihr, wie ich weiß, das Herz überfloss), und kaum eine halbe Stunde, nachdem ich zu Hause eingetroffen war, fand ich mich wieder unterwegs, und vor mir lag gewissermaßen die ganze weite Welt. Ich brauche nicht zu erwähnen, wie sehr Tim und die Köchin bei meinem Aufbruch weinten, und vielleicht hatte auch ich eine Träne oder zwei in den Augen; aber kein Sechzehnjähriger ist sehr traurig, wenn er sich zum ersten Mal ganz in Freiheit fühlt und zwanzig Guineen in der Tasche hat; und als ich fortritt, dachte ich, wie ich gestehe, nicht so sehr an die liebe Mutter, die allein zurückblieb, und an das verlassene Heim, sondern an das Morgen und all die Wunder, die es bringen würde.
KAPITEL 3
Schlechter Anfang in der vornehmen Welt
An diesem Abend ritt ich bis Carlow, wo ich im besten Gasthaus abstieg; und als mich der Wirt nach meinem Namen fragte, gab ich Mr
Redmond an, gemäß den Anweisungen meines Vetters, und sagte, ich sei einer der Redmonds aus der Grafschaft Waterford und auf dem Weg zum Trinity College, Dublin, um dort Bildung zu erlangen. In Anbetracht meines ansehnlichen Äußeren, des Degens mit dem silbernen Heft und des wohlgefüllten Felleisens war der Wirt so frei, mir unaufgefordert einen Krug Rotwein aufs Zimmer zu schicken und setzte dafür natürlich eine hübsche Summe auf die Rechnung. In jenen guten alten Tagen ging kein Gentleman ohne einen gehörigen Schlaftrunk zu Bett; ich achtete an diesem ersten Tag meines Eintritts in die Welt sorgsam darauf, mich in jeder Weise als feiner Gentleman zu benehmen, und ich
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